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Die 10 wichtigsten Kreiskolben-Autos: Wankel, Wunder, Sensationen

09.12.2015 13:38 Uhr
Belegt Platz 1: NSU Ro 80 Jahre 1967 bis 1977.
© Foto: Audi

Kein anderes Antriebsaggregat wurde so euphorisch gefeiert und so oft totgesagt wie der Wankel-Motor. Jetzt will Mazda die Rotary-Tradition wiederbeleben. Wir werfen einen Blick zurück auf die zehn spektakulärsten und schnellsten Wankelautos.

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Von Wolfram Nickel/SP-X

Es war eine technikbegeisterte Ära, die sich gerade an Düsenjets, Weltraummissionen und Atomreaktoren gewöhnt hatte. Aber die scheinbar gigantischen Möglichkeiten des Miniaturmotors, den der deutsche Kleinwagenhersteller NSU im Januar vor 55 Jahren vorstellte, überstiegen sogar das Vorstellungsvermögen vieler Fachleute. Brauchte dieser von Felix Wankel konstruierte Kreiskolbenmotor KKM 57 doch weder Kolben noch Zylinder: Rotierende Scheiben ersetzten das Auf und Ab von Kolben mit dem Resultat platzsparender Bauweise, geringen Gewichts, außergewöhnlicher Laufruhe und minimaler Lärmemissionen.

Keine Überraschung deshalb, dass der KKM 57 und seine Weiterentwicklungen in den frühen 1960er Jahren als Zeitenwende im Automobilbau gefeiert wurden. Während NSU mit der Wankeltechnik seine Transformation vom weltgrößten Motorradbauer zum erfolgreichen Pkw-Hersteller abschließen wollte, standen fast alle großen Autokonzerne Schlange, um Lizenzverträge zu erhalten. Dennoch blieb die Zahl der Skeptiker groß – und sie sollte letztlich recht behalten. Allein Mazda machte die Rotary-Triebwerke zu Millionenerfolgen und zeigt nun mit dem Sportcoupé-Concept RX-Vision, wie ein neues Wankelauto aussehen könnte.

Zeit für einen Blick zurück auf die Top Ten der sensationellsten, schnellsten und wunderlichsten Wankelautos der vergangenen fünf Jahrzehnte.

Platz 10: Ford Mustang von 1965. Mit dem Mustang mutierte das Muscle Car zum Multi-Millionenseller. Wobei der bis heute zehn Millionen Mal verkaufte Amerikaner  stets ein Spiegelbild der amerikanischen Gesellschaft war, anfangs also die Aufbruchstimmung der tempo- und technikgläubigen Swinging Sixties verkörperte. Fords genialer Chefverkäufer Lee Iacocca hatte 1964 die Ponycars mit billigen Sechszylindern und bissigen V8-Motoren kreiert. Eine regelrechte Mustang-Mania wurde durch immer neue Spezialitäten für das Sportcoupé befeuert. Kein Wunder, dass Lee Iacocca begeistert zugriff, als Wankel-Lizenznehmer Curtiss-Wright einen 108 Kilogramm leichten Zweischeiben-Rotarier anbot, der 186 kW / 250 PS freisetzte. Genug Power, um aus dem Ponycar ein Rennpferd zu züchten, das als Concept der Corvette Stingray bei Testfahrten die dicken Auspuffmündungen zeigte. Alles gut also, wäre der Wankel standfester und weniger trinkfreudig gewesen. Dieser Durst war es auch, der 1973 die Serienfertigung einer flügeltürbewehrten Corvette mit Vierscheiben-Wankel verhinderte.

Platz 9: Mazda RX-8 Hydrogen RE Hybrid, ab 2006. Das Wasserstoffzeitalter hat gerade erst begonnen, wie die Serienautos von Hyundai und Toyota proklamieren. Tatsächlich könnte genau hier der größte Triumph des Kreiskolbenmotors bevorstehen. Benötigt das Rotationskolbenprinzip für die Verbrennung von Wasserstoff doch keine kostspielige Brennstoffzelle, wie der Mazda HR-X im Jahr 1991 erstmals zeigte. Ab 2006 starteten dann in Japan sowie in Norwegen langjährige, erfolgreiche Leasingprogramme mit Mazda RX-8 Hydrogen RE, die wahlweise mit Wasserstoff und mit Benzin betrieben werden konnten. Anders als bei der Verbrennung fossiler Treibstoffe, erfolgt die Wasserstoffnutzung nach einem ausgeglichenen Kreislauf, bei dem keine schädlichen Abgase entstehen. Für die Übergangszeit ins Zeitalter des Wassermanns waren die Mazda Sportwagen dank zweier Tanks für beide Kraftstoffarten fit auch ohne flächendeckendes Hydrogen-Tankstellennetz.

Platz 8: Lada-Limousinen, ab 1974. Nach östlichen Lizenznehmern der Kreiskolbentechnik hielt NSU angesichts klammer Kassenlage von Beginn an Ausschau. So kam es nicht nur zur überaus erfolgreichen Kooperation mit Mazda in Japan, sogar in der DDR wurden Wankel für neue Wartburg- und Trabant-Generationen erprobt. In Serie gingen dagegen verschiedene russische Lada Modelle mit Rotationskolbenmaschinen. Tatsächlich entwickelte Lada nicht weniger als 20 unterschiedliche Wankelmotoren, die in Flugzeugen, Helikoptern, vor allem aber in Pkw eingesetzt wurden. Legendär ist der 99 kW / 135 PS starke Zweischeiben-Wankel VAZ-415, der die russischen Volksautos 200 km/h schnell machte. Besonders Polizeibehörden sollen die flinken Kompakten geschätzt haben.

Platz 7: Citroen GS Birotor von 1973. Heute fast vergessen, war der 1970 vorgestellte mittelgroße Citroen GS kaum weniger revolutionär und sogar noch erfolgreicher als das "göttliche" Flaggschiff DS. Mehr Sensation als Erfolg blieb allerdings die 1973 vorgestellte Version Birotor. Der GS Birotor war Ergebnis eines Gemeinschaftsunternehmens von NSU und Citroen zur Herstellung von Wankelmotoren. Nach dem ersten Citroen-Wankel-Modell, dem in 267 Einheiten produzierten M35, sollte der GS Birotor mit Zweischeiben-Kreiskolbenmotor ein Großserienfahrzeug werden. Im Juli 1974 startete die Produktion der exklusivsten und mit 175 km/h schnellsten GS-Version. Allerdings wurde aus der geplanten Großserie nur eine kleine Edition. Dies lag weniger am Preis von knapp 13.000 Mark – 60 Prozent Aufschlag gegenüber der Basisversion des GS – sondern vor allem an der sogenannten ersten Ölkrise, die den Absatz aller durstigen Wankelmodelle ins Bodenlose stürzen ließ. So kam für die Birotor-Produktion nach genau einem Jahr und 847 Einheiten das Aus.

Platz 6: Mazda 787B von 1991. "Danke Felix Wankel, dass Sie die Idee des Kreiskolbenmotors hatten..." So feierte Mazda 1991 den sensationellen Sieg seines 515 kW / 700 PS starken Rennwagens 787B beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans. Als erster japanischer Sportwagen und als erstes Fahrzeug mit Kreiskolbenmotor gewann ein Mazda das härteste Langstreckenrennen der Welt. Ein weiterer 787B belegte Platz fünf. Für die Japaner waren die Erfolge der Sportwagen die endgültige Demonstration der Überlegenheit eines alternativen Motorenkonzepts. Die sportlichen Rivalen hielten die Rotary-Racer sogar für so souverän und unerreichbar, dass die Sportbehörden die Regelwerke änderten und die Rotarier ab dem folgenden Jahr aus Le Mans verbannten.

Platz 5: NSU Wankel Spider von 1964. Der winzige Wankel-Sportwagen NSU Spider sollte die Welt auf den Siegeszug des Rotationskolbenmotors vorbereiten. Eine Aufgabe, die am Ende zu groß war für den kleinen Flitzer mit gerade einmal 37 kW / 50 PS Leistung. Geschichte schrieb der Spider trotzdem und das im Rennsport mit besonders nachhaltigem Erfolg. Noch 1969 – zwei Jahre nach Produktionsende - musste NSU Händler anweisen, keine Bestellungen mehr anzunehmen. Rund um den Globus machte das erste Auto mit Einscheiben-Kreiskolbenmotor Schlagzeilen. Entsprechend viele Automobilkonzerne schlossen Rotary-Lizenzverträge mit NSU.

Platz 4: Mazda Cosmo Sport 110 S von 1967. Als spektakulärste Studie der Tokyo Motor Show debütierte er bereits 1964, aber für Schlagzeilen rund um den Globus sorgte er drei Jahre später: Der Cosmo Sport 110 S ging am 30. Mai 1967 als einer der ersten japanischen Supersportwagen an den Start – und als weltweit erstes Serienfahrzeug mit Zweischeiben-Wankelmotor. Der Cosmo kombinierte futuristische Formen mit überlegenen Fahrleistungen. Zeitgenössische Medien verglichen das Gefühl an Bord eher mit Fliegen als mit Fahren, nicht zuletzt durch die turbinenartige Laufkultur des Rotariers. Schnell machte das spektakuläre Design und die vollkommen neue Antriebstechnik den Cosmo Sport zu einem Imageträger, der für globales Aufsehen sorgte. Zumal Mazda die Kreiskolben-Technologie fast zeitgleich auch auf die Rennstrecken der Welt brachte. Schon 1968 kam ein Cosmo Sport 110 S beim Marathon de la Route, dem über 84 Stunden gehenden Marathon auf dem Nürburgring, bei seinem allerersten Einsatz auf einen respektablen vierten Platz.

Platz 3: Mercedes-Benz C111 von 1969-1971. Was zuvor dem Gullwing-300-SL in den Fünfzigern gelang, wiederholte nun der Flügeltürer C 111 in leuchtendem Orangemetallic, original als "Weißherbst" bezeichnet. Der C 111 war das Traumauto aller Sportwagenfans, dekorierte auf Postern Kinderzimmer und als Popart-Bild Büroräume. Nur kaufen konnte die "rollenden Versuchslabore" mit keilförmigen Karosserien und nach oben öffnenden Flügeltüren niemand. Alle C 111 dienten allein der Erprobung des Wankelmotors. Zunächst mit 206 kW / 280 PS starkem Dreischeiben-Aggregat für eine Vmax von 260 km/h, später mit Vierscheiben-Wankel und mit einer Leistung von 257 kW / 350 PS. Damit sprintete der Traumwagen in 4,8 Sekunden auf 100 km/h und weiter bis Tempo 300.

Platz 2: Mazda RX-7 von 1978. Mit fast einer halben Million verkaufter Fahrzeuge ist dieser aufregend geformte Klappscheinwerferkeil das bisher erfolgreichste Wankelfahrzeug überhaupt. Während Mitte der 1970er Jahre alle anderen Hersteller vor den Herausforderungen der Kreiskolbentechnik kapitulierten, meldete sich Mazda per Paukenschlag zurück. Der Sportwagen Savanna RX-7 erhielt eine 100.000-Kilometer-Garantie und erzielte über 100 Siege bei amerikanischen IMSA-Rennen. Keinen Hehl machten die Mazda-Ingenieure aus einer besonderen Genugtuung: Der RX-7 triumphierte in den USA sogar über den härtesten Rivalen, den Porsche 924.

Platz 1: NSU Ro 80 von 1967. Er ist das Jahrhundertauto, das die weltweite Designentwicklung über Jahrzehnte veränderte wie bis heute kein anderes zukunftsweisendes Fahrzeug. Neben dem NSU Ro 80 wirkten Mercedes mit Heckflossen oder Peugeot in Trapezform von vorgestern. Die avantgardistische und aerodynamisch gezeichnete große Limousine, die im gleißenden Scheinwerferlicht der IAA 1967 enthüllt wurde, schien eine Zeitenwende im Automobilbau einzuleiten – so wie zuvor nur die göttliche DS von Citroen. Als Wunderauto gefeiert wurde der NSU zunächst aber nicht wegen seiner keilförmigen Silhouette in auffälligen Lackierungen und seiner neuartigen Sicherheitsausstattung, sondern für seinen revolutionären 85 kW / 115 PS starken Zweischeiben-Wankelmotor. Die Welt sah den Wankelmotor als Antrieb der Zukunft. Ausgerechnet den Kreiskolbenmotor konnten jedoch weder NSU noch der später über den Ro 80 verfügende VW-Konzern massentauglich machen. Nur Mazda gelang dies. Vom Ro 80 blieb nach dem Produktionsende im Jahr 1977 das weit in die Zukunft strahlende Design.


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