Neuerscheinung: Auto und Karosserie
Aus der großen Masse der Neuerscheinungen zum auch bei Autoren beliebten Thema Automobilhistorie hebt sich ein Werk qualitativ wie quantitativ hervor: „Auto und Karosserie“ mit elf Jahren Entstehungszeit, 76 beteiligten Autoren und 850 Seiten Umfang. Die Lektüre des zu großen Teilen erstmals veröffentlichten Inhalts fesselt bis in den Anhang.
Große Werke erfordern ebensolche Zeiträume – und manchmal auch große Autorenzahlen. So geschehen bei „Auto und Karosserie“, einem neuen Standardwerk zu Automobilgeschichte und Karosseriebau. Vom Start der Recherche bis zum Erscheinungstermin vergingen knapp elf Jahre, in denen Herausgeber und Mitautor Erik Eckermann 75 weitere Autoren einbezog. Das Ergebnis ist ein Buch mit ca. 850 Seiten Umfang und 2,1 Kilogramm Gewicht, dessen auf den ersten Blick kaum überschaubarer Inhalt es verdient, von vorn bis hinten gelesen zu werden.
Das vom Verlag Springer Vieweg in die ATZ/MTZ-Fachbuchreihe eingeordnete Werk geht in der Fahrzeuggeschichte bis zum prähistorischen und antiken Wagenbau zurück, beschreibt Designrichtungen und Fertigungsmethoden, wobei weder gesellschaftliche Rahmenbedingungen noch militärische Entwicklungen außen vor gelassen werden. Für Werkstätten und Autohäuser besonders interessant erscheinen die Kapitel über Werkstoffe von Karosserien und Lacken sowie deren Reparatur und Restaurierung. Das Buch unternimmt zudem Ausflüge zu Prototypenbauern wie Lorenz & Rankl und Centingon sowie zu Zulieferern wie Edscha und Webasto.
Spätestens mit der Beschreibung von sage und schreibe 120 Wagen- und Karosseriebaufirmen erreicht „Auto und Karosserie“ eine Alleinstellung im Buchmarkt. Das Spektrum dieses 303 Seiten umfassenden Großkapitels geht somit weit über die Darstellung der „üblichen Verdächtigen“ hinaus und reicht von Aßmann in Eisenach über Beissbarth in München, Fleischer in Gera, Hornig in Meerane, die Karosseriewerke Dresden und Halle/Saale, Lueg in Bochum und Essen sowie Rudy in Delmenhorst bis zu Zschau in Leipzig.
Bei der detaillierten Betrachtung zweier beispielhafter Beschreibungen von Karosseriebaufirmen wird die Klasse der einbezogenen Autoren deutlich. Über das Karosseriewerk Dresden (KWD, vormals Gläser) schreibt der bekannte Automobilhistoriker Prof. Dr. Peter Kirchberg: „Als 1966 die Dresdener Flugzeugwerke geschlossen wurden, übernahm KWD an deren Standort die Pressmaschinen und konnte von nun an Großblechteile selbst herstellen. Im selben Jahr ist unter dem Dach des KWD ein großer Karosserieherstellerverbund gebildet worden, dem die Werke in Halle, Aschersleben, Meerane und Baalberge angegliedert worden sind. 1971 wurde dazu ein Sägewerk und Holzwagenbauer in Rosenthal (Sächsische Schweiz) integriert, wo die Wohnwagen ‚Bastei‘ (bis 1990 ca. 35.000 Stück) und Verkaufsanhänger (ca. 3.000 Stück) hergestellt wurden.“
Autoren mit Hintergrundwissen
Für das nachfolgende Unterkapitel zum Karosseriewerk in Halle/Saale, wo u. a. die „Tourist“ genannte Kombivariante des Wartburg 353 entstand, zeichnet ein Autor verantwortlich, der wie kein anderer für genau diese Aufgabe geeignet erscheint: Michael Stück. Der Ingenieur war über Jahrzehnte in leitenden Positionen im Kundendienst des Wartburg-Herstellers VEB Automobilwerk Eisenach (AWE) und zuletzt als Kundendienstleiter der AWE GmbH tätig.
Weitere bekannte Autoren von „Auto und Karosserie“ (Auswahl): Georg Amtmann, Eckart Bartels, Günter Engelen, Horst-Dieter Görg, Horst Ihling, Peter Kurze, Michael Graf Wolf Metternich, Immo Mikloweit, Dr. Harry Niemann, Dr. Werner Reichelt, Dr. Marcel Schoch, Christian Suhr und Joachim Syha.
Der 105-seitige Anhang stellt alle 76 Autoren vor, erklärt Wagen- und Karosseriebezeichnungen, enthält umfangreiche Begriffs- und Abkürzungserklärungen und weist auf einschlägige Techniker, Designer und Unternehmer hin.
Fazit: Wer im Oldtimerbereich mit-reden will, kommt an der Lektüre dieses neuen Werks nicht vorbei. Peter Diehl
Auto und Karosserie, Verlag Springer Vieweg (www.springer.com/springer+vieweg),
ISBN 978-3-658-01193-2, Preis 99,99 Euro