-- Anzeige --

0W-15, 0W-10, 0W-5...

22.06.2012 12:02 Uhr
0W-15, 0W-10, 0W-5...

-- Anzeige --

Gespräch mit Alexander Hornoff von Motul

Alexander Hornoff, Leiter Technik bei Motul Deutschland, äußert sich zu den Themen aktuelle und künftige Motorenöle, mit Öko-Kraftstoffen verbundene Probleme und deren Lösungen. Seine Zusammenfassung lautet: „Der Countdown für ein neues Schmierstoff-Zeitalter läuft.“

Ab Mitte der 1990er Jahre, über gut eineinhalb Jahrzehnte, erklärten die Schmierstoffanbieter, Motorenöle der Viskositätsklassen SAE 0W-30 und 0W-40 seien das Nonplusultra. Heute wird das Gleiche von SAE-5W-20-Ölen behauptet. Worin sind die Vorteile zu sehen?

Natürlich wird stets versucht, Produkte zu entwickeln und im Markt zu platzieren, die Innovationen enthalten und mit denen man auch gut verdienen kann. Die genannten Öle waren in den 1990ern ultimativ; mit ihnen konnte man zwischen Arktis und Wüste pendeln. Genau genommen waren diese Öle damals technisch nicht nötig, heute hingegen sind sie durchaus sinnvoll. Wobei ich die 0W-40-Öle eher im Bereich der Ottomotoren mit hoher Literleistung sehe, während sich mit den 0W-30-Ölen gut Verbrauch und Emission reduzieren lassen, auch in Verbindung mit abgesenkter HTHS-Viskosität. Relativ neu, zumindest für Massenanwendungen, sind 5W-20-Öle. Sie vollziehen den Spagat zwischen sehr hoher Leistung sowie Verbrauchs- und Emissionssenkung durch Reibungsreduzierung. Ein Beispiel für den Einsatz dieser Ölviskosität ist der V8- Ottomotor mit fünf Liter Hubraum und Kompressoraufladung in Modellen von Jaguar und Land Rover.

5W-20-Öle in so genannte Downsizing-Moto-ren mit womöglich höherem Temperaturniveau einzufüllen, erscheint kontraproduktiv.

Bei entsprechener Oberflächenbearbeitung ist das kein Problem. Die Zylinderlaufbahnen moderner Motoren besitzen eine definierte Topografie, die deutlich geringere Toleranzen und somit auch niedrigere HTHS-Viskositäten erlaubt. 5W-20-Öle weisen HTHS-Viskositäten von 2,6 Millipascalsekunden auf, was aktuell die Untergrenze darstellt.

Den Trend zur Absenkung der HTHS-Viskosität startete Volkswagen mit der Wartungsintervallverlängerung (WIV) im Jahr 1999.

Von Absenkung spricht man bei HTHS-Viskositäten unter 3,5 mPas. Volkswagen ging damals bis 2,9 mPas herunter, heute sind es bei 5W-20-Ölen 2,6 mPas, was noch weiter gehen wird: Künftig gibt es auch 0W-15er, 0W-20er und 0W-5er Viskositätsklassen, die derzeit noch nicht von der SAE definiert wurden. Wir haben bereits ein derartiges Öl im Programm: 0W-15 für Rennsportanwendungen, also für moderne Ottomotoren mit sehr hoher Leistung und kurzem Ölwechselintervall. Die HTHS-Viskosität liegt hier mit 2,0 mPas deutlich unterhalb 2,6 mPas. Füllt man das Öl jedoch in den Motor eines älteren Serien-Pkw, wird der Motor mehr Öl als Kraftstoff verbrauchen.

Die Motorölviskosität SAE 5W-20 ist nicht wirklich neu. Bereits in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre kam ein Wettbewerber auf diese Idee, damals jedoch vermutlich mit einer HTHS-Viskosität größer 3,5 mPas. Nur ein Autobauer gab damals das Öl frei: Lada mit der Einschränkung auf Winterbetrieb. War der Wettbewerber seiner Zeit voraus?

Ausnahmeviskosität für Sibirien? (lacht) Ja, als Massenanwendung kam dieses Öl damals definitiv zu früh. Heute wird es nicht nur, wie erwähnt, in Hochleistungsmotoren, sondern auch in Großserien-Downsizing-Motoren eingefüllt, wofür Fords neuer Dreizylinder-Ottomotor mit einem Liter Hubraum und Turboaufladung ein gutes Beispiel darstellt. Einige Fahrzeuge japanischer Marken – Subaru, Suzuki, Toyota – erhalten bereits mit der Erstbefüllung 0W-20er Motorenöle.

Nachdem in den 2000er Jahren gemeinsame Öle für Otto- und Dieselmotoren entwickelt wurden, stehen die Zeichen nun wieder auf Trennung der Spezifikationen. Was sind die Gründe für diese Vorgehensweise?

Früher waren Leichtlauföle Kompromisslösungen zwischen Otto- und Dieselmotor, deren Betriebsbedingungen sich stark un- terscheiden. Erinnern Sie sich noch an die so genannten Mixed-Fleet-Öle? Das waren Nfz-Öle, die man zum Teil auch in Pkw einsetzen konnte. Wollte ein Ölanbieter unbedingt einen neuen Kunden gewinnen, hat er dieses preisgünstige Öl angeboten. Heute sind Diesel-Nfz-Motoröle nicht mehr bei Pkw mit Ottomotor einsetzbar, denn die Additivpakete unterscheiden sich stark. Ein Beispiel: Metallasche gebende Additive sind im Nfz-Dieselmotor völlig unproblematisch, während die Metall-aschepartikel beim hoch aufgeladenen Pkw-Ottomotor auf den Kolbenböden liegen, glühen und eine klopfende Ver-brennung verursachen. Zudem haben sich Leistungsdichte, Kraftstoffzusammensetzung, Abgasnachbehandlung und nicht zuletzt Serviceintervalle stark verändert. Alle diese Anforderungen mit nur einer Motorenöl-Kompromisslösung abzudecken, ist heute nicht mehr möglich.

Kraftstoffzusammensetzung und Abgasnachbehandlung ergeben insbesondere beim Dieselmotor eine überaus problematische Kombination. Die Stichworte lauten Partikelfilter, Nacheinspritzung und Ölzusammensetzung.

Das ist richtig. Sieht man von wenigen Ausnahmen ab, wird die Regeneration des Dieselpartikelfilters durch Nacheinspritzung in die Brennräume eingeleitet. Dabei wird auch unverbrannter Kraftstoff in das Öl transportiert. Bleibt die Regeneration unvollendet, weil der hierfür nötige Be- triebszustand nicht gehalten werden kann, starten Regeneration und Kraftstoffeintrag in kurzem Abstand von neuem. Irgendwann ist der Dieselanteil im Motorenöl so groß, dass keine normale Schmierung mehr möglich ist; es kommt zu erhöhtem Verschleiß. Doch das ist nicht alles, denn der Kraftstoff enthält aktuell bis zu sieben und künftig bis zu zehn Prozent Biodiesel. Dieser Anteil verbleibt auch bei längeren Fahrten im Öl, weil der Siedepunkt von Biodiesel deutlich über dem von konventionellem Diesel liegt. Biodiesel wird also im Ölkreislauf gesammelt. Und: Ab einer bestimmten Konzentration von Biodiesel im Motorenöl kann es zur so genannten Polymerisations-Reaktion kommen, bei der schlagartig aus flüssigem Öl festes Öl wird. Der Effekt ist vergleichbar mit dem Einrühren von Puddingpulver in heiße Milch. Das Öl ist nicht mehr schmierfähig und der Motorschaden programmiert.

Apropos Motorschaden: In zahlreichen Internet-Foren ist von der Rückkehr der Schwarzschlamm-Problematik zu lesen.

Ein hochwertiges Motorenöl mit großem Schmutzaufnahmevermögen und hoher alkalischer Reserve ist eine gute Voraussetzung, das zu verhindern. Anderenfalls können Kurzstreckenbetrieb und schlechte Kraftstoffqualität – Letzteres sicher eher außerhalb Deutschlands – zu kritischen Zuständen des Motorenöls führen.

Wäre ich im Ersatzteilhandel beschäftigt, würde ich verstärkt Motorreiniger ins Programm auf-nehmen. Wie lautet Ihre Meinung dazu?

Hohe Fahrleistungen und ungünstige Be- triebsbedingungen führen zu Verschmutzungen, auch im Ölkreislauf. Diese ohne großen zeitlichen Aufwand zu entfernen, ist eine feine Sache. Allerdings treten mit-unter unerwünschte Nebenwirkungen auf. Reiniger für den Motorölkreislauf müssen Verschmutzungen molekularfein auflösen, sonst verstopfen Filter und Leitungen, es kommt zur Schmierstoffunterversorgung, der Verschleiß ist signifikant erhöht, ein Motorschaden droht. Bei aufgeladenen Motoren ist zudem der Turbolader in Gefahr. Größte Vorsicht ist bei chronisch schlecht gewarteten Motoren geboten. Die Verschmutzungen sind dann zu massiv, um sie fein auflösen zu können.

Zurück zum Thema Abgasnachbehandlung: Muss der direkt einspritzende Ottomotor künftig mit einem Partikelfilter ausgestattet werden?

Die Partikelemission eines Benzindirekt-einspritzers lässt sich über verschiedene Maßnahmen regulieren, von denen der Partikelfilter vermutlich die schlechteste, weil teuerste Lösung darstellt. Glaubwürdige Quellen bestätigen zwar eine relativ hohe Partikelemission, insbesondere bei Volllast, dennoch muss man die kommunizierten Werte ins Verhältnis zu anderen Feinstaubquellen setzen.

Was würde der Partikelfilter im Benzindirekteinspritzer für die Motorenölentwicklung bedeuten?

Ganz klar: Es geht nicht nur um den Filter selbst, sondern auch um dessen Peripherie. Also auch um das Motorenöl, das ähnlich wie bei aktuellen Dieselfahrzeugen eine ganz bestimmte Zusammensetzung auf-weisen muss, damit der Partikelfilter über einen sehr langen Lebenszyklus funktionsfähig bleibt und nicht vorzeitig erneuert werden muss, weil die Aschebeladung im Filter einen zu hohen Abgasgegendruck erzeugt. Sollten die Automobilhersteller als Lösung einen Partikelfilter verwenden, so sind die dafür notwendigen Schmierstoffe mit Mid-SAPS- oder Low-SAPS-Technologie in breiter Auswahl in verschiedenen Qualitäten und Viskositäten in unserem Produktsortiment bereits vorhanden.

Neben den markenübergreifenden Motorölnor-men ACEA und API existiert mittlerweile eine ganze Reihe von markenspezifischen Normen. Deren Zahl wird vermutlich weiter wachsen.

Stimmt. Mit Opel, PSA und Renault gab es erst vor kurzem einen erneuten Schub. Von Daimler und PSA werden demnächst weitere spezifische Normen erwartet.

Werkstattprofis, insbesondere in Mehrmarken- oder markenfreien Betrieben, kann das Motor-öl-Chaos in den Wahnsinn treiben.

Wahnsinnig werden sie vermutlich nicht, aber unsicher, was Erfahrungen unserer Hotline bestätigen. Ein Gegenmittel ist unser Online-Ölberater, der nach Eingabe der KBA-Nummer schnell und übersichtlich das richtige Motorenöl sowie weitere Produkte wie Getriebeöle, Bremsflüssigkeiten und Servolenkungsöle anzeigt.

Künftig lassen also Werkstätten und Autohäuser nicht mehr den Tankwagen kommen, sondern bestellen das Motorenöl wie andere Ersatzteile nach Marke, Baureihe und Motorisierung?

Irgendwann wird das genau so kommen, doch an dieser Stelle sind wir noch nicht. Wichtig sind Kernprodukte, die möglichst viele markenspezifische Anforderungen abdecken. Diese punktuell durch weniger häufig benötigte Motorenöle in 20-Liter-Gebinden zu ergänzen, ist eine praktikable Lösung, die ich Werkstätten und Auto-häusern nur empfehlen kann.

Zusammenfassend kam man sagen, dass der Spielraum für Defizite und Fehler im Bereich Motoröl stetig kleiner und das Mitführen des richtigen Nachfüllöls immer wichtiger wird.

Bereits seit Jahren beschäftigen wir uns mit diesem Thema, es ist der „krönende“ Abschluss jeder technischen Schulung, die ich durchführe. Die Reaktionen sind sehr unterschiedlich: Manche Teilnehmer den-ken, ich will ihnen nur etwas verkaufen, andere erkennen die technische und wirtschaftliche Bedeutung. Unserer Erfahrung nach liegt das zusätzliche Umsatzpotenzial bei 20 bis 25 Prozent. Ein Fahrzeug mit Dieselmotor und Partikelfilter braucht auch als Nachfüllöl ein aschearmes Pro-dukt, sonst ist frühzeitige DPF-Erneuerung angesagt. Diese und vergleichbare Zusammenhänge seinen Kunden zu kom-munizieren, ist nicht allzu schwer. Hinzu kommen Komfort und Sparen als unmittelbare Aspekte: Man muss bei Ölmangel nur den Kofferraum öffnen und das Öl nachfüllen, für das man zuvor in seiner Werkstatt weit weniger als an der Tankstelle auf den Tisch gelegt hat. Stellen Sie sich eine Familie mit kleinen Kindern und begrenztem Budget vor: Mit Kauf eines Liters Nachfüllöl an der Tankstelle fällt der nächste Besuch beim „Schachtelwirt“ aus (Mc Donalds; Anm. d. Red.). Wir unterstützen Betriebe mit Ölregal und Gebindetaschen, das strahlt Professionalität aus. Wer als Serviceberater hier eine Hemmschwelle hat, kann seinen Kunden anbieten, den Liter im Fall des Nichtgebrauchs beim nächsten Ölwechsel mit zu verwenden. Erfahrungsgemäß kommt so gut wie kein Ölgebinde zurück.

Herzlichen Dank für die interessanten Einblicke.

Die Fragen stellte Peter Diehl.

Zur Person

Alexander Hornoff (44)

Lehre zum Karosseriebauer

Studium Fachrichtung Maschinenbau

seit 1997 bei Motul

zunächst Außendienstmitarbeiter

seit 1999 Leiter Technik

seit 2001 auch verantwortlich für den Exportbereich Region Europa-Ost

Entsorgung

Hilfe vom Schmierstoffspezialisten

Nicht alle Leistungen müssen Werkstätten und Autohäuser selbst erbringen. Manches lässt sich auslagern, vor allem Leistungen gegenüber dem Staat, also die Themen Steuern, Arbeitsschutz und Umweltschutz betreffend. Zu Letzterem hat der Kölner Schmierstoffspezialist Motul ein Paket ge- schnürt und mit dem Namen „grünes Dach“ versehen. Das Umweltberatungskonzept umfasst u. a. diese Punkte:

individuelle Schwachstellenanalyse

umweltbezogene Beratung

Korrespondenz mit und Entsorgungsnachweis gegenüber Behörden

Unterstützung imStreitfall

Kostenkontrolle

Weiterbildung

Umweltschutz-Zertifikat

keine Bindung an einen Entsorger

Motul Deutschland GmbH

www.motul.de

-- Anzeige --
-- Anzeige --
-- Anzeige --
-- Anzeige --

KOMMENTARE


SAGEN SIE UNS IHRE MEINUNG

Die qualifizierte Meinung unserer Leser zu allen Branchenthemen ist ausdrücklich erwünscht. Bitte achten Sie bei Ihren Kommentaren auf die Netiquette, um allen Teilnehmern eine angenehme Kommunikation zu ermöglichen. Vielen Dank!

-- Anzeige --

WEITERLESEN




NEWSLETTER

Newsletter abonnieren und keine Branchen-News mehr verpassen.


asp AUTO SERVICE PRAXIS Online ist der Internetdienst für den Werkstattprofi. Neben tagesaktuellen Nachrichten mit besonderem Fokus auf die Bereiche Werkstatttechnik und Aftersales enthält die Seite eine Datenbank zum Thema RÜCKRUFE. Im neuen Bereich AUTOMOBILE bekommt der Werkstatt-Profi einen Überblick über die wichtigsten Automarken und Automodelle mit allen Nachrichten, Bildergalerien, Videos sowie Rückruf- und Serviceaktionen. Unter #HASHTAG sind alle wichtigen Artikel, Bilder und Videos zu einem Themenspecial zusammengefasst. Außerdem gibt es im asp-Onlineportal alle Heftartikel gratis abrufbar inklusive E-PAPER. Ergänzt wird das Online-Angebot um Techniktipps, Rechtsthemen und Betriebspraxis für die Werkstattentscheider. Ein kostenloser NEWSLETTER fasst werktäglich die aktuellen Branchen-Geschehnisse zusammen. Das richtige Fachpersonal finden Entscheider auf autojob.de, dem Jobportal von AUTOHAUS, asp AUTO SERVICE PRAXIS und Autoflotte.