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Selbstversuch

18.11.2011 12:02 Uhr

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Neues Kältemittel R-1234yf

Premiere im hessischen Friedberg: Gemeinsam mit Subaru, Robinair und Honeywell vollzog die asp-Redaktion Ende Oktober den vermutlich ersten echten Klimaanlagenservice an einem Fahrzeug mit R-1234yf-Befüllung.

Die Diskussion über das neue Kli-maanlagen-Kältemittel wird seit dem Start nicht auf sachlicher, sondern auf emotionaler Ebene geführt. Begriffe wie Brandgefahr und Flusssäurebildung sind Belege dafür; längst geht es nicht mehr um Umweltverträglichkeit. Höchste Zeit, die Ebene zu wechseln, die Diskussion zu versachlichen. Dazu soll ein für Werkstattprofis nahe liegender Versuch beitragen, den die asp-Redaktion Ende Oktober mit drei Kooperationspartnern unternahm. Gemeinsam mit Autoimporteur und Gastgeber Subaru Deutschland, Werkstattausrüster SPX und Kältemittelhersteller Honeywell wurde der vermutlich erste echte und vollständige Klimaanlagenservice an einem Pkw mit R-1234yf-befüllter Klimaanlage vollzogen. Daran nahmen insgesamt neun Personen teil:

von Subaru die Kundendienst-Trainer Volker Bomba und Kay Hottner

von SPX Service Solutions Germany/Europe (Robinair-Klimaservicegeräte) OE-Verkaufsdirektor Raphael Disler, AC-Produktmanager Paolo Ricci und Kundendiensttechniker Ralf Halach

von Honeywell Specialty Chemicals Seelze Geschäftsführer Dr. Björn Jackisch und Kommunikationsdirektorin Sabine Chmielewski

von asp Auto Service Praxis die Redakteure Bernd Reich und Peter Diehl

Probanden waren der neue Subaru XV und das ebenso neue Klimaanlagen-Service-gerät Robinair AC 1234-8. In Letzterem ist im Gegensatz zum von Subaru-Hersteller Fuji Heavy Industries bereits freigegebenen Servicegerät Robinair AC 1234-7 ein Kältemittelanalysegerät integriert. So- viel vorweg: Fahrzeug und automatisches Servicegerät arbeiteten perfekt zusammen, es traten keinerlei Probleme auf.

Der Klimaanlagenservice begann mit dem bislang ungewohnten Arbeitsschritt Kältemittelanalyse. Vermutlich wird sie in Zukunft eine weitaus größere Rolle spielen als im Zusammenhang mit R-134a. Diese Vorgehensweise erscheint angesichts des neuen Kältemittels als eine nötige Vor-sichtsmaßnahme (vgl. Infokasten „Kältemittelanalyse sinnvoll“ auf Seite 14). Die Kältemittelanalyse erforderte nur wenige Minuten und endete in diesem positiven Fall mit der Displayanzeige „Kältemittel – Reinheit akzeptabel“ (vgl. Bilder auf den Seiten 12 und 13). Für den negativen Fall besitzt das Robinair-Servicegerät auf der Rückseite einen Entsorgungsanschluss.

Bevor die Schritte Absaugen und Eva-kuieren starteten, erfolgte die Entleerung der Servicegerät-Schläuche. Überhaupt wird heute wesentlich mehr Wert auf die Genauigkeit der Servicegeräte gelegt. Die unmittelbar folgenden Schritte Absaugen, Evakuieren und Druckanstieg-Überwachung unterscheiden sich nicht von der bisher bekannten Vorgehensweise.

Absaugen über die Niederdruckseite

Auch das ist nichts Neues: Weil das passende Kompressoröl nicht zur Verfügung stand, erfolgte das Absaugen des Kältemittels ausschließlich über die Nie-derdruckseite des Klimaanlagenkreislaufs. Für Fahrzeuge mit Hybridantrieb, deren elektrisch angetriebene Klimakompressoren ein eigenes, elektrisch nicht leitendes Öl benötigen, verfügt das Servicegerät über einen zweiten Ölbehälter. Vor dem Wechsel zwischen den Ölsorten werden die Schläuche vom Gerät gespült. Vor dem Wiederbefüllen der Klimaanlage des Su- baru XV verlangte das Servicegerät nach einer Leckprüfung der Anlage, die natürlich – das Auto stand als Exponat auf der IAA in Frankfurt und ist nagelneu – keine Beanstandung ergab. Übrigens empfiehlt SPX hierfür, „damit die Leckprüfung nicht fehlschlägt“ (Originalton der Betriebsanleitung), zwischen Fahrzeug und Servicegerät eine maximale Temperaturdifferenz von fünf Kelvin (Grad Celsius), was im Winter für nachts und im Sommer für tagsüber im Freien abgestellte Fahrzeuge bedeutsam erscheint.

Nach rund einer Stunde war der erste Klimaservice an einem mit neuem Kältemittel befüllten Fahrzeug beendet. Die für 420 bis 480 Gramm Kältemittel vorge-sehene Anlage wurde mit exakt so viel Kältemittel befüllt, wie zuvor entnommen wurde: 450 Gramm, der Mittelwert.

Spezielles Gerät, Schutzausrüstung

Das Fazit: Auch der Service an einer mit R-1234yf befüllten Klimaanlage ist kein Hexenwerk, sondern ein auf die Möglichkeiten von Werkstätten und Autohäusern abgestimmter und dort ohne Weiteres aus-führbarer Vorgang. Nötig ist ein spezielles Servicegerät, bei dem nicht nur das Kältemittel, sondern auch die Genauigkeit neu ist. Darauf müssen sich Werkstattprofis einstellen. Auch schadet es nicht, eine persönliche Schutzausrüstung (normgerechte Handschuhe und Schutzbrille) zu besitzen und zu tragen. Sie schützt vor Unfällen mit austretendem Kältemittel, was nichts mit den Eigenschaften des neuen Kältemittels, sondern generell mit dessen Temperatur im Expansionsfall (R-1234yf wie R-134a) zu tun hat. Problematisch ist also weder die Technik noch das veränderte Betriebsmittel, sondern ein ganz anderer Punkt: Längst nicht alle Be- teiligten gingen und gehen ehrlich miteinander um. Der Ver-band der Automobilindustrie (VDA) zö- gerte damals viel zu lang, den längst vollzogenen Schwenk von R-744 (Kohlendioxid, CO2) zu R-1234yf publik zu machen. Dieses Zögern vergrößerte nur die Angriffsfläche, die man der Deutschen Umwelthilfe (DUH) bot. Da- raus gelernt hat der VDA offenbar nichts. Der von vielen Werkstattausrüstern als die Grundlage ihrer Ser-vicegeräte-Entwicklung benannte, so genannte VDA-Richtlinienkatalog wird seitens des Verbands als Verschlusssache behandelt. Pressesprecher Eckehart Rotter antwortete auf eine asp-Anfrage wörtlich: „Die von Ihnen angesprochene Unterlage liegt mir nicht vor.“ Was soll man darauf antworten? Danke für die Information.

Preisspekulationen und -gerüchte

Auch bei Honeywell scheint die Lernfähigkeit begrenzt. Der Konzern, der nach dem bekannten Brandversuch der DUH jegliche Kommunikation verweigerte, das aber inzwischen als Fehler einräumt, gibt bis heute keine Auskunft zum Preis des neuen Kältemittels, was Spekulationen und Gerüchten Tür und Tor öffnet. Peter Diehl

Kommentar

Lobby gegen Lobby

Bei genauer Analyse lässt sich die noch immer anhaltende Diskussion über Sinn oder Unsinn des neuen synthetischen Kältemittels R-1234yf auf diese einfache Formel reduzieren: Lobby kämpft gegen Lobby. Dabei hat die R-1234yf-Lobby bereits einen ent-scheidenden Sieg errungen: Ihr Kältemittel wird demnächst in Serienfahrzeuge abgefüllt. Doch die Gegenlobby (Kohlendioxid, kurz CO2) verbucht kontinuierlich viele kleine Erfolge: Autofahrer und selbst Fachleute sind nach den Veröffentlichungen der so genannten Deutschen Umwelthilfe (DUH) und den Berichten einer Publikumszeitschrift massiv verunsichert.

Von verschiedenen Seiten wurde der asp-Redaktion zugetragen, dass es sich bei dieser Diskussion vor allem um eine deutsche Erscheinung handelt. Lediglich italienische Medien würden ebenfalls Fragen stellen, wobei der Tonfall ein leiserer sei.

Mag sein, dass sich bei einem Brand aus R-1234yf mehr Flusssäure entwickelt als aus R-134a – theoretisch, denn bei einem Brand herrschen keine Laborbedingungen. Die von Honeywell gemessene Konzentration von fünf ppm (vgl. asp 10/2011, Seiten 10/11) müsste gesammelt und stabil auftreten, um Schaden anzurichten. Doch Flusssäure ist eine reaktionsfreudige Chemikalie und bei einem Brand überschlägt sich die Thermodynamik.

Praktisch haben Fahrzeuginsassen in einem solchen Fall ohnehin andere Sorgen. Die Stichworte lauten Hitzeentwicklung (laut Honeywell entsteht Flusssäure erst jenseits 700 Grad Celsius, übrigens auch aus R-134a), Sauerstoffmangel und Kohlenmonoxidkonzentration. Mit anderen Worten: Menschen, die mit Flusssäure in Kontakt kommen, sind längst tot. pd

Eine Frage an ...

Hermann Heigl

Das Klimaanlagen-Kältemittel ist nur einer von mehreren Kraft- oder Be- triebsstoffen im Automobil. Welcher ist der gefährlichste?

Aus meiner Sicht und bezogen auf den normalen Umgang, geht von Treibstoffen, speziell von Ottokraftstoff, LPG und CNG, für den Fahrzeugführer eine höhere Gefahr als von Klimaanlagen-Kältemitteln aus. Wer benutzt für den Umgang mit diesen Gefahrstoffen die erforderlichen Schutzausrüstungen, die im gewerblichen Bereich über Risikobewertung, Gefährdungsbeurteilung und Betriebsanweisung vorgeschrieben sind? Anders formuliert: Welcher private Nutzer kennt die Gefahren, die von Treibstoffen ausgehen und ihn gefährden können, wenn er diese Gefahrstoffe unsachgemäß handhabt?

Hermann Heigl, Kfz-Meister und pensionierter Technischer Oberamtsrat im Ge- werbeaufsichtsamt München-Land, ist mit Heigl Consulting beratend tätig.

Internet

Archivfunktion

„Aufgrund der zahlreichen Befürchtungen sind die Hersteller des Kältemittels sicher gut beraten, weiter zu klären, was R-1234yf im konkreten Anwendungsfall Autoklimaanlage für ein Ver-halten im Brandfall und bei anderen Störungen zeigt und welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind“, erklärte Prof. Dr. Dr. Alex Lechleuthner, Leiter des Instituts für Notfallmedizin der Be- rufsfeuerwehr Köln und Professor am Institut für Rettungsingenieurwesen und Gefahrenabwehr an der FH Köln, im Gespräch mit dem Online-Dienst von asp Auto Service Praxis. Sämtliche Beiträge, die zum Thema neues Klimaanlagen-Kältemittel von asp online veröffentlicht wurden, sind zu einem Dossier zusammengefasst und mit diesem Direktlink erreichbar:

www.autoservicepraxis.de/

klima-kaeltemittel

Daimler und Opel

Ausnahmegenehmigungen?

Branchengerüchte besagen, zwei deutsche Automobilhersteller hätten für jeweils eine neue Baureihe eine Ausnahmegenehmigung erhalten und dürften somit trotz Typprüfung nach dem 1. Januar 2011 weiterhin das bisherige Kältemittel R-134a verwenden:

Daimler für die neue Mercedes-Benz B-Klasse und

Opel für den Astra GTC

Wir haben beide Hersteller befragt und diese Antworten erhalten:

„Fakt ist, dass sich durch das Erdbeben in Japan bei den in Frage kommenden Lieferanten ein zeitlich befristeter Lieferengpass ergeben hat. Daimler hat deshalb das KBA informiert, dass die Produktion der B-Klasse temporär nur mit dem bisher verwendeten Kältemittel R-134a erfolgen kann, eine Umstellung auf das neue Kältemittel aber erfolgen wird, sobald es von den Lieferanten verfügbar ist. Ein Ausnahmeantrag wurde nicht gestellt.“ Matthias Brock, Daimler AG

„... Der ... Astra GTC basiert auf der aktuellen Astra-Architektur, die vor 2011 typgeprüft wurde. Somit verfügt der Astra GTC über eine Typprüfung mit R-134a.“

Manfred Daun, Adam Opel AG

Servicegerät

Kältemittelanalyse sinnvoll

Die ersten Pkw mit Kältemittel R-1234yf kommen im Frühjahr bzw. Sommer 2012 auf den Markt: Mazda CX-5, Subaru XV und Toyota Prius+. Für diese und alle anderen mit dem neuen Kältemittel befüllten Fahrzeuge benötigen Werkstätten und Autohäuser ein separates Servicegerät, wie es Werkstattausrüster SPX schon im Programm hat. Für das Servicegerät Robinair AC 1234-7 (ohne Kältemittelanalyse) liegt bereits eine Freigabe seitens des Subaru-Herstellers Fuji Heavy Industries vor. Zum Premieren-Klimaservice am Subaru XV verwendete SPX jedoch das Servicegerät Robinair AC 1234-8 (mit Kältemittelanalyse); beides sind Automaten. Die Integration der Kältemittelanalyse in das Servicegerät erscheint insbesondere beim Übergang zu einem neuen Kältemittel sinnvoll. Schließlich weiß man nicht, welches Kältemittel in den Klimaanlagen von Fahrzeugen, die, beispielsweise während Urlaubsfahrten, außerhalb Deutschlands gewartet oder instand gesetzt wurden, zirkuliert. Verfügbarkeit und Preis von R-1234yf werden darüber entscheiden, wie häufig es zur „Alternativbefüllung“ kommt. In einem solchen Fall dürften die Kosten für Kältemittelentsorgung und Servicegerätreinigung die Mehrkosten eines kombinierten Service- und Analysegeräts übersteigen.

SPX/Robinair im Internet: www.ac1234yf.com, www.spxeurope.com

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