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Serie Nachfolge Teil 3: Wir haben den Nachbarn gekauft

22.03.2018 11:00 Uhr
Serie Nachfolge Teil 3: Wir haben den Nachbarn gekauft

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Als sich Mehmet Eski im Jahr 2008 als Transportunternehmer selbständig machte, ließ er sein Fahrzeug regelmäßig im Ford-Autohaus Hahn in Wildberg warten und reparieren. "Bereits damals habe ich mich gut mit dem Inhaber Fritz Hahn verstanden und er hat mich ab und zu mal zum Spaß gefragt, ob ich seinen Betrieb übernehmen möchte", erinnert er sich. Das gute Verhältnis blieb auch dann bestehen, als sein Bruder Sedat Eski 2011 rund einen Kilometer entfernt eine kleine Kfz-Werkstatt eröffnete. "Fritz Hahn hat uns öfter Teile besorgt und Achsvermessungen für uns durchgeführt", sagt Mehmet Eski, der bei seinem Bruder im Büro tätig war. In der Werkstatt arbeitete damals auch der dritte Bruder, Fatih Eski, als Kfz-Mechatroniker.

Die zunächst eher spaßhaften Übernahmeangebote wurden im Lauf der Jahre intensiver. "Im Februar oder März 2016 fragte mich Fritz Hahn dann ernsthaft, ob ich nicht seine Nachfolge antreten möchte", erzählt Fatih Eski, der sich gerade in der Meisterausbildung befand. "Wir haben das erstmal innerhalb der Familie besprochen, bevor wir Ja gesagt haben." Die Chance zur Vergrößerung wollten sie sich nicht entgehen lassen. Schließlich hatte ihre Werkstatt nur zwei Arbeitsplätze und war längst nicht so gut ausgestattet wie das Autohaus Hahn. Das verfügt über sechs Arbeitsplätze in der Werkstatt und dazu noch über rund 70 Parkplätze im Hof für das Gebraucht- und Neuwagengeschäft.

Nach der grundsätzlichen Einigung dauerte es ziemlich genau ein Jahr, bis der Kaufvertrag unterschrieben und die Werkstatt endgültig übergeben war. Dabei wurden beide Parteien von Katja Rhotert, Unternehmensberaterin und Leiterin des Betriebsberatungsdiensts (BBD) des Verbands des Kraftfahrzeuggewerbes Baden-Württemberg, unterstützt. Die Beratung wurde vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau und dem Verband des Kfz-Gewerbes Baden-Württemberg gefördert. Laut Katja Rhotert ist ein Jahr eine relativ kurze Zeitspanne, um einen Werkstattverkauf abzuwickeln. "In der Regel dauert dieser Prozess bei einem mittelständischen Werkstattbetrieb eineinhalb Jahre", sagt die Expertin. "Das liegt nicht zuletzt daran, dass viele Vorhaben an der Finanzierung scheitern. Zu wenig Eigenkapital der Käufer und das Zögern der Banken bei der Finanzierung, wenn es um den Kauf von Kfz-Betrieben geht, sind häufige Gründe."

Externer Blick war hilfreich

Ein aussagekräftiger Businessplan, aus dem hervorgehen muss, dass der neue Inhaber Zins und Tilgung des Darlehens stemmen kann, sei daher unumgänglich. Fatih Eski konnte zehn Prozent des Kaufpreises aus eigener Tasche bezahlen. Den Rest finanzierte er über ein Bankdarlehen. Öffentliche Fördermittel nahm er nicht in Anspruch. Die Werkstattimmobilien pachtet Eski von Annemarie Hahn, der Ehefrau von Fritz Hahn. Beim Erstellen des Businessplans und der Vorbereitung der Bankgespräche unterstützte ihn Katja Rhotert. Sie weiß aus Erfahrung, dass nicht nur die Finanzierung ein kritischer Punkt bei Nachfolgelösungen im Kfz-Gewerbe ist.

Auch die Phase davor, insbesondere die Ermittlung des Werts von Betriebs- und Geschäftsausstattung und des Teilebestands sowie die endgültige Einigung auf den Kaufpreis, dürfe nicht unterschätzt werden. "Die größte Herausforderung besteht jedoch darin, erst einmal einen qualifizierten Käufer zu finden. Das kann je nach Lage und Zustand des Betriebs Jahre dauern - und ist längst nicht immer erfolgreich", sagt Rhotert.

Gerade wenn kein Nachfolger aus der Familie parat steht, ist es daher wichtig, sich möglichst früh mit diesem Thema zu beschäftigen. Wer mit der Übergabe zu lange wartet, riskiert viel: Denn wenn ein Unternehmer plötzlich verstirbt oder schwer erkrankt, ist die Familie nicht nur wegen der privaten Ausnahmesituation extrem belastet, sondern muss sich auch noch um die Fortführung des Betriebs kümmern. Besser ist es, wenn ein Unternehmer beim Stabwechsel an der Spitze seiner Leistungsfähigkeit steht. Denn für einen modernen, bestens geführten Betrieb findet sich auch leichter ein Nachfolger. Katja Rhotert empfiehlt, den Kreis der möglichen Kandidaten zunächst groß zu halten. Potenzielle Kandidaten direkt anzusprechen, wie es Fritz Hahn getan hat, hält die Beraterin daher für äußerst empfehlenswert ( siehe Kasten: "Nachfolger suchen und finden" Seite 58).

Dass der Verkaufsprozess in diesem Fall so schnell und reibungslos über die Bühne ging, führt Fatih Eski maßgeblich auf die Unterstützung von Katja Rhotert zurück. "Frau Rhotert hat bereits Herrn Hahn beraten. Unsere ersten Bedenken, dass sie daher auf seiner Seite steht, haben sich allerdings schnell gelegt: Sie hat beide Parteien fokussiert und neutral unterstützt."

Bewertung des Kaufpreises

Noch heute erleichtere das von Rhotert aufgesetzte Reporting-System den Überblick über die Geschäftsentwicklung. "Das Honorar für die Beratung war eine ausgesprochen gute Investition", zieht Fatih Eski Bilanz. Ein bisschen ärgert er sich allerdings heute noch darüber, dass das Inventar vor der Festlegung des Kaufpreises nicht ganz so gründlich bewertet wurde - entgegen des ausdrücklichen Rats der Beraterin. "Wir waren ungeduldig, weil wir den Betrieb möglichst schnell übernehmen wollten. Heute würden wir uns das Ersatzteillager gründlicher anschauen und besser verhandeln", räumt Fatih Eski ein.

Dennoch haben Fatih und Mehmet Eski nach wie vor ein sehr gutes Verhältnis zum Alteigentümer. Fritz Hahn war nach der Übergabe noch 14 Tage Vollzeit zur Einarbeitung im Büro. Danach kam er immer dann, wenn Kunden mit ihm persönlich sprechen wollten. Seine Frau Annemarie Hahn erledigt nach wie vor die Buchhaltung, worüber die beiden Brüder ausgesprochen froh sind. Darüber hinaus hat Fatih Eski noch einen Mechatroniker übernommen. Er selbst arbeitet in der Werkstatt, sein Bruder kümmert sich um das Büro und den Fahrzeughandel. Die alte Werkstatt haben sie mittlerweile geschlossen. Dort befindet sich jetzt das Reifenlager. Auch die Neuausfertigung des Agenturvertrags mit der Schwabengarage, mit der das Autohaus beim Neu- und Gebrauchtwagenkauf kooperiert, verlief reibungslos. Laut Mehmet Eski waren die Verantwortlichen dort froh, dass Fritz Hahn einen Nachfolger gefunden hat.

Die Kunden sind treu geblieben

"Der deutlich größere Betrieb, der Neuund Gebrauchtwagenhandel, die neue Werkstattsoftware - das alles war anfangs ungewohnt", erinnern sich die Eski-Brüder. Der größte Unsicherheitsfaktor waren jedoch die Kunden: Würden sie auch nach dem Generationswechsel in die Werkstatt kommen? "Davor haben wir anfangs am meisten gezittert", sagt Mehmet Eski. Doch bereits die ersten Monate haben gezeigt, dass der größte Teil der Kunden geblieben ist und auch Kunden der alten Eski-Werkstatt nun ins Autohaus Hahn kommen.

Mittlerweile ist der Kundenbestand um rund zehn Prozent gestiegen und die Werkstatt damit gut ausgelastet. Lediglich um den Jahreswechsel herum war es etwas ruhiger. "Doch das war bei Fritz Hahn genauso", sagt Mehmet Eski. Jetzt steht nur noch die Neugestaltung der Internetseite an. "Dann haben wir alles, was mit der Übernahme zu tun hat, erledigt. Das ist schon ein gutes Gefühl."

Kurzfassung

Wenn in der Familie kein Nachfolger bereitsteht, kann der Verkauf an einen externen Bieter sinnvoll sein. Genügend Vorlaufzeit sollte dabei eingeplant werden. Ein erfolgreiches Beispiel ist das Autohaus Hahn im baden-württembergischen Wildberg.

Serie Nachfolge

In einer dreiteiligen Serie gibt asp Tipps für die Regelung der Nachfolge im Betrieb:asp 1: Übergabe in der Familieasp 2: Wenn ein Mitarbeiter übernimmtasp 3: Verkauf an Externe

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