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Zweites Standbein

16.01.2009 12:02 Uhr
Zweites Standbein

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Umrüstungen

Behindertengerechte Fahrzeugumbauten scheinen eine Nische zu sein. Der Anbieter Paravan hat es geschafft, sich in diesem Bereich einzurichten. Das Unternehmen entwickelt erfolgreich Lösungen und expandiert.

Wie kommt man dazu, sich als ausgebildeter Kfz-Fachmann mit der vermeintlichen Nische Fahrzeugumrüstungen für Menschen mit Behinderungen zu beschäftigen? Auf die Frage lächelt der Paravan-Geschäftsführer Roland Arnold und erzählt von der Rückreise von einem Geschäftstermin. Damals half er auf einem Autobahnparkplatz einem behinderten Autofahrer, der ausgerutscht und auf Hilfe angewiesen war. Bei der Heimfahrt zerbrach er sich den Kopf über geeignete Lösungen. Er wunderte sich, dass es nur wenige Anbieter gab und baute den väterlichen Reifenservicebetrieb zu einem Spezialisten für behindertengerechte Fahrzeugumbauten um. Die Angebotspalette reicht heute vom Lenkradknauf bis zum Komplettumbau: Besonderer Stolz des schwäbischen Unternehmens ist das elektronische Lenk- und Fahrhilfesystem "Space Drive". Mit dem preisgekrönten Werkzeug können Schwerstbehinderte ihr Fahrzeug per Joystick und Funkverbindung steuern.

Darüber hinaus betreibt Paravan eine Behindertenfahrschule und ein mobiles Messfahrzeug, mit dem dank modifizierbarer Bedienelemente die individuellen Erfordernisse des Kunden ermittelt werden. Hochgradige Mobilitätseinschränkungen machen Komplettumbauten erforderlich. Dabei wird der Fahrzeugboden eines Vans tiefer gesetzt und geebnet, damit Rollstuhlfahrer über eine integrierte Rampe mühelos ins Fahrzeug gelangen können. Die Herstellergarantie, etwa bei Kia oder Chrysler, bleibe auch nach dem Umbau erhalten, erklärte das Unternehmen. Seine Dienste will Paravan bundesweit anbieten. Bislang bestehen zwei eigene Standorte: In Pfronstetten und Heidelberg entwickeln, fertigen und schulen insgesamt rund 90 Mitarbeiter.

Lizenzvergabe bundesweit

Darüber hinaus suchen die Schwaben Lizenznehmer. Bislang gebe es 16 Partner, erklärt Marketingleiter Tobias Schönleber. "Sie müssen es wollen", ergänzt er als wichtigste Bedingung für interessierte Kfz-Fachbetriebe, die ein zweites Standbein suchen. Außerdem ist eine eigene Fahrschule oder die Kooperation mit einer solchen von Vorteil. Und zum Dritten sollten die Wunschpartner Karosseriespezialisten sein, die ausreichend Mitarbeiter und einen hohen Umsatz haben. Schließlich kämen auf die Partner nicht unbedeutende Investitionskosten zu, so Arnold. Allein ein Vorführwagen schlage beispielsweise mit rund 100.000 Euro zu Buche. Einer der Partner ist Bosch Car Service Wagener in Kassel. Geschäftsführer Andreas Günther war durch einen Fall in der Familie selbst betroffen, hat nach Lösungen gesucht und ist auf Paravan gestoßen: "Dann ging alles ganz schnell", erzählt er. "Wir haben Kontakt aufgenommen und unseren Betrieb vorgestellt." Nach rund zwei Wochen hätten er und einige seiner Mitarbeiter bereits Schulungen bei Paravan besucht. Die Lizenzbedingungen waren kein Problem: Günther führt einen umsatzstarken Betrieb mit 30 Mitarbeitern und kooperiert mit der Fahrschule Stoffers. "Die Fahrschule profitiert ebenfalls von der Zusammenarbeit, denn wir stellen das Ausbildungsfahrzeug, einen komplett umgebauten Kia Carnival. Mit dem Fahrzeug können Menschen mit nahezu allen Behinderungen ausgebildet werden."

Mehr Umsatz generieren

Die Zusammenarbeit mit Paravan lohne sich, erklärt auch Frank Sodermanns vom gleichnamigen Partnerbetrieb aus der Nähe von Mönchengladbach. Das Unternehmen widmet sich seit etwa zehn Jahren behindertengerechten Umrüstungen. Vor der Zusammenarbeit belief sich der Umsatzanteil auf fünf Prozent. Den Grund sieht der Geschäftsführer im Fehlen eines passenden Industriepartners. Seit zwei Jahren habe man diesen mit Paravan gefunden. Seitdem sei der Umsatzanteil auf 30 Prozent gestiegen. "Ich wollte diesen Bereich vorantreiben, weil herkömmliche Pkw-Reparaturen rückläufig sind", fügt er hinzu. Martin Schachtner

Torsten Kleemann, TÜV SÜD

Umsatzbringer

Wie schätzen Sie das Thema Zubehör allgemein und den Bereich Fahrzeugumrüstungen für Mobilitätseingeschränkte im Speziellen ein? Handelt es sich dabei um ein lohnendes Zusatzgeschäft für Servicebetriebe?

Aus meiner Sicht werden der Zubehörverkauf oder Fahrzeugumrüstungen aller Art massiv an Bedeutung gewinnen. Die negativen Entwicklungen im Renditebereich der letzten Jahre im Automobilhandel zeigen, dass weitere Zusatzgeschäfte im Autohaus/Werkstatt generiert werden müssen. Speziell bei dem Umbau für Mobilitätseingeschränkte verbirgt sich aus meiner Sicht noch ein großes Marktpotenzial, da hier die Fahrzeughersteller werksseitig wenig, bis nichts anbieten. Dass dieses Gebiet in Zukunft hoch spannend sein wird, sieht man an der demografischen Veränderung. Als Beispiel kann man heute vermehrt den Wunsch an erhöhter Sitzposition nennen.

Welche Services bietet der TÜV SÜD für Betriebe, die sich für diese behindertengerechten Umbauten interessieren und in ihr Angebot aufnehmen wollen?

Gerne sind wir als TÜV SÜD bereit, den Autohäusern hier beratend zur Seite zu stehen bzw. Lösungen anzubieten. Auch bei Fragen, die vor Ort im Autohaus/Werkstatt mit dem Kunden entstehen, geben wir gerne Auskunft. Wir verfügen über ausgewählte Spezialisten, die mehrere Jahre Berufserfahrungen zu diesen Themen vorweisen können. Gerne geben wir auch Kontakte und Ansprechpartner weiter.

Stößt das Thema in der Branche auf großes Interesse? Welche Maßnahmen ergreift der TÜV SÜD, um weitere Betriebe für das Thema zu sensibilisieren?

Ich komme durch meine Tätigkeit bei TÜV SÜD mit vielen Geschäftsführern der Branche ins Gespräch. Ich merke, dass großes Interesse in Sachen behindertengerechte Umbaumaßnahmen besteht. In der Vergangenheit wurde das Thema in vielen Autohäusern verkannt oder man traute sich nicht an die aufwendigen Maßnahmen ran. Mit und bei der Firma Paravan werden wir in Zukunft Veranstaltungen für Autohäuser durchführen, um Inhaber und Geschäftsführer für das Thema zu sensibilisieren, und als weitere Ertragsquelle zu erkennen.

Sie sprechen die Kooperation mit Paravan an. In welchen Bereichen arbeiten Sie mit dem Unternehmen zusammen?

Bei der "Vorbegutachtung" klären wir als Erstes, unter welchen Voraussetzungen der Kunde in der Lage ist, ein Fahrzeug zu führen und ob ein Führerschein vorhanden ist. Dabei stehen wir von Anfang an beratend zur Seite. Nach der Anpassung des Fahrzeuges auf die individuellen Bedürfnisse des Kunden, erfolgt beim komplett umgebauten oder nur geringfügig veränderten Fahrzeug die technische Abnahme. Mann muss sich vorstellen, dass die Spezialisten von Paravan z.T. eine ganze Bodengruppe verändern bzw. ersetzen.

Bei der so genannten "Endbegutachtung" wird der Umbau zusammen mit dem Kunden getestet. Ein abschließendes Gutachten stellt sicher, dass der Kunde in der Lage ist, das Fahrzeug sicher im Straßenverkehr zu führen. Selbst bei der Forschung und Entwicklung kooperieren wir sehr erfolgreich mit Paravan. So führen wir gemeinsam Crash-Tests durch, die die Sicherheit von Neuentwicklungen garantieren sollen. Außerdem ist die Firma Paravan von TÜV SÜD in DIN ISO 9001 und 9002 zertifiziert, u.a. bei den Themen Lenksysteme und behindertengerechter Fahrzeugumbau.

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