Zwei-Massen-Schwungrad
Weil ein defektes Zwei-Massen-Schwungrad (ZMS) eine neue Kupplung schnell alt aussehen lässt, darf das ZMS beim Kupplungswechsel nicht ungeprüft bleiben. Ein neues Werkzeug erlaubt dessen Prüfung im eingebauten Zustand.
Was haben Schwingungsdämpfer (Stoßdämpfer) und Zwei-Mas-sen-Schwungrad (ZMS) ge-meinsam? Zur vollständigen und eindeutigen Prüfung müssen beide ausgebaut werden. Beim Zwei-Massen-Schwungrad beträfe das u. a. die Kennlinienermittlung für die Bogenfedern, was mit Mitteln der Werkstatt jedoch nicht machbar ist. Somit beschränkte sich die Prüfung des ZMS bisher auf sichtbare Mängel wie Verfärbungen, Riefen oder austretendes Fett.
Zur Automechanika 2008 präsentierte LuK (Schaeffler Gruppe Automotive Af-termarket) ein neues Werkzeug, mit dem in Werkstätten die Grundfunktionen des ZMS geprüft werden können, und zwar im eingebauten Zustand. Konkret betrifft die Prüfung Kippspiel und Freiwinkel. Der Freiwinkel ist der Winkel, um den sich Primär- und Sekundärschwungscheibe gegeneinander verdrehen lassen. Das Er-gebnis beider Prüfungen ist die Grundlage für die Entscheidung, ob beim Kupplungswechsel auch das ZMS zu erneuern ist, denn ein verschlissenes oder defektes ZMS schädigt die neue Kupplung. Dazu müssen zunächst die ermittelten Werte mit den Sollwerten der jeweiligen ZMS-Artikelnummer verglichen werden. Zu finden sind die Sollwerte auf einer Datenscheibe, im Internet unter www.repxpert.de oder www.schaeffler-aftermarket.de sowie auf einer CD, die dem Werkzeug beiliegt und dessen bebilderte und mehrsprachige Be-dienungsanleitung enthält.
Werkzeugsatz, Arbeitsschritte
Der Werkzeugsatz besteht aus Hebel mit Gradscheibe, Gestänge für Gradscheibe, Messuhr, Messuhrhalter, Schwungrad-Blockierwerkzeug, Distanzstücke für das Schwungrad-Blockierwerkzeug, einigen Adaptern und der Bedienungsanleitung. Zunächst zur Prüfung des Freiwinkels: Nach Ausbau von Getriebe und Kupplung können die entsprechenden Aufnahme-adapter in zwei gegenüberliegende Gewindebohrungen geschraubt werden. Liegen die Gewindebohrungen nicht gegenüber, was bei einigen ZMS-Ausführungen der Fall ist, kann der Hebel nicht mittig montiert werden. Alternativ lässt sich der Freiwinkel durch Zählen der Zähne des Starterkranzes ermitteln. Nun den Hebel an die Adapter anbauen, die Langlöcher des Hebels mittig zu den Adaptern ausrichten und das ZMS mit dem Blockierwerkzeug, einer Getriebeschraube und ggf. Distanzstücken fixieren. Die Messpunkte des Freiwinkels sind die beiden Anschläge der Sekundär-Schwungscheibe an die un-belastete Bogenfeder. Dazu
das Gestänge der Gradscheibe am Starterkranz fixieren,
die Sekundär-Schwungscheibe entgegen dem Uhrzeigersinn drehen, bis die Bogenfeder spürbar ist,
den Hebel langsam loslassen, bis sich die Bogenfeder entspannt, und dabei den Zeiger der Gradscheibe nullen,
die Sekundär-Schwungscheibe im Uhr-zeigersinn drehen, bis die Bogenfeder spürbar ist,
den Hebel langsam loslassen, bis sich die Bogenfeder entspannt, dabei den Anzeigewert auf der Gradscheibe ablesen und mit dem Sollwert vergleichen
Das Kippspiel des ZMS lässt sich mit einer Messuhr prüfen, deren Halter am Motorblock oder an der Ölwanne befestigt ist. Vorgehensweise:
Messuhr mittig auf Adapter ausrichten und einen Millimeter vorspannen
Hebel vorsichtig in Richtung Motor drücken, bis ein Widerstand spürbar ist, und Messuhr nullen
Hebel vorsichtig in die entgegenge-setzte Richtung ziehen, bis ein Widerstand spürbar ist, Messwert ablesen und mit Sollwert vergleichen
Zweiter Kupplungslebenszyklus?
"Nach der optischen und messtechnischen Prüfung muss der Mechaniker entscheiden, ob das ZMS im Fahrzeug verbleiben kann oder ebenfalls getauscht werden muss. Zentrale Frage dabei ist, ob das ZMS noch einen zweiten Kupplungslebenszyklus übersteht. Insbesondere bei höher belasteten Fahrzeugen wie zum Beispiel Taxis oder Fahrschulwagen ist ein erhöhter Verschleiß des ZMS wahrscheinlich. Im Zweifelsfall sollte sich eine Werkstatt im Rahmen einer professionell durchgeführten Kupplungsreparatur immer zum Aus-tausch des ZMS entschließen", so die Empfehlung der ZMS-Spezialisten von LuK (Schaeffler Gruppe Automotive Af-termarket). Peter Diehl