-- Anzeige --

Wissensvorsprung

16.12.2009 12:02 Uhr
Wissensvorsprung

-- Anzeige --

Robert-Bosch-Schule: Gerhard Braunsteffer, Jürgen Seubert, Thomas Psotka

asp unterhielt sich mit Schulleiter Gerhard Braunsteffer, Abteilungsleiter Jürgen Seubert und Klassenlehrer Thomas Psotka über die Ausbildung an der Robert-Bosch-Schule. Das Ulmer Institut ist die aktuelle ASM-Meisterschule des Jahres.

In den Medien wird jungen Erwachsenen häufig mangelnder Ehrgeiz und wenig Leistungsbereitschaft vorgeworfen. Beim Blick auf Ihre Schüler, bekommt man aber einen anderen Eindruck. Wie erklären Sie sich das?

Jürgen Seubert: Was die Meisterschüler anbelangt, liegt deren überdurchschnittliches Engagement ein Stück weit an einer besonderen Motivation. Sie wissen, was sie wollen und wofür sie den Meisterbrief benötigen. Auch haben sie sich finanziell schon etwas für die Weiterbildung ansparen müssen. Aber auch ein Großteil der übrigen Schüler lässt sich in der Regel motivieren. Man muss sie nur anders „packen“ als früher. Mitunter ist es eine große Herausforderung die Schüler zu begeistern. Das gelingt, indem sie da abgeholt werden, wo sie gerade stehen. Unsere Aufgabe ist es, den Spagat hinzubekommen und einerseits die Schwachen zu fördern und auf der anderen Seite die Guten nicht zu vernachlässigen.

Wie gelingt es, die guten Lehrlinge bei der Stange zu halten?

Jürgen Seubert: Im Augenblick bieten wir beispielsweise ein Extraprojekt an, bei dem sich zehn engagierte Schüler gemeldet haben, den Umbau einer kompletten Motorrad-Einspritzanlage durchzuführen – wohlgemerkt zusätzlich zu ihren acht Stunden Pflichtunterricht. Die gestellte Aufgabe ist sehr anspruchsvoll. Es geht u.a. auch um die Programmierung des Steuergeräts. Dazu müssen sich die Schüler viel Extra-Wissen aneignen. Zudem, da zahlreiche Informationen lediglich in englischer Sprache vorliegen, werden die Sprachkenntnisse trainiert. Für Viele ist das komplettes Neuland. Diese Projektmit-arbeit bescheinigen wir den Teilnehmern auch, schließlich handelt es sich dabei um wichtige Zusatzqualifikationen.

Im Bereich Technik erscheint es mir noch relativ einfach, die Schüler zu motivieren. Der Kfz-Mechaniker ist per se Technik interessiert. Wie verhält es sich aber bei der Betriebswirtschaftslehre? Können sich die Meisterschüler für dieses eher trockene Fach erwärmen?

Thomas Psotka: Der BWL-Unterricht funktioniert bei den angehenden Meistern sehr gut. Zu Beginn sind die Schüler zwar etwas reserviert, doch am Schluss sehen sie die Anwendbarkeit und Praxisrelevanz von Themen wie Rechnungswesen und Betriebsführung. Man muss als Lehrer versuchen, nicht hochtrabend, sondern auf dem Niveau zu unterrichten, das die Schüler dann auch anwenden. Es geht um die Vermittlung der wichtigsten Grundkenntnisse. Der Kfz-Unternehmer soll schließlich nicht unbedingt ein Meister in Sachen Steuerfachwesen sein, denn dafür hat er im Allgemeinen seinen Steuerberater.

Wie sieht es mit dem Fach Deutsch aus?

Thomas Psotka: Zum Fach Deutsch haben die Schüler teilweise überhaupt keinen Bezug. Viele wundern sich, wofür sie das Fach benötigen. Schließlich seien sie doch Techniker, hört man dann immer wieder. Doch das Fach Deutsch schult die Kommunikationsfähigkeit und die ist im modernen Servicealltag immens wichtig.

Jürgen Seubert: Da ist zum einen die Kommunikation mit den Kunden und darüber hinaus auch der Austausch mit anderen Autohäusern oder, etwa im Fall von Kulanzfällen, mit den Vertragspartnern. Dazu ist es unerlässlich fehlerfrei korrespondieren zu können.

Thomas Psotka: In der Gesellenprüfung umfasst der Test der Kommunikationsfähigkeit rund 15 Prozent, in die Meisterprüfung dagegen geht die kommunikative Bewertung zu etwa einem Drittel ein.

Die Robert-Bosch-Schule Ulm hat ein Leitbild formuliert, wonach Sie Ihre Einrichtung als Lern- und Lebensraum sowie als Kommunikations- und Entwicklungsraum wahrnehmen. Welche Philosophie verbirgt sich dahinter?

Gerhard Braunsteffer: Wir haben uns im Rahmen einer strukturierten Schulentwicklung daran gemacht, eine mittel- bis langfristige Strategie zu entwickeln. Dazu haben wir eine große Umfrage an unserer Schule unter allen Kolleginnen und Kollegen durchgeführt, um Stärken und Schwächen herauszufinden.

In welchen Bereichen sehen Sie Verbesserungsbedarf?

Gerhard Braunsteffer: Die Umfrage hat beispielweise zu Tage gefördert, dass wir in der Kommunikation untereinander sowie der Förderung schwacher Schüler noch zulegen müssen. Und ein dritter Bereich ist die räumliche Situation. Eine bauliche Erweiterung des Schulgebäudes ist allerdings fest eingeplant. Ich möchte mal den Bereich Kommunikation herausgreifen, der bei uns derzeit einen Schwerpunkt darstellt. Einmal haben wir uns dem Thema von der technischen Seite ange-nähert und ein neues Intranet und ein eigenes Mailsystem eingerichtet. Zudem wurde eine Schulzeitung gegründet, um in regelmäßigen Abständen wichtige Informationen weitergeben zu können. Auf der anderen Seite betrifft die Kommunikation natürlich auch die zwischenmenschliche Ebene. In dem Zusammenhang haben wir u.a. regelmäßige Mitarbeitergespräche eingeführt.

Wie hat sich die Meisterausbildung in den letzten 15 Jahren verändert?

Jürgen Seubert: Einmal hat sich die Technik im Fahrzeug verändert, etwa das Zusammenwirken der einzelnen Komponenten durch deren elektrische Vernetzung. Früher musste man die einzelnen Bauteile ausbauen und prüfen, ob es funktioniert. Heute lassen sich die Teile, wenn man so will, elektrisch ansprechen und testen, teils ohne sie in den Händen halten zu müssen …

Also in dieser Hinsicht eine Vereinfachung?

Jürgen Seubert: Nicht unbedingt. Weil die Arbeit am Auto dadurch komplexer wird. Die Fülle an Fahrzeugtechnik erweitert die Menge der möglichen Fehlerquellen. Zum Zweiten hat sich die Weiterbildung verändert: Etwa dahingehend, dass – wie angedeutet – mehr Wert auf Kommunikation und Service gelegt wird. Der Meister muss, und das steht außer Frage, fachlich fit sein, aber darüber hinaus wird er als Aushängeschild des Unternehmens wahrgenommen. Als solches muss er mit dem Kunden reden, diesem Arbeiten und Rechnungen erklären können und präsentieren. Dazu benötigt er Sozialkompetenzen. In dieser Hinsicht hat sich in der Vergangenheit einiges verlagert. Der Meister ist in vielen Fällen nicht mehr der 100-prozentige Technik-Fachmann. Dafür hat er häufig seine Mitarbeiter, die auf gewisse Arbeiten spezialisiert sind und entsprechende Schulungen besuchen. Von Kfz-Meistern wird zunehmend verlangt, organisieren und delegieren zu können.

Herr Braunsteffer, Herr Psotka, Herr Seubert, vielen Dank für das Gespräch.

Martin Schachtner

-- Anzeige --
-- Anzeige --
-- Anzeige --
-- Anzeige --

KOMMENTARE


SAGEN SIE UNS IHRE MEINUNG

Die qualifizierte Meinung unserer Leser zu allen Branchenthemen ist ausdrücklich erwünscht. Bitte achten Sie bei Ihren Kommentaren auf die Netiquette, um allen Teilnehmern eine angenehme Kommunikation zu ermöglichen. Vielen Dank!

-- Anzeige --

WEITERLESEN




NEWSLETTER

Newsletter abonnieren und keine Branchen-News mehr verpassen.


asp AUTO SERVICE PRAXIS Online ist der Internetdienst für den Werkstattprofi. Neben tagesaktuellen Nachrichten mit besonderem Fokus auf die Bereiche Werkstatttechnik und Aftersales enthält die Seite eine Datenbank zum Thema RÜCKRUFE. Im neuen Bereich AUTOMOBILE bekommt der Werkstatt-Profi einen Überblick über die wichtigsten Automarken und Automodelle mit allen Nachrichten, Bildergalerien, Videos sowie Rückruf- und Serviceaktionen. Unter #HASHTAG sind alle wichtigen Artikel, Bilder und Videos zu einem Themenspecial zusammengefasst. Außerdem gibt es im asp-Onlineportal alle Heftartikel gratis abrufbar inklusive E-PAPER. Ergänzt wird das Online-Angebot um Techniktipps, Rechtsthemen und Betriebspraxis für die Werkstattentscheider. Ein kostenloser NEWSLETTER fasst werktäglich die aktuellen Branchen-Geschehnisse zusammen. Das richtige Fachpersonal finden Entscheider auf autojob.de, dem Jobportal von AUTOHAUS, asp AUTO SERVICE PRAXIS und Autoflotte.