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Hyundai-Interview: Die Zukunft im Service

23.01.2023 08:12 Uhr | Lesezeit: 5 min
Karl Hell
Karl Hell, Direktor Aftersales, Hyundai Motor Deutschland GmbH
© Foto: Erwin Fleischmann

Das Thema Aus- und Weiterbildung nimmt bei Hyundai im Service einen besonderen Stellenwert ein, versichert Karl Hell, Direktor Aftersales, Hyundai Motor Deutschland GmbH. Die neue Servicewelt richtet sich an den Erfordernissen der E-Mobile aus.

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Kurzfassung

Schrittweise will Hyundai die Betriebe auf die elektromobile Zukunft vorbereiten und gleichzeitig noch ungenutzte Potenziale im "traditionellen" Service heben. Hier sieht Karl Hell, Servicechef für Deutschland, noch Luft nach oben.

asp: Hyundai hat in Hösbach kürzlich das neue Trainingscenter für Deutschland eröffnet. Welche Aufgabe übernimmt die Hyundai Training Academy?

Karl Hell: In Hösbach konzentrieren wir künftig die Weiterbildung der Hyun­dai-Mitarbeiter in Service und Handel. Die neuen Räumlichkeiten erlauben die enge Verknüpfung von Theorie und Praxis. Eine Gruppe aus 12 bis 15 Teilnehmern wechselt nach der Theorie in einem der elf Schulungsräume direkt in die Praxisräume mit vier Hebebühnen und dem vollständigen Service-Equipment. Was man in der Theorie gelernt hat, kann man sich hier direkt am Fahrzeug anschauen und ausprobieren.

asp: Wer wird in Hösbach geschult?

K. Hell: In der Training Academy schulen wir vor allem Serviceberater, Mitarbeiter im Teilelager, Mechaniker, aber auch Personal aus dem Verkauf. Der Schwerpunkt liegt eindeutig bei den Servicemitarbeitern und den Verkäufern. Diese müssen die Fahrzeuge verstehen. Hier erhalten sie Unterstützung von geschulten Trainern.

asp: Wie entwickelt sich der Service bei Hyundai perspektivisch?

K. Hell: Wir haben aktuell eine sehr gute Werkstattauslastung in den Betrieben. Auf lange Sicht müssen wir uns darauf einstellen, dass der Service- und Reparaturbedarf durch den Einzug der Elektrofahrzeuge abnehmen wird. Wir leben in den Markenbetrieben in erster Linie vom Fünf-Jahresfuhrpark im Bestand - solange die Autos in der Garantie sind, kommen sie zur Markenwerkstatt. Auch wenn wir uns mit dem Bestandsfuhrpark noch auf Jahre hinaus in der "alten Servicewelt" bewegen werden, so zeichnet sich doch ab, dass die Umstellung auf Elektromobilität nach ganz neuen Strategien ruft. Unsere Strategie lautet daher: einerseits das Verbesserungspotenzial in der alten Verbrennerwelt noch besser ausschöpfen und gleichzeitig die Betriebe gezielt auf die neue Servicewelt vorbereiten.

asp: Was ändert sich durch die E-Fahrzeuge?

K. Hell: Der durchschnittliche Wartungsbedarf beim E-Fahrzeug liegt bei 0,7 Stunden - das ist in etwa halb so viel wie bei einem modernen Verbrenner. Um das auszugleichen, muss man entweder mehr Autos verkaufen oder mit neuen Angeboten im Service Geld verdienen. Der Gesamtbestand von Hyundai von Fahrzeugen bis fünf Jahre lag 2021 bei insgesamt 518.000 Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor, 35.000 Plug-in-Hybriden und 45.000 batterieelektrischen Fahrzeugen. Die Anzahl der Verbrenner im Markt ging von 2019 bis 2021 trotz gestiegener Neuwagenverkäufe mehr als zehn Prozent zurück. Das ist der Trend. Der Reparaturbedarf durch Verschleiß ist beim batterieelektrischen Auto dramatisch geringer. Der Motor arbeitet praktisch verschleißfrei, die Bremsen werden aufgrund der Rekuperation deutlich weniger benutzt. Zudem verändert sich die Art und Weise, wie repariert wird.

asp: Was heißt das konkret?

K. Hell: Im Wesentlichen haben Sie fünf grundlegende Komponenten im Elek­trofahrzeug. Die Tendenz geht dahin, komplette Komponenten einfach auszutauschen: E-Motor, Batterie, Steuereinheit, Ladeeinheit und Übersetzung. Derzeit werden die kompletten Komponenten nach der Fehler-Diagnose ausgetauscht. Weil dies auf lange Sicht teuer und wenig ressourcenschonend ist, wird man sich damit auseinandersetzen müssen, wie diese Teile kostengünstig wieder aufbereitet werden können. Es werden daher zentrale Wiederaufbereitungsfirmen entstehen, die diese Rolle übernehmen. Ansätze hierzu sind bereits zu sehen, beispielsweise bei der Aufbereitung alter Batterien.

asp: Sie sagen, es kann auch noch viel in der Verbrennerwelt verbessert werden - was meinen Sie damit?

K. Hell: Die alte Verbrenner-Welt geht ja nicht von heute auf morgen verloren: Da gibt es noch sehr viel Professionalität, die ausgebaut werden kann. Stand heute gehen wir bei den verkauften Stunden jedes Jahr ca. fünf Prozent zurück, dafür verkaufen wir zwar jedes Jahr mehr Fahrzeuge - aber langfristig reicht dies nicht, um einen Ausgleich herbeizuführen. Allein durch aktiven Serviceverkauf können bis zu 15 Prozent ausgeglichen werden. Hier liegt noch sehr viel Potenzial brach.

asp: Wo setzen Sie konkret an?

K. Hell: Wir können deutlich besser werden beim Verkauf von Zubehör wie Fahrradanhänger oder Nachfüll-Öl, um nur zwei Beispiele zu nennen. Auch im Reifengeschäft gibt es noch viel zu tun. Oder schauen Sie auf das Geschäft der Scheibenreparatur mit Spot Repair: Wenn der Kunde mit einem Steinschlag in der Annahme steht - warum schickt man den dann zum Glasspezialisten? Auch beim Batterieverkauf liegt einiges im Argen: Dass die meisten Batterien immer noch vom ADAC verkauft werden, liegt daran, dass dem Thema offenbar in der Werkstatt zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Der Batterietest sollte daher in jeder Werkstatt Standard sein.


"Wir müssen uns künftig mit ganz neuen Konkurrenten im Markt aus­einandersetzen. "

Karl Hell, Hyundai Motor Deutschland


asp: Wie bereiten Sie Betriebe auf die neue Servicewelt vor?

K. Hell: In der neuen Servicewelt werden Verbrenner nicht mehr die dominante Rolle spielen. Wir haben es mit ganz anderen Themen zu tun: Verkauf von Lade­infrastruktur wie Wallboxen, Ladekabel oder sogar Solarzellen - das sind einige Stichworte dazu. Dies erfordert ganz neues Know-how bei den Mitarbeitern, die wir in diese neue Welt mitnehmen müssen. Unsere Strategie dafür lautet Service 4.0. Wir müssen uns künftig zusätzlich mit neuen Konkurrenten im Markt auseinandersetzen. Das sind dann nicht mehr nur andere Automobilhersteller oder der freie Reparaturmarkt, das sind zunehmend auch Energieversorger oder Versicherungen. Für Energieversorger ist das Automobil das Vehikel, um Stromverträge zu verkaufen, denn mit dem Strom verdienen sie ihr Geld. Unser Know-how ist und bleibt das Automobil, aber wir müssen künftig auch den Rest der Wertschöpfungskette beherrschen.

asp: Wie weit geht Kompetenz beim Händler?

K. Hell: Die Elektro-Kompetenz muss man schrittweise aufbauen in den Betrieben. Die Kundschaft kommt mit vielen Fragen rund um das Thema E-Mobilität. Der Verkäufer muss darauf Antworten haben. Hyundai unterstützt daher den Automobilhandel mit entsprechenden Trainings. Am Anfang steht das Basiswissen für das Personal im Kundenkontaktbereich. Zusätzlich werden alle Servicemitarbeiter und Mechatroniker technisch geschult.

asp: Können Sie das Schulungskonzept näher erläutern?

K. Hell: Wir haben schon seit Jahren das System der dreistufigen Ausbildungslevel: Certified, Expert und Master. Diese Dreiteilung haben wir für alle Bereiche im Service und im Teilelager. Das sind jeweils mehrtägige Schulungen. Für den Master sind es insgesamt 21 Tage. Außerdem setzen wir für manche Inhalte stark auf digitale Schulungen am Rechner. In der Hyundai-Servicestrategie 4.0 haben wir alles, was der Handel braucht. Welche Schulung aus der umfangreichen Toolbox Sinn macht, erkennt man an bestimmten Kennzahlen (KPI), die recht verlässlich zeigen, wo Schulungsbedarf besteht. Wenn beispielsweise die Anzahl der fakturierten Stunden pro Servicedurchgang einen bestimmten Schwellenwert unterschreitet, besteht dort Handlungsbedarf. Dann muss man überlegen, wie in der Dialogannahme der aktive Serviceverkauf in dem Betrieb verbessert werden kann.

asp: Wo sehen Sie noch Schulungsbedarf in den Betrieben?

K. Hell: Weitere Bereiche, die wir über Schulungen abdecken, sind der Zubehörverkauf für E-Fahrzeuge, also alles von der Ladesäule bis zur Solaranlage, sowie das Potenzial der Bestandskunden. Wenn wir die Kunden in den Segmenten zwei und drei abholen wollen, müssen wir verstehen, wie wir diese Kunden ansprechen müssen. Der Blick fällt hier auf angepasste Stundenverrechnungssätze und günstige Ersatzteile. Wir haben eine zweite Teillinie in OE-Qualität, die ist 40 Prozent günstiger, dafür geben wir nur ein Jahr Garantie. Weitere strategische Themen sind der Klimaservice und das Reifengeschäft. Und hier geht es nicht nur um das Winter­räder-Geschäft. Wir müssen darüber nachdenken, die Betriebe mit Kommissions­ware auszustatten, denn nur wenn die gängigen Reifen auf Lager sind, kann der Händler diese verkaufen und sofort montieren.

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