Serie Serviceberater Teil 2
20 Durchgänge am Tag machen einen Serviceberater über kurz oder lang kaputt. Auch hier gilt: weniger ist mehr oder anders ausgedrückt; statt mehr Aufträgen pro Tag heißt die Devise mehr Umsatz pro Auftrag.
Wie viele Durchgänge schafft ein Serviceberater normalerweise am Tag? Nun, die Antwort hängt auch davon ab, wie viele Prozessschritte in seinen Aufgabenbereich fallen. Aber schauen wir uns zunächst den Prozess eines Wartungs- oder Reparaturauftrags im Detail an. Grundsätzlich gilt, der Prozess setzt sich zeitlich immer aus folgenden Schritten zusammen: Terminvereinbarung (5) – Annahme (20) – Durchführung – Kontrolle (10) – Fakturierung (10) – Übergabe (10).
Die Zahlen in Klammern stellen den Aufwand in Minuten dar. Zweifellos variiert der Zeitwert je nach Organisationsgrad des einzelnen Betriebs. Aber im Kern sind das die Zeiten, welche im Durchschnitt von Serviceberatern genannt werden. Rechnet man den Aufwand der einzelnen Schritte zusammen, dann kommt man auf sage und schreibe 55 Minuten administrative Arbeit pro Auftrag.
Bitte beachten Sie: Nur für den Arbeitsschritt „Durchführung“ gilt der Stundenverrechnungssatz. Alles andere ist administrativer Aufwand und für den Kunden gefühlt kostenlos. Dass zum Beispiel das Erstellen einer Rechnung auch Geld kostet, bekommt er gar nicht mit! Gleichwohl muss dieser Aufwand betrieben werden. Egal wer – einer muss es machen. Und je kleiner ein Autohaus ist, desto mehr dieser Schritte erledigt der Serviceberater.
Vergleicht man nun einmal die Zeit, die ein Serviceberater im Hause ist – so um die neun Stunden – dann sind das 540 Minuten. Bei Umsetzung aller eben genannten Punkte schafft er also zehn Durchgänge pro Tag und keine zwanzig!
Was wirklich erstaunt ist die Tatsache, dass Serviceberater trotzdem bis zu zwanzig Durchgänge bewältigen. Stellt sich allerdings die Frage, wo sie dafür im Prozess Zeit einsparen und was die Folgen dieser Einsparung sind? Nun – der Serviceberater spart dort, wo er es am einfachsten beeinflussen kann: an der Annahme und an der Übergabe. Bedauerlicherweise spart er damit aber an den entscheidenen Stellen, an denen mit dem Kunden über den Auftrag und über weitergehende Arbeiten gesprochen werden könnte. Die Folgen hierbei sind recht einfach zu beschreiben.
An der falschen Stelle gespart
Stellen Sie sich als Beispiel die Wurst- und Fleischtheke in einem Supermarkt vor. Ist ein Kunde alleine an der Theke fragt die Verkäuferin nach jeder Erfüllung seines Wunsches, ob es noch etwas sein darf. Und vielleicht nennt sie ihm auch, was gerade frisch da oder heute im Angebot ist. Steht die Theke aber voller Kunden, riskiert sie das nicht. Denn am Ende geht der Kunde auch noch darauf ein und die wartenden Kunden werden sauer – zum einen auf den Kunden, zum anderen auf die Verkäuferin. Wer tut sich so etwas freiwillig an? Richtig – keiner!
Daher hat der Kunde keine Wünsche mehr und die Verkäuferin hört auf zu verkaufen. Nach dem gleichen Schema läuft das auch in einer Werkstatt ab. Denn nachweislich geben die Kunden, die schnell abgefertigt werden, weniger Serviceleistungen in Auftrag. Wird bei der Annahme auf eine ordentliche Befunderhebung verzichtet, dann wird auch kein zusätzlicher Umsatz realisiert. Mit fatalen Folgen.
Unproduktiv produktiv
Das Verhältnis von unproduktiven zu produktiven Kräften sollte im Autohaus bei 1:3 liegen. Das allein ist Utopie. Wenn überhaupt, dann funktioniert ein Verhältnis von Serviceberatern zu Monteuren in diesem Verhältnis. Dazu müssen dann aber noch die Kräfte im sogenannten Backoffice hinzugerechnet werden. Denn wenn ein Serviceberater drei Monteure mit Arbeit versorgen muss, dann hat er die Herausforderung, vierundzwanzig Stunden pro Tag zu verkaufen. Das kann er mit zwanzig Durchgängen und 1,2 Stunden pro Durchgang machen und nach ein paar Jahren seinen Job wegen Überlastung an den Nagel hängen.
Denn die Arbeitsgänge jenseits der Kundenkommunikation müssen ja ebenfalls erledigt werden. Ein weiterer überaus negativer Effekt dabei ist, dass bei mehr Durchgängen am Tag die damit verbundenen erst später in der Werkstatt auffallenden Auftragserweiterungen vielfach nicht mehr abgearbeitet werden können. Folge: Der Serviceberater macht sich noch mehr Arbeit, indem er dem Kunden sagt, dass er noch mal wiederkommen muss. Damit wird der Auftrag geteilt und für die weitere Arbeit erneut die komplette administrative Runde gedreht. Viel schlimmer ist, dass man Kunden auf die Straße lässt, obwohl man ihnen gerade gesagt hat, dass an ihrem Fahrzeug noch etwas defekt ist. Damit gibt man ihnen das Gefühl: „Na so schlimm ist es dann doch nicht.“ Das Resultat sind volle Regale mit „bestellten Kundenteilen“. Hier muss sich der Ser-viceberater dann zusätzlich die Mühe machen und Kunden anrufen, damit diese auf Lager liegende Ersatzteile einbauen lassen. Zusatzarbeit, die wiederum die Zeit für den nächsten Kunden reduziert.
Reden ist gold (wert)
Eine viel attraktivere Alternative ist es daher, durch das aktive Gespräch mit den Kunden die Kennzahl „verkaufte Stunden pro Durchgang“ auf zwei Stunden zu puschen, denn so benötigt man für die gleiche Werkstattleistung lediglich zwölf Durchgänge pro Tag. Mit allem, was dranhängt.
Denn auch die Rüstzeiten der Mechaniker nehmen ab, da sie an weniger Aufträgen länger arbeiten, weniger häufig ans Lager gehen, weniger umstempeln müssen und so weiter. Man steigert so also auch in erheblichem Maße die Effektivität der Monteure.
Fassen wir zusammen: Der einzige Weg, ruhiger und effektiver zu arbeiten geht über die Direktannahme. Hier entscheidet sich die Kennzahl „verkaufte Stunden pro Durchgang“. Die sollte idealerweise im Durchschnitt bei zwei Stunden liegen. Die gleiche Anzahl an Stunden mit weniger Durchgängen zu erledigen – das ist richtig clever. Und nebenbei: Es gibt keinen anderen Weg! Georg Hensch
▶ Im Schnitt 55 Minuten beträgt der administrative Aufwand eines Ser-viceberaters pro Werkstattauftrag
▶ An der Direktannahme führt kein Weg vorbei, wenn der Serviceberater ruhiger und effektiver arbeiten soll
- Ausgabe 12/2011 Seite 56 (6.2 MB, PDF)