Service-Serie/ Teil 5
Um die technischen Herausforderungen der Zukunft zu meistern, sollte der Werkstattinhaber schon heute einen individuellen Entwicklungsplan mit seinen Mitarbeitern erarbeiten. Wir liefern die Basis dafür.
Wenn man sich heute die Personalstrukturen in der Werkstatt ansieht, dann fällt eines ganz deutlich auf: Es sind in der Summe in der Annahme junge Teams, in der Werkstatt vermehrt ältere Teams, die da arbeiten. Denn kaum ein Serviceberater erreicht in diesem Job die Rentengrenze. Mechaniker wandern vielfach in die Industrie ab, wo zwar Schichtarbeit gefordert ist, aber gleichzeitig die Prozesse wesentlich strukturierter sind. Immer dringlicher stellt sich die Frage nach dem guten Serviceberater, nach dem innovativen Monteur. Immer noch dominiert in der Regel die verschleißgetriebene Reparatur, der Service. Diagnose ist gefühlt die Ausnahme, das Unangenehme. Bereits heute sind vermehrt Berater wie Monteure dem technischen und administrativen Druck nur noch bedingt aussetzbar.
Demografischer Wandel
Machen wir uns nichts vor: Wer heute als Berater oder Monteur um die 50 Jahre alt ist, der hat seine Grundkenntnisse und damit auch seine Prägungen in Zeiten bekommen, in denen Kunden und Fahrzeuge mit „echten“ Problemen kamen. Klappern? Ja, ganz kurz und danach war ein Loch im Block! Vielfach sind die so geprägten Mitarbeiter sowohl mit den Kunden als auch mit der Technik bis an die Grenzen belastet. Hier gilt es deutlich anzusetzen, damit die Mitarbeiter nicht an Überforderung krank werden oder frustriert unser Haus verlassen. Die Branche braucht die Mitarbeiter, die sie heute hat! Hierfür sprechen einige Gründe. Zum einen sei da die Demografie genannt, die der Branche in Zukunft weniger Auszubildende bringen wird. In zunehmendem Maße gibt es in einigen Regionen von Deutschland einen Mangel an jungen Menschen, welche Kfz-Mechatroniker werden wollen. In den letzten Jahren ist die Gruppe der Bevölkerung der bis 20 Jährigen kontinuierlich jährlich um 400.000 gesunken. Es stehen schlicht immer weniger junge Menschen zur Verfügung. Und von denen möchten immer weniger einen handwerklichen Beruf erlernen.
Anforderungen und Qualifikation
Die Branche konkurriert da auch gegen die immer stärker kommenden Berufe der neuen Medien. Auch Sendungen wie DSDS, Supermodel oder Big Brother sind an der Stelle nicht wirklich förderlich für das Handwerk. Und nicht zuletzt hat eine Studie des DIHT deutlich gemacht, dass über 50% der Ausbildungsbetriebe ihren Auszubildenden Förderunterricht in den Kernkompetenzen Deutsch und Mathematik bieten müssen, um bestehende Defizite abzubauen.
Es braucht aber eine deutlich höhere Grundqualifikation, um die technischen Herausforderungen der Zukunft meistern zu können. Daher ist Werbung für den Beruf mehr denn je angesagt und Aufgabe eines jeden Ausbildungsbetriebes. Dies wird zur Zeit deutlich vom ZDK betrieben und das ist dringend nötig!
Schaut man sich die Anforderungen und Qualifikationen an, welche in der Zukunft benötigt werden, dann sind diese im Bereich der Monteure eindeutig geprägt von einem hohen Maß an technischem Verständnis und Aufgeschlossenheit gegenüber neuen Techniken. Dies insbesondere im Hinblick auf die neuen Antriebskonzepte. Und im Beratungsbereich wird in Zukunft die soziale und die Problemlösungskompetenz eine herausragende Rolle spielen.
Checkliste Mitarbeiterfähigkeiten
Um diese Fähigkeiten zu entwickeln, sollte eine Werkstatt schon heute eine Erhebung darüber machen, was genau man von den Mitarbeitern in Zukunft erwartet, welche Fähigkeiten bereits vorhanden sind und welche noch erworben werden müssen. Um Ihnen eine Hilfestellung hierfür zu geben, haben wir unter www.autoservicepraxis.de/qualifikationsmatrix ein Formular zum Download bereitgestellt. Die Anwendung ist denkbar einfach. Ein Formular füllt der Mitarbeiter aus, ein Formular der Vorgesetzte. Im anschließenden Vergleich lässt sich sehr gut erkennen, ob Vorgesetzter und Mitarbeiter eine ähnliche Meinung von den Fähigkeiten haben. Hier erkennbare deutliche Unterschiede lassen einen ersten Qualifizierungsbedarf erkennen. Dann muss mit dem Mitarbeiter erarbeitet werden, welche Qualifikation in den einzelnen Anforderungen erwartet wird. Das Resultat dieser Bearbeitung zeigt dann sehr genau den individuellen Entwicklungsplan für jeden Mitarbeiter.
Und wer ist jetzt zuständig für die Umsetzung? Der Unternehmer, der ja schließlich will, dass der Mitarbeiter bestimmte Dinge kann, oder der Mitarbeiter, der die definierten Qualifikationen zwingend braucht, um in Zukunft noch in seinem Beruf arbeiten zu können? Warum teilt man sich nicht ganz einfach den Aufwand: Der Unternehmer bezahlt die Weiterbildungskosten und der Mitarbeiter geht in seiner Freizeit hin. Toll, sagt die eine Seite, Ausbeutung die andere. Doch eigentlich ist das doch nur fair! Wir sollten in Deutschland damit aufhören, die Verantwortung für Weiterbildung nach dem Studium auf den Arbeitgeber zu übertragen. Es geht doch gar nicht darum, die Mitarbeiter in die nächste Gehaltsstufe zu qualifizieren. Nein, im Kern muss man mit solcherlei Maßnahmen die „Qualifikationsinflation“ durch sich ändernde Mindestanforderungen auffangen.
Eigener Kopf, eigene Zeit
Ein gutes Beispiel hierfür ist vielfach eine unzureichende Kenntnis über im Betrieb verwendete EDV-Systeme. Sicher ist es z.B. für einen 60-jährigen Mitarbeiter nicht einfach sich jetzt noch den Tücken der EDV zu stellen. Aber andererseits muss er noch fünf Jahre bis zur Rente arbeiten! Oder der Berater, der sich als 45-Jähriger noch in einen Kurs setzt, um das 10-Finger-System zu beherrschen, damit er in den folgenden 20 Jahren seine Mails effektiv und schnell beantworten kann. Das alles hat mit Mühe zu tun. Aber die Verantwortung liegt nun mal bei beiden Seiten! Georg Hensch
- Ausgabe 6/2010 Seite 58 (255.6 KB, PDF)