-- Anzeige --

Einvernehmlich?

16.12.2011 12:02 Uhr
Einvernehmlich?

-- Anzeige --

Arbeitsrecht

Die Kündigung wirft für Arbeitgeber und Arbeitnehmer immer wieder schwer überschaubare Fragen auf. Ein Überblick über die rechtliche Situation.

Ganze Heerscharen von Juristen beschäftigen sich tagtäglich in Deutschland mit Arbeitsvertragskündigungen, häufig, weil schon im Vorfeld nur schwer korrigierbare Fehler gemacht wurden. In vielen Fällen möchten Arbeitgeber ihren Mitarbeiter nämlich sofort loswerden und vergessen dabei, dass eine außerordentliche („fristlose“) Kündigung nur in Ausnahmefällen möglich ist. Nach § 626 BGB kann zwar ein Arbeitsverhältnis aus „wichtigem Grund“ ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn die Fortsetzung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unter Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht zumutbar ist. In der Regel muss es sich aber um grobe und bedeutsame Pflichtverletzungen einer Vertragspartei handeln, wie z. B. Straftaten oder vorsätzliche beharrliche Arbeitsverweigerung. Geht es um Leistungs- oder Verhaltensmängel, fordert die Rechtsprechung, dass vor der (fristlosen) Kündigung eine Abmahnung ausgesprochen wird. Die außerordentliche Kündigung muss innerhalb von zwei Wochen ab Kenntnis des Kündigungsgrundes erklärt werden (§ 626 Abs. 2 BGB). Danach ist die außerordentliche Kündigung unwirksam.

Kündigungsfristen gleichschalten

Wer ein Arbeitsverhältnis beenden will, muss also in der Regel Fristen beachten. Während einer Probezeit (von maximal sechs Monaten) kann eine Kündigungsfrist von zwei Wochen vereinbart werden. Nach Ablauf der Probezeit beträgt die Mindestkündigungsfrist vier Wochen zum 15. oder zum Monatsende. Besteht das Arbeitsverhältnis längere Zeit, verlängern sich die Fristen, die der Arbeitgeber einhalten muss, auf bis zu sieben Monate zum Monatsende (nach 20 Jahren Betriebszugehörigkeit). Achtung: In § 622 BGB, der die gesetzlichen Kündigungsfristen regelt, ist immer noch zu lesen, dass bei der Berechnung der Kündigungsfristen nur Zeiten nach Vollendung des 25. Lebensjahrs berücksichtigt werden. Nach der EuGH-Entscheidung „Kücükdeveci“ werden hierdurch allerdings jüngere Arbeitnehmer diskriminiert, so dass deutsche Arbeitsgerichte diese Bestimmung nicht mehr anwenden dürfen. Es werden somit auch Zeiten der Betriebszugehörigkeit vor dem 25. Lebensjahr berücksichtigt. Die Fristen gelten kraft Gesetzes nur für die Kündigung durch den Arbeitgeber. Es empfehlen sich für den Arbeitgeber deshalb Vertragsformulierungen, die die Kündigungsfristen für beide Seiten gleichschalten. Längere Kündigungsfristen können durch Einzelvertrag oder durch Tarifvertrag bestimmt werden. Kürzere Kündigungsfristen können einzelvertraglich nicht vereinbart werden. Lediglich in Tarifverträgen und durch Bezugnahme auf solche Tarifverträge können kürzere Kündigungsfristen bestimmt werden.

Kleinbetriebe ausgenommen

Wird einem Arbeitnehmer außerhalb der Probezeit gekündigt, kommt das Kündigungsschutzgesetz zur Anwendung. Von dem allgemeinen Kündigungsschutz ausgenommen sind nur die Arbeitnehmer in so genannten Kleinbetrieben. Das sind solche Betriebe, in denen regelmäßig nicht mehr als fünf und seit 1. Januar 2004 nicht mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt werden. Auszubildende zählen nicht mit. Aushilfs- und Teilzeitkräfte zählen anteilig je nach Umfang der regelmäßigen Beschäftigungszeit (1/2 oder 3/4). Kündigungsverbote existieren zugunsten von Schwangeren, Wehrpflichtigen, Betriebsratsmitgliedern, Wahlbewerbern zum Betriebsrat und Mitarbeitern in der Pflegezeit. Schwerbehinderte und ihnen Gleichgestellte können nur gekündigt werden, wenn vorher das Integrationsamt zugestimmt hat (SGB IX).

Beweispflicht

Gilt das Kündigungsschutzgesetz, muss der Arbeitgeber Kündigungsgründe darlegen und beweisen können. Verhaltensbedingte Gründe sind insbesondere alle Defizite im Leistungsverhalten am Arbeitsplatz. Hier verlangt die Rechtsprechung in der Regel eine Abmahnung vor der Kündigung. Das Fehlverhalten muss außerdem von gewisser Bedeutung sein. Feste Regeln, insbesondere auch darüber, wie oft abgemahnt sein muss, gibt es nicht. Dies ist jeweils Frage des Einzelfalls. Personenbedingte Gründe sind solche, die unabhängig vom Leistungswillen des Arbeitnehmers einer dauerhaften Weiterbeschäftigung entgegenstehen, weil der Arbeitnehmer nicht leistungsfähig ist. Besonders bedeutsam ist die betriebsbedingte Kündigung. Fällt ein Arbeitsplatz weg, kann der Arbeitgeber unter Umständen einen Mitarbeiter kündigen. Beweisen muss der Arbeitgeber allerdings die Tatsache, dass der Arbeitsplatz tatsächlich weggefallen ist, sei es aufgrund (objektiv nachweisbaren) Arbeitsmangels, sei es aufgrund einer Umstrukturierung, Rationalisierung durch Organisationsentscheidungen. Bei betriebsbedingten Kündigungen muss der Arbeitgeber eine Sozialauswahl treffen. Die Sozialauswahl führt dazu, dass der Arbeitgeber nicht frei in seiner Entscheidung ist, welchem der betroffenen Arbeitnehmer gekündigt werden soll. Gibt es mehrere vergleichbare Arbeitnehmer, die für eine Kündigung objektiv in Betracht kommen, muss der Mitarbeiter gekündigt werden, der bei einer Bewertung von Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltsverpflichtungen und Schwerbehinderung am wenigsten schutzwürdig erscheint. Nach § 7 des Kündigungsschutzgesetzes kann auch eine sozial ungerechtfertigte Kündigung wirksam werden, wenn der Arbeitnehmer nicht rechtzeitig innerhalb einer Frist von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Klage beim Arbeitsgericht erhebt. Das bedeutet: Auf das Fehlen von Kündigungsgründen kann sich niemand mehr berufen, wenn die Klagefrist versäumt wurde. Die Klagefrist beginnt mit dem Tag des Zugangs der Kündigung beim Arbeitnehmer, nicht erst mit dem Ende der Kündigungsfrist.

Bei der Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind Formalien zu beachten. Ansonsten kann die Kündigung unwirksam oder angreifbar sein. Die Kündigung ist nur wirksam, wenn sie schriftlich ausgesprochen wurde, diese Schriftform erfordert eine ordnungsgemäße Unterschrift. Die Kündigung muss von vertretungsberechtigten Personen unterzeichnet werden. Die Vertretungsmacht der Unterzeichner muss im Handelsregister oder in sonstiger Form offenkundig (Personalleiter) dokumentiert sein. Auch muss die Kündigung dem Kündigungsempfänger rechtswirksam zugehen. In der Kündigungsbevollmächtigung und im Zugangsnachweis liegen in der Praxis vielfach unterschätzte Schwierigkeiten. Sofern ein Ausbildungsverhältnis nach Ablauf der Probezeit gekündigt werden soll, muss in dem Kündigungsschreiben der Kündigungsgrund enthalten sein. Nach §102 Betriebsverfassungsgesetz muss der Arbeitgeber einen evtl. vorhandenen Betriebsrat vor jeder Kündigung „anhören“, d. h. insbesondere die Sozialdaten des Arbeitnehmers und die Kündigungsgründe vollständig mitteilen. Erst nach Ablauf von einer Woche oder nach Eingang einer abschließenden Stellungnahme des Betriebsrats darf der Arbeitgeber kündigen. Kommt es hier zu Fehlern, hat das die Nichtigkeit einer Kündigung zur Folge. Auch wenn der Betriebsrat einer Kündigung widerspricht bzw. wenn er seine Bedenken nach der Anhörung mitteilt, kann der Arbeitgeber kündigen. Dann entsteht aber u.U. ein vorläufiger Weiterbeschäftigungsanspruch.

RA Jürgen Leister

Im zweiten Teil des Beitrags wird es um die Kosten einer Kündigung gehen, insbesondere die Abfindung.

▶ Pflichtverletzungen müssen bedeutsam sein, um eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen

▶ Die Klagefrist beginnt mit dem Tag des Zugangs der Kündigung beim Arbeitnehmer

▶ Nur vertretungsberechtigte Per-sonen dürfen ein Kündigungsschreiben unterzeichnen

-- Anzeige --
-- Anzeige --
-- Anzeige --
-- Anzeige --

KOMMENTARE


SAGEN SIE UNS IHRE MEINUNG

Die qualifizierte Meinung unserer Leser zu allen Branchenthemen ist ausdrücklich erwünscht. Bitte achten Sie bei Ihren Kommentaren auf die Netiquette, um allen Teilnehmern eine angenehme Kommunikation zu ermöglichen. Vielen Dank!

-- Anzeige --

WEITERLESEN




NEWSLETTER

Newsletter abonnieren und keine Branchen-News mehr verpassen.


asp AUTO SERVICE PRAXIS Online ist der Internetdienst für den Werkstattprofi. Neben tagesaktuellen Nachrichten mit besonderem Fokus auf die Bereiche Werkstatttechnik und Aftersales enthält die Seite eine Datenbank zum Thema RÜCKRUFE. Im neuen Bereich AUTOMOBILE bekommt der Werkstatt-Profi einen Überblick über die wichtigsten Automarken und Automodelle mit allen Nachrichten, Bildergalerien, Videos sowie Rückruf- und Serviceaktionen. Unter #HASHTAG sind alle wichtigen Artikel, Bilder und Videos zu einem Themenspecial zusammengefasst. Außerdem gibt es im asp-Onlineportal alle Heftartikel gratis abrufbar inklusive E-PAPER. Ergänzt wird das Online-Angebot um Techniktipps, Rechtsthemen und Betriebspraxis für die Werkstattentscheider. Ein kostenloser NEWSLETTER fasst werktäglich die aktuellen Branchen-Geschehnisse zusammen. Das richtige Fachpersonal finden Entscheider auf autojob.de, dem Jobportal von AUTOHAUS, asp AUTO SERVICE PRAXIS und Autoflotte.