Das Arbeitsgericht Stuttgart löst den Betriebsrat des Reinigungsspezialisten Kärcher am Standort Winnenden auf. Das Gremium habe seine gesetzlichen Pflichten grob verletzt, stellte der Richter am Arbeitsgericht Stuttgart, Stefan Funk, während des Verfahrens fest (Az.: 22BV 13/13). Weder 2011 noch 2012 seien Betriebsversammlungen einberufen worden. "Es geht nicht nur um Informationsveranstaltungen, sondern um das Organ des Betriebsverfassungsrechts", sagte Funk.
Die IG Metall hatte Klage gegen den Betriebsrat eingelegt, weil dieser zu wenige Betriebsversammlungen einberufe. Nach dem Betriebsverfassungsgesetz muss das einmal im Vierteljahr geschehen. Der Richter stellte fest, dass eine im Dezember 2012 anberaumte Veranstaltung mit anschließender Jahresfeier nicht die gesetzlichen Anforderungen an eine Betriebsversammlung für den Standort Winnenden erfülle. Die Anwälte des Kärcher-Betriebsrat hatten argumentiert, die Mitarbeiter seien in einer Vielzahl von Informationsveranstaltungen unterrichtet worden.
Bislang ist das Familienunternehmen Kärcher nicht in der Tarifbindung - die IG Metall hat wenig Einfluss. Nur von 2 von 17 Betriebsräten des Kärcher-Betriebsrats in Winnenden sind Mitglieder der IG Metall. "Wir wollen eigenständig sein", begründete Betriebsratschef Hans-Jörg Ziegler das und verwies auf die jahrzehntelange Praxis bei Kärcher. Die Kultur des Unternehmens sei nicht auf Konflikte ausgelegt. Eine weitere Pflichtverletzung, wie der Richter feststellte. Der Betriebsratschef habe in einem Redebeitrag mehr als deutlich gemacht, dass er die Gewerkschaften lieber aus dem Unternehmen halten will, sagte Funk. Das entspreche nicht dem gesetzlichen Leitbild. "Das Zusammenwirken mit der Gewerkschaft ist gesetzliche Pflicht", sagte Funk. Gewerkschaften seien "keine extraterrestrische Erscheinung, die keine Befugnisse hätte."
"Reine Propaganda"
Die Anwälte des Betriebsrats unterstellen der Gewerkschaft, andere Ziele zu verfolgen. "Aus unserer Sicht ist das eine reine Propaganda-Maschine", sagte Rechtsanwalt Ralf Busch. "Wenn Sie hier gewinnen, werden Sie das groß in Szene setzen, über Kärcher hinaus." Der vom Richter gezogene Rechtsrahmen sei viel zu eng gefasst. Kaum ein Betriebsrat erfülle die Pflicht von vier Betriebsversammlungen pro Jahr.
Ob die Entscheidung zum Tragen kommt, ist noch offen. Die Kärcher-Anwälte kündigten an, den Gang durch alle Instanzen zu prüfen. Ein endgültiger Spruch dürfte deshalb kaum vor den regulären Betriebsratswahlen im Frühjahr 2014 fallen. "Wir kämpfen bis zuletzt", kündigte Betriebsratschef Ziegler an. (dpa)