Im Praxistest: Induktionsheizgerät Alesco A800
Ein Induktionsheizgerät kann weit mehr als fest sitzende Schraubverbindungen lösen, beispielsweise Hageldellen beseitigen (helfen) sowie Kunststoffleisten und Unterbodenschutz ablösen. asp hat sich das Gerät vorführen lassen.
Lehrling, hol mal das Schweißgerät!“ Dieser Ruf dürfte zukünftig immer seltener durch die Werkstatt hallen. Bei der Karosserieinstandsetzung ist das Autogenschweißgerät bereits weitgehend verdrängt. Lediglich bei klassischen Automobilen, die mit zeitgenössischer Technik repariert oder restauriert werden sollen, wird es noch verwendet. Auch für alltägliche Tätigkeiten wie das Erwärmen fest sitzender Schraubverbindungen gibt es eine grundsätzlich bekannte, jedoch erst jetzt bis in die Werkstatt vorgedrungene Alternative: das Induktionsheizgerät (vgl. Beitrag „Punktuell“ in asp 2/2010, Seiten 26 und 27, und Infokasten „Was ist Induktionsheizen?“ rechts). Vorteil: Die Wärme wird nicht, wie bei der offenen Flamme des Schweißgeräts, von außen eingebracht, sondern entsteht im Metall selbst. Das geht wesentlich schneller, schont umliegende Bauteile und ist nicht zuletzt viel sicherer – Stichworte Arbeits- und Brandschutz.
Rath Karosserietechnik, Calw
Ein offenbar werkstatttaugliches Induktionsheizgerät stammt aus Schweden und wird in Deutschland von der Vauquadrat GmbH, Offenburg, vertrieben. Weil auch bei diesem Werkstattgerät Trainings un-umgänglich sind, kooperiert Geschäftsführer Thomas Vauderwange mit Rath-Karosserietechnik in Calw (vgl. Infokasten „Vertrieb/Training“, Seite 20). asp sprach mit Rainer Rath über das Alesco A800.
Das Induktionsheizgerät kann weit mehr als nur fest sitzende Schraubverbindungen lösen. Für Rainer Rath ist es ein nahezu universell einsetzbares Hilfsmittel:
Hageldellen beseitigen (helfen),
Streckungen einziehen
Klebeverbindungen beschleunigen,
Klebeverbindungen trennen
Unterbodenschutz ablösen
Dichtnähte ablösen und
lokale Lackreparaturen trocknen
sind für ihn die wichtigsten und zudem bereits erprobte Einsatzgebiete des Alesco A800. Weitere, wenn auch weniger wichtige und noch nicht bis ins Detail recherchierte Anwendungsmöglichkeiten sind:
Vorwärmung bei Schweißarbeiten an Aluminium und
Verschwemmen.
Ablehnend beurteilt Rath den Einsatz des Geräts beim Austrennen geklebter Glasscheiben: „Die Tatsache, dass sich das Metall von innen erwärmt, wirkt hierbei negativ, denn die Kleberaupe würde sich somit an der Karosserie lösen. Den bei der konventionellen Austrennmethode auf der Karosserie verbleibenden Rest der Raupe braucht man aber, um den Falz vor Beschädigungen zu schützen, und für eine gute Verbindung zum Reparaturkleber.“
Weiterbildung statt Voreinstellung
Zurück zu den durchweg positiv beurteilten Einsatzgebieten. Rainer Rath: „Sehr hilfreich ist das Induktionsheizgerät beim Rückverformen von Hageldellen und hier inbesondere bei Aluminiumkarosserien, bei denen hoher Kraftaufwand nötig ist. Liegt die Delle nicht in einer Problemzone, beispielsweise an einer Kante oder einem stabilen Dachholm, lässt sie sich mit ein paar gezielt platzierten Induktionsstößen erheblich, zu ca. 90 Prozent, rückverformen und unter idealen Voraussetzungen sogar zu 100 Prozent beheben.“ Allerdings sollte man zuvor bereits ein paar Er-fahrungen mit dem Induktionsheizgerät gesammelt haben: Wird die Leistung zu hoch eingestellt und/oder zu lange auf dem Blech verharrt, ist schnell ein Loch eingebrannt. Dabei setzt Rainer Rath auf Weiterbildung statt auf Voreinstellung: „Man darf den Werkstattprofi nicht entmündigen, wie es so manche Autobauer mit einem Dutzend bereits voreingestellter Schweißprogramme praktizieren. Wesentlich bes-ser sind Weiterbildung und Vermittlung von Grundlagen.“ Um noch höhere An-wendungssicherheit zu bieten, entwickeln Thomas Vauderwange und Rainer Rath derzeit ein spezielles Zubehörteil: einen Distanzhalter aus hitzebeständigem Tef-lon, und zwar in verschiedenen Dicken, zu sehen auf den Bildern auf Seite 19.
Ein weiteres Einsatzgebiet des Induk-tionsheizgeräts sind Klebeverbindungen. Einerseits lässt sich die Aushärtung, bei-spielsweise von Epoxidharz-Klebeverbindungen, beschleunigen, andererseits ist auch deren vereinfachtes Lösen möglich. Speziell beim Entfernen geklebter Schutzleisten und Dichtungen erledigt sich der nächste Arbeitsgang gleich mit: Weil die Hitze nicht von außen kommt, sondern durch Induktion im Blech entsteht und sich von dort ausdehnt, löst sich auch der Kleber, womit sich dessen sonst mühevolles und langwieriges Entfernen erübrigt.
Lösen von Unterbodenschutz
Das Lösen von Beschichtungen, beispielsweise Unterbodenschutz vor Schweißarbeiten, ist eine weitere ebenso unangenehme wie langwierige Arbeit, die das Induktionsheizgerät erleichtern und be-schleunigen kann. Dabei genügt es, mit dem Induktor in geringem Abstand mehrfach über die zu bearbeitende Fläche zu fahren. Der Unterbodenschutz lässt sich dann leicht, per Hand und nahezu rückstandslos ablösen (vgl. Bilder oben).
Ein letztes Beispiel für die Nutzung des Induktionsheizgeräts lieferte Rainer Rath der Zufall: Bei der Instandsetzung eines verunfallten Ford Escort Cabriolets war zu entscheiden, ob das stark deformierte Verdeckgestänge gerichtet oder erneuert werden soll. Nach bisheriger Erfahrung wäre in diesem Fall ein neues Verdeck-gestänge die bessere Wahl gewesen, doch dank der Wärmeeinwirkung des Induktionsheizgeräts gelang eine nahezu unsichtbare Reparatur mit Vorteilen für Werkstatt (Zeit) und Kunde (Geld) gleichermaßen.
Peter Diehl
Begriffsdefinition
Was ist Induktionsheizen?
Elektrische Induktion entsteht durch
a) Bewegung eines elektrischen Leiters durch ein Magnetfeld oder
b) Änderung eines Magnetfelds um einen elektrischen Leiter.
In beiden Fällen wird – daher stammt der Name Induktion – im elektrischen Leiter eine Spannung induziert. Um ein Metallbauteil gezielt aufzuheizen, bedient man sich des Verfahrens b, indem man am so genannten Induktor eine Wechselspannung anlegt, die ein Magnetfeld und dieses im Bauteil Wirbelströme erzeugt. Bei aus-reichender Intensität wird das Bauteil hierdurch stark und schnell aufgeheizt, und zwar lediglich an der Position des Induktors, wobei Stromstärke und Einwirkdauer die Temperatur bestimmen. Anwendungsbeispiele sind Induktionshärten (u. a. von Schneidwerkzeugen) und Induktionskochfelder, vor allem in privaten Küchen.
Leserservice
Vertrieb/Training
Ein werkstatttaugliches Induktionsheizgerät bekommt man nicht an jeder Ecke und nach dessen Erwerb ist zunächst Training angesagt, sonst ist der Schaden womöglich weit größer als der Nutzen – Stichwort Brandlöcher.
VertriebVauquadrat GmbHThomas Vauderwangetv@vauquadrat.comwww.vauquadrat.com
TrainingRath KarosserietechnikRainer Rathr.rath@rr-k.dewww.rath-karosserietechnik.de
- Ausgabe 6/2010 Seite 18 (429.7 KB, PDF)