Lancia Delta
Volumen – das erhofft sich nicht nur der Käufer des Delta, sondern auch der Hersteller in Form von Stückzahlen. Das Prädikat "Technologieträger" soll dabei helfen.
Vier lange Jahre mussten die Verantwortlichen bei Lancia warten, ehe sie den Pressevertretern wieder ein wirklich neues Modell und nicht nur ein Facelift vorstellen durften. Und in der Betonung dieser langen Wartezeit am Rande der Fahrvorstellung des neuen Delta in Königstein/Taunus klang neben der Erleichterung auch ein leicht vorwurfsvoller Ton der vernachlässigten Tochter in Richtung Konzernmutter Fiat an.
Ehrgeizige Verkaufsziele
Haben die schlechten Verkaufsergebnisse das Interesse erlahmen lassen oder umgekehrt? Tatsache ist jedenfalls, dass die Neuzulassungen der Marke mit der Lanze hierzulande seit 2000 (8.105 Einheiten) rapide in den Keller gegangen sind. Im vergangenen Jahr standen nur 2.555 Einheiten zu Buche. Diese Summe wurde in diesem Jahr schon per September übertroffen. Die Hälfte der Neuanmeldungen entfielen jedoch auf Händler oder den Importeur selbst. Trotzdem plant man angesichts dieser Zahlen für 2009 bereits wieder Großes in Deutschland, nämlich das Erreichen der Absatzzahlen von vor acht Jahren. Der neue Delta soll mit 4.000 Einheiten genau die Hälfte dazu beitragen. Ob das zu schaffen ist, bleibt abzuwarten, denn viel muss hier über Imagebildung laufen. Z. B. die Optik des neuen Delta: Sie mag polarisieren – Extravaganz wird ihr keiner absprechen können. "Typisch Italiener", wird da manch einer sagen. Deshalb versuchen die Turiner Marketingstrategen neben der Designkompetenz noch ein weiteres Profil zu etablieren: Der Delta soll auch der neue Technologieträger des Konzerns werden. Assoziationen mit der einst sehr erfolgreichen Rallyehistorie des Delta verbieten sich aber angesichts der Optik. Drei der sechs angebotenen Motorisierungen kommen laut Hersteller erstmals innerhalb des Fiat-Konzerns in diesem Modell zum Einsatz: der 2.0 Multijet-Selbstzünder mit 165 PS, der allerdings lediglich eine Evolution des bereits bekannten 1.9-Aggregats ist, der 1.9 Twinturbo Multijet mit 190 PS und der 1.8 T-Jet-Benziner mit 200 PS, der für das Frühjahr 2009 angekündigt ist. Allerdings sollen zwei Drittel des geplanten Verkaufsvolumens mit der bekannten 1,4-Liter-Einstiegsmotorisierung (Benziner mit 120 bzw. 150 PS) ausgeliefert werden, die auf der bergigen Teststrecke im Taunus doch etwas zu schwachbrüstig für das Schwergewicht mit rund 1,4 Tonnen wirkte.
Image-Kratzer
So bekommt das Technologie-Image bereits wieder Kratzer. Immerhin ist ein umfangreiches Fahrassistenzsystem ("Absolute Handling System" genannt) bereits in der niedrigsten Ausstattunglinie "Argento" Serie. Weitere technische Features wie Spurhalteassistent und Kurvenlicht sind aber erst ab der nächsthöheren Stufe "Oro" als Sonderausstattung bestellbar.
Die beste Wahl für den zwischen C- und D-Segment angesiedelten Delta dürfte der neue selbstzündende 1,9-Liter-Twinturbo mit Registeraufladung sein, der bei der Fahrveranstaltung leider fehlte. Er markiert allerdings die Spitze der Preisliste (30.200 Euro in der Top-Ausstattungslinie "Platino"). Die Masse, sofern man bei Lancia überhaupt davon sprechen kann, muss in diesen Zeiten aber über den Preis laufen. Hier wurde beim Einstieg die 20.000-Euro-Marke bewusst knapp unterboten. Dafür bekommen weniger sportive Zeitgenossen zugegeben eine Menge Auto fürs Geld. Niko Ganzer
- Ausgabe 11/2008 Seite 22 (179.6 KB, PDF)