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Künftig mit Napf

17.06.2011 12:02 Uhr

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Neue Anschlusstechnik

Die nächste Generation der Zündkerzen von Bosch hat eine neue Kontaktierung: Napf statt SAE-Mutter. Einige andere Weiterentwicklungen erfordern erhöhte Aufmerksamkeit in Werkstatt und Autohaus.

Seit ihrer Patentanmeldung im Jahr 1902 erfuhr die Zündkerze zahlreiche und intensive Entwicklungsfortschritte, die ihr jedoch nur zum Teil äußerlich anzusehen sind. Erkennbare Änderungen betreffen vor allem Größe und Form. Das Erstlingswerk von Bosch mit verschraubtem Einbau und ebensolcher elektrischen Kontaktierung ist nur noch bei den ganz alten „Schätzchen“ ein Thema. Doch Kerzen mit Gewinde M18 sollten älteren und/oder Klassiker-affinen Werkstattprofis noch in guter Erinnerung sein. M14-Zündkerzen sind heute die am weitesten verbreitete Größe, wobei bereits ihre Ablösungen in Form von M12- und M10-Kerzen existiert, Letztere mit Langgewinde und vorgezogener Funkenlage.

Im Zusammenhang mit der Auslegung des Motors werden drei Funkenarten un- terschieden: Luft-, Gleit- und Luft-Gleit-Funken. Den Luftfunken kennt man von vielen Anwendungen, er springt von der Mittel- zur Masseelektrode. Seine exakte Position prädestiniert ihn auch für den Einsatz bei Direkteinspritzern. Bei den Gleitfunken-Konzepten gleitet der Funke von der Mittelelektrode über die Keramik und springt dann durch einen kleinen Luftspalt zur Masseelektrode, was mit Vorteilen bei Zündsicherheit (niedrigere Überschlagspannung, längere Brenndauer) und Freibrandverhalten verbunden ist. Bei hoch aufgeladenen Motoren kann sich der Funke auf Grund des höheren Zündspannungsbedarfs allerdings in die Keramik eingraben, so dass der Einsatz auf nicht aufgeladene Motoren begrenzt ist. Nochmals mehr Zündsicherheit bei ebenfalls gutem Freibrandverhalten verspricht der Luft-Gleit-Funke, den es allerdings so gar nicht gibt; abhängig von den Brennraumbedingungen, entsteht entweder ein Luft- oder ein Gleitfunke, was den Einsatz derartiger Zündkerzen bei Direkteinspritzern ausschließt. Sein Vorteil ist die deutlich niedrigere Zündenergie.

Beginnend in den 1980er Jahren, wur-den vermehrt Edel- und Seltenerdmetalle als Mittel- und Masseelektrodenwerkstoffe eingesetzt. Stichworte: Platin, Iridium und Nickel-Yttrium. Als Basiselektrode wird eine Nickel-Yttrium-Legierung eingesetzt, auf die bei der Mittelelektrode ein Edelmetallstift per Laser aufgeschweißt wird. Die Masseelektrode enthält ein lasergeschweißtes Inlay aus Platinlegierung. Die Werkstoffe verlängern die Standfestigkeit der Zündkerze, heute sind bis zu 100.000 Kilometer erreichbar.

Ausfallursachen damals und heute

Bei der Veränderung der Ausfallursachen von Zündkerzen muss zunächst ebenfalls die Situation in den 1980er Jahren betrachtet werden. Damals enthielt Benzin noch Blei; auch Bleiablagerungen reduzierten die Standfestigkeit. Heute sind nur Erosion und Korrosion Ursachen dafür.

Eine aktuelle Entwicklung, die auch auf die Zündkerzentechnik Einfluss nimmt, ist das Downsizing, die Reduzierung von Hubraum und/oder Zylinderzahl in Ver-bindung mit Aufladung. Die verbindende Größe ist der Verdichtungsenddruck im Brennraum, der durch Downsizing wuchs und künftig weiter wachsen wird. Höhere Dichte der Füllung verlangt nach ebenfalls höherer Zündspannung, was gesteigerte Durchschlagfestigkeit des Keramikkörpers (Isolators) nach sich zieht. Erich Breuser, Gruppenleiter Entwicklung im Produktbereich Zündkerze der Robert Bosch GmbH, fasst die damit verbundene Herausforderung so zusammen: „50 Kilovolt sicher zu isolieren, ist nicht ohne Schwierigkeit.“

Die Lösung ist eine veränderte Zündkerzenbauform: Der Isolator wird ca. neun Millimeter länger und somit deutlich länger. Diese Anschlussart kann auch für Zündkerzenkonzepte mit neun Millime-ter Kopfdurchmesser eingesetzt werden. Wenn die Isolatorlänge zunimmt, jedoch insgesamt nicht mehr Bauraum zur Verfügung steht, muss ein anderes Teil der Kerze kleiner werden. Dieses Teil ist die Kontaktierung. Will heißen: Nach vielen Jahrzehnten identischer Kontaktierung geht man bei Bosch nun zu einer anderen Va- riante über. Statt Bolzen mit SAE-kon-former Anschlussmutter aus Stahl oder Messung, auf die der Federkontakt des Kerzensteckers geschoben wird, kommt ein Bolzen mit flachem Napf zum Einsatz (vgl. Bilder auf Seite 10). In diesen Napf greift der Kontaktstift des Kerzensteckers. Die Bauhöhe der Kontaktierung reduziert sich damit auf rund die Hälfte. Die ersten Zündkerzen mit neuartiger Kontaktierung und Gewinde M12 und einer Gewinde-länge von 26,5 Millimeter sollen bereits in diesem Jahr „in einen Kleinwagen einer deutschen Marke“ eingebaut werden. 2012 folgen Kerzen mit Gewinde M10, sagt Erich Breuser von Bosch.

Eine andere Weiterentwicklung der Zündkerzentechnik sind größere Kupferkerne in den Mittelelektroden, die einer verbesserten Wärmeabfuhr dienen. Nahm der Kern aus Kupfer bislang rund 24 Pro-zent des Mittelelektroden-Volumens ein, sind es heute rund 55 Prozent.

Hingegen nicht durchgesetzt hat sich die Ionenstromdiagnose als Möglichkeit der Erkennung von Zündaussetzern, ein-gesetzt bei Mercedes-Benz und Saab, doch inzwischen vom Markt verschwunden. Dafür gibt es zwei Gründe: „Zum einen war der Aufwand zur Applikation des Systems recht hoch. Zum anderen verursachten Ablagerungen auf den Elektroden Qualitätseinbußen des Signals. Diese sind auf Ölaschen zurückzuführen. In manchen Ländern werden dem Kraftstoff heute auch Additive, beispielsweise Ferrocen oder MMT, zugesetzt, die die Situation weiter verschlechtern“, erklärt Erich Breuser.

Welche Entwicklungsschritte folgen als nächste? Bereits seit geraumer Zeit ist von der Zündung von Ottomotoren per Mikrowelle, Hochfrequenz oder Laser die Rede. Fest steht, so Bosch: Solche Systeme sind allesamt noch nicht serienreif.

Die zahlreichen Weiterentwicklungen nicht nur der Zündkerzentechnik haben auch Auswirkungen auf Service und Reparatur. Fünf Beispiele für die somit erhöhten Anforderungen an Werkstattprofis:

Benzindirekteinspritzungen gibt es als luftgeführte, wandgeführte und strahlgeführte Systeme. Bei der strahlgeführten Direkteinspritzung (Schichtbrennverfahren) ist die exakte Positionierung des Zündfunkens und somit der Zündkerze nötig. Für Motoren mit dieser Einspritzung vorgesehene Zündkerzen erkennt man an diesen beiden Details:

es ist auf der Verpackung notiert

die Zündkerzen haben massive statt gefaltete Dichtringe

Konkrete Einbausituation: Die Position der Masseelektrode zum Injektor ist genau definiert, es gibt eine verbotene Position. Für den Zündkerzenwechsel bedeutet das, die Angaben des Automobil- oder Kerzenherstellers exakt einzuhalten. Das sind:

Drehmomentschlüssel verwenden

vorgeschriebenes Moment einhalten

Hält man sich nicht an die genannten Vorgaben, kann es zu schlechtem Start-verhalten, Zündaussetzern, Motor- und Katalysatorschäden kommen. Fahrzeuge mit strahlgeführter Benzindirekteinspritzung sind in der Tabelle rechts aufgeführt.

Der Drehmomentschlüssel spielt auch beim zweiten Beispiel eine wichtige Rolle. Alfa Romeos Motoren mit Twin-Spark-Zylinderköpfen sind, wie der Name schon sagt, zwei Zündkerzen pro Zylinder eigen. Diese sind trotz gleicher Schlüsselweite (16 Millimeter, vgl. Tabelle auf Seite 12 oben) nicht identisch. Aufgrund unterschiedlicher Gewindegrößen (M14 und M10) sind auch die Anzugsdrehmomente nicht die gleichen, sondern betragen 28 (M14) und 15 Newtonmeter (M10). Die Kerzen lassen sich neben den Gewinde-größen auch anhand der Typformeln (F und U) unterscheiden. Mögliche Schäden bei Nichtbeachtung der Regel: zerstörte Zündspulen und Abdeckungen. Die Tabelle auf Seite 12 unten enthält Fahrzeuge von Alfa Romeo mit dieser Besonderheit.

Wer gewohnt ist, den Widerstand von Zündkerzen per Multimeter zu messen, erlebt bei Zündkerzen mit eingesinterten Mittelelektroden aus Platin eine Überraschung in Form eines sehr hohen Werts. Das lässt sich mit den unterschiedlichen Wärmeausdehnungskoeffizienten von Keramik, Kontakt- und Platinstift erklären, was bei Raumtemperatur zu einem 20 Mikrometer großen Spalt zwischen Kon-takt- und Platinstift führt; bei höheren Temperaturen schließt sich dieser Spalt, dessen Widerstand man irrtümlich misst. Um den korrekten Widerstandswert bei Raumtemperatur zu ermitteln, muss eine Messspannung von rund 15 Kilovolt an- liegen. Konventionelle Multimeter messen mit Spannungen kleiner zehn Volt, weshalb für diese Widerstandsmessung spezielle Multimeter nötig sind. Hier die Widerstandswerte von Zündkerzen ohne die genannte Besonderheit:

Beschriftung R0: 0 bis 0,2 Ohm

Beschriftung R1: 1 bis 2 Kiloohm

Beschriftung R3: 1 bis 5 Kiloohm

Beschriftung R6: 3 bis 9 Kiloohm

Beschriftung R10: 6 bis 14 Kiloohm

Kerzen mit Elektrodenabständen größer als 1,1 Millimeter sind durch den erhöhten Spannungsbedarf anfällig für Kopfüberschläge. Mit spezieller Isolationspaste lässt sich diese Gefahr vollständig vermeiden.

Bei bräunlicher Verfärbung der Keramik besteht die Gefahr der Falschinterpretation. Die Verfärbung entsteht durch so ge- nannte Coronaentladungen und beeinträchtigt nicht die Funktion. Peter Diehl

▶ Je nach der Auslegung des Motors unterscheidet man drei Funkenarten: Luft-, Gleit- und Luft-Gleit-Funken

▶ Kerzen mit neuer Kontaktierung: Napf und Stift statt Messing- oder Stahlmutter und Feder

Alfa Romeo-Typen mit Twin-Spark-Motor

Modell

Motorcode

Einbauzeitraum

Alfa Romeo 145

930 MY95

Oktober 1994 bis November 1996

Alfa Romeo 145

930 MY97

November 1996 bis Februar 1999

Alfa Romeo 145

930 MY99

Februar 1999 bis Dezember 2000

Alfa Romeo 146

930 MY95

Oktober 1995 bis November 1996

Alfa Romeo 146

930 MY97

November 1996 bis Februar 1999

Alfa Romeo 146

930 MY99

Februar 1999 bis Dezember 2000

Alfa Romeo 147

937

ab November 2000

Alfa Romeo 155

167 MY92

März 1995 bis April 1996

Alfa Romeo 155

167 MY96

Mai 1996 bis Oktober 1997

Alfa Romeo 156 Berlina

932

Oktober 1997 bis Oktober 2005

Alfa Romeo 156 Sport Wagen

932

Juni 2000 bis Dezember 2005

Alfa Romeo 166

936

ab Oktober 1998

Alfa Romeo GT

937

ab Oktober 2003

Alfa Romeo GTV

916

April 1995 bis Dezember 2005

Alfa Romeo Spider

916

April 1995 bis Februar 2006

Zwei Kerzen im TS

Typformel

U...

F...

Schlüsselweite

16 mm

16 mm

Gewinde

10 mm

14 mm

Anzugsdrehmoment

15 Nm

28 Nm

▶ Ionenstromdiagnose: Zu teuer für die Erkennung von Aussetzern, Qua-litätseinbußen durch Ablagerungen

Strahlgeführte Benzindirekteinspritzung

Marke

Modell

Motorcode

Einbauzeitraum

BMW

550i (F10)

N63 B44A

ab 2010

550i Gran Turismo (F07)

N63 B44A

ab 2009

X5 xDrive 50i (E70)

N63 B44A

ab 2010

650i (F12)

N63 B44A

ab 2011

X6 xDrive 50i (E71)

N63 B44A

ab Mai 2008

X6 Active Hybrid (E72)

-

ab 2010

750i/Li (F01/F02)

N63 B44A

ab November 2008

Active Hybrid 7 (F04)

-

ab 2010

Mercedes-Benz

C 350 CGI (W204)

M272.982

ab September 2008

E 350 CGI (W211)

M272.985

Limousine: Dezember 2007 bis März 2009T-Modell: ab Dezember 2007

E 350 CGI (W212)

M272.983

ab April 2009

CLS 350 CGI (C219)

M272.985

ab Juli 2006

hinzu kommen alle Modelle mit den neuen Motoren M276 (V6), M278 (V8) und M157 (V8 AMG)

Zündkerzen-Programm von Bosch*

Produktbezeichnungen

Besonderheiten/Empfehlungen

Super

wie Erstausrüstung, Elektroden ohne Edelmetall

Super plus

wie Erstausrüstung, hohe Marktabdeckung, alle Techniken und Materialien vertreten

Super 4 Premium Line

vier dünne Masseelektroden, Luftgleitfunkenkerze, Alternativangebot auch für ältere Fahrzeuge

Platinum

eingesinterte Platin-Mittelelektrode

Platinum Iridium

wie Erstausrüstung, Elektroden aus Edelmetall

Silber

Silber-Mittelelektrode, gute thermische Leitfähigkeit, geeignet für Motorsport

▶ Alfa Romeos Twin-Spark-Motoren: Kerzen mit gleicher Schlüsselweite, aber verschiedenen Drehmomenten

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STELLENANGEBOTE


Schaden- und Rücknahmegutachter (m/w/d)

Frankfurt am Main;Frankfurt am Main

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