Opel-Schadenmanagement
Fair und sicher
Mit dem Schadenmanagement-Konzept Fairplay beschreitet die Adam Opel AG neue Wege in der Kundenbindung und kooperiert dabei mit der Allianz Versicherungs-AG.
Ob Serviceflatrate, Mobilitätspaket oder Garantieverlängerung – Fahrzeughersteller lassen sich einiges einfallen, um die Kunden an ihre Markenbetriebe zu binden. Die Adam Opel GmbH beschreitet in Kooperation mit der Allianz Versicherungs-AG jetzt einen neuen Weg. Das Schadenmanagement-Konzept Fairplay soll für eine Auslastung der Werkstätten, sicherere Fahrzeuge und eine Verschlankung der Abrechnungsvorgänge bei der Versicherung sorgen. In einen Topf mit den vielfach kritisierten Schadenssteuerungskonzepten anderer Marktteilnehmer möchten die beiden Kooperationspartner dabei nicht geworfen werden.
Keine Abstriche für die Werkstatt
Denn man beschreite beim Unfallschadenmanagement einen neuen Weg, der nicht einseitig zu Lasten von Werkstätten und Autofahrern gehe, betonten Todd Gaffner, Direktor Service der Adam Opel GmbH, und Dr. Karl-Walter Gutberlet, Vorstand der Allianz Versicherungs-AG, anlässlich einer Pressekonferenz. "Eine Reduzierung der Stundenverrechnungssätze der Opel Service Partner und Opel-Vertragshändler ist ausdrücklich nicht Ziel der Vereinbarung", machte Guberlet deutlich. Auch schreibe man den Fahrzeughaltern nicht vor, welchen der rund 2.000 Opel Service Partner diese im Schadensfall aufsuchen sollen. Um jedem dieser Partnerbetriebe eine kompetente Unterstützung bei der fachgerechten Instandsetzung von Unfallfahrzeugen zu ermöglichen, baut Opel nach eigenen Angaben zur Zeit flächendeckend 350 Karosserie- und Lackkompetenzzentren auf.
Komplexe Arbeiten an Strukturteilen würden demnach in den Kompetenzzentren in Stand gesetzt. Denn die Basis für bestmögliche Reparaturqualität bei Opel bilde laut Gaffner der Einsatz einer optimierten Schweißtechnik bei der Verbindung hochfester Stähle. Diese würden im modernen Karosseriebau eingesetzt, um maximale Sicherheit bei minimalem Gewicht zu erzielen, so der Service-Direktor der Adam Opel GmbH. Überall dort, wo unterschiedliche Stähle miteinander verbunden werden müssen, sind spezielle Fügetechniken notwendig. Ein eigens entwickeltes System und die Bereitstellung von Schweißparametern sorgten beim Widerstandspunktschweißen und beim MIG-Löten dafür, dass beispielsweise die Herstellervorgaben eingehalten werden. "Diese Techniken müssen auch in der Reparatur eingesetzt werden, damit bei einer Unfallinstandsetzung die gleichen Sicherheitseigenschaften gelten wie vor dem Unfall." Doch seien diese Techniken bei vielen Betrieben nicht vorhanden, so Gaffner weiter. Opel bzw. die GM Academy bietet hierzu zweitätige Karosserietrainings für Opelfahrzeuge an. Diese Schulungen beinhalten auch das Widerstandspunktschweißen und MIG-Löten. Rund 800 Teilnehmer aus der Opel-Organisation wurden bereits geschult, wodurch laut Unternehmen eine flächendeckende Instandsetzungsqualität im Opelnetz sichergestellt wird.
Zertifikat sichert Verkaufswert
Im Rahmen von Fair Play werde die Einhaltung der Herstellervorgaben mit den entsprechenden Spezialwerkzeugen sowie die bestmögliche Instandsetzung mit Originalteilen gewährleistet, so der Fahrzeughersteller. Wenn bei tragenden Strukturbereichen nicht sach- und fachgerecht repariert würde, könnte aus einem Fahrzeug, das ursprünglich fünf Sterne beim NCAP-Crashtest (European New Car Assessment Programm) erhielt, schnell ein 3- oder 2-Sterne Auto werden, warnte Gaffner und wies auf die Verantwortung des Automobilherstellers, von dem rund sechs Mio. Fahrzeuge auf deutschen Straßen unterwegs sind, gegenüber seinen Kunden hin.
Um eine qualifizierte Reparatur zu dokumentieren hat man sich bei Opel zur Einführung eines entsprechenden Zertifikates ab einer Schadenssumme von 1.000 Euro entschieden. Diese Qualitätsbescheinigung soll dem Halter bei einem späteren Wiederverkauf des Fahrzeuges einen finanziellen Vorteil bringen, da so eine qualitativ hochwertige Reparatur nachgewiesen werden könne.
Darüber hinaus werde durch die Kompetenzzentren Reparaturzeit gespart. Denn dort würden Maschinen eingesetzt, die beispielsweise die Schweißparameter automatisch einhalten. Diese Technik verbessere das Schweißergebnis und reduziere den Zeitaufwand in der Werkstatt und somit auch die Reparaturkosten, ist man bei Opel sicher.
Zeitsparende Abwicklung
Auch bei Abrechnung und Abwicklung von Unfallschäden soll Fairplay laut teilnehmenden Opel Service Partner einen zeitlichen Vorteil bieten. Die Vereinbarung zwischen Opel und der Allianz beschleunige die administrative Abwicklung durch Standards und reduziere somit die Prozesskosten. Die Opel Service Partner erstellen einen Kostenvoranschlag über die anstehenden Reparaturkosten und geben diesen auf elektronischem Wege zur Prüfung an die Allianz und deren Prüfpartner. Durch den elektronischen Versand über das Schadennetz des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) wird laut Allianz eine schnelle Bearbeitung und Freigabe möglich. In der Testphase von Fairplay wurden 60 Prozent aller Anfragen innerhalb von zwei Stunden freigegeben, betonen die Kooperationspartner.
Zu jedem Schaden erhält die Werkstatt automatisch eine verbindliche Rückmeldung, wie zu verfahren sei. "So kann die Allianz Reparaturen innerhalb kürzester Zeit freigeben, denn Fahrzeugbesichtigungen durch einen Sachverständigen sind nur im Ausnahmefall erforderlich", erklärt Gutberlet. Beispielsweise dann, wenn der Kostenvoranschlag unplausibel scheint. Auf elektronischem Wege wird geprüft, ob die zwischen Werkstatt und Versicherung vereinbarten Standards sichergestellt wurden. In der Vereinbarung sind unter anderem die Einhaltung der Herstellervorgaben, die Berechnungsmethoden der Lackierkosten sowie die Entsorgung von Altteilen geregelt.
Pilotphase seit Oktober 2007
Durch diesen Grad der Standardisierung und Automatisierung der Abrechnungsverfahren erhofft sich die Allianz eine Reduzierung der Verwaltungskosten bei der Abwicklung von Krafthaftpflicht- oder Kaskoschäden. Neun Händlergruppen mit über 40 Standorten haben seit Oktober 2007 an der rund sechs Monate dauernden Pilotphase teilgenommen. Dabei waren – von Hamburg bis in den Bayerischen Wald – sowohl inhabergeführte Betriebe als auch Betriebe größerer Händlergruppen wie Dürkop und Dello vertreten.
Ausweitung von Fairplay angestrebt
Björn Böttcher ist als Gesamtleiter Service von 25 Betrieben der Dello-Gruppe in Hamburg von der ersten Stunde der Pilotphase von Fairplay dabei und fasst seine Erfahrung laut Gaffner folgendermaßen zusammen: "Fairplay ist eine transparente, praxisnahe Abrechnung, die hochwertige Arbeit mit gut ausgebildeten Mitarbeitern auch fair honoriert. Die erforderlichen Vorarbeiten in der Erstellung einer professionellen Schadenkalkulation ist gut zu bewerkstelligen. Wir haben bis jetzt sehr gute Erfahrungen gesammelt und sehen darin das zukunftsfähigste System."
Deshalb soll Fairplay auch kein exklusives Schadenmanagementsystem zwischen den beiden Kooperationspartnern Opel und Allianz bleiben. "Die Vereinbarung mit Opel ist für die Allianz ein erster Schritt, dem dieses Jahr noch weitere folgen werden. Mit anderen großen Automobilherstellern stehen wir bereits kurz vor einer Kooperation", so Gutberlet. Und auch Todd Gaffner bekräftigt: "Wir streben ähnliche Vereinbarungen mit anderen Versicherungen an und leisten damit auch einen Beitrag, Fairplay in die Breite zu tragen." Ob sich Fairplay für Opel zum wirkungsvollen Kundenbindungs-Instrument entwickelt, muss sich zeigen. Das neue Konzept zeigt allerdings auch, dass nach dem Service- und Verschleißteilgeschäft nun auch das Karosserie- und Lackgeschäft verstärkt zur Kundenrückgewinnung für das markeneigene Reparaturwerkstättennetz genutzt werden soll. Für freie Reparaturbetriebe ein Zeichen, dass sich der Wettbewerb auch im Unfallreparaturgeschäft weiter verschärfen wird. Zumindest das technische Know-how dafür bekommen freie Betriebe ebenfalls direkt beim Hersteller.
Technische Schulungen
Die Schulungsangebote der Opel GmbH bzw. der GM Academy stehen auch freien Werkstätten offen. 130 Teilnehmer haben bereits die Möglichkeit des zweitägigen Karosserietrainings wahrgenommen. Jeder interessierte Betrieb kann sich unter www.gmacademy.com registrieren lassen und hat dann Zugriff auf alle Informationen, inklusive Schulungskalender.
Claudia Kreller
- Ausgabe 9/2008 Seite 112 (930.7 KB, PDF)