Satellite Aided Transmission (SAT) im Rolls-Royce Wraith
Die erstmalige Vernetzung von Automatikgetriebe und Navigationssystem sorgt im neuen Rolls-Royce Wraith für sportliches Kurvenfahren und eine „neue Dimension der Mühelosigkeit“ (O-Ton Hersteller). asp erklärt das System.
Selbst ein Rolls-Royce wird heute nur selten von einem Chauffeur bewegt, so dass für ein solches Luxus-Automobil kein Handschaltgetriebe in Frage kommt. Im neuen Rolls-Royce Wraith ist eine achtstufige Wandlerautomatik von ZF Friedrichshafen verbaut, deren elek-tronische Steuerung unter dem Einfluss des Navigationssystems steht: Erstmals werden GPS-Daten zur Schaltzeitpunktbestimmung herangezogen. Diese Kombination nennt der Hersteller „Satellite Aided Transmission“, kurz SAT.
Funktion: Das serienmäßige Navigationssystem muss zur Nutzung der SAT-Funktionalität nicht aktiv sein. Auf Anfrage von asp erklärt der Hersteller: „Das System nutzt die Hauptroute als Basis und nimmt Richtungsänderungen von der Betätigung des Blinkers.“ Liegen auf der Route relevante Kurven, werden sie über die Vernetzung mit dem GPS von der Getriebesteuerung erkannt. Abhängig von Kurvenradius und Fahrgeschwindigkeit, wird vor dem Kurveneingang ggf. auch mehr als nur eine Fahrstufe heruntergeschaltet, was die Einteilung der Kurven in Kategorien voraussetzt. Die Grafik auf Seite 26 erklärt den Ablauf.
Neben Kurven werden auch Kreisverkehre und Autobahnauffahrten erkannt. Steigungen, Gefälle, Ortsdurchfahrten und Geschwindigkeitsbeschränkungen (ständige über das GPS, temporäre über die Frontscheibenkamera) „sind Themen, die wir noch entwickeln und die wir uns zukünftig in solchen Systemen vorstellen könnten“, so die Antwort des Herstellers auf eine weitere Frage von asp.
Ursprung in der Formel 1
An der Implementierung von SAT in den Rolls-Royce Wraith maßgeblich beteiligt war Philip Harnett, vormals Formel-1- Elektronik- und -Systemingenieur sowie Motorenentwickler bei BMW und heute Produktmanager der Baureihe: „Ein früherer Formel-1-Kollege, der im Bereich Getriebesoftware arbeitete, führte uns das satellitenunterstützte Getriebe vor. Ich war sehr beeindruckt. Einige Monate später wechselte ich von BMW zu Rolls-Royce und setzte mich dort für die rasche Einführung des Systems in den Wraith ein. Der Grund war einfach: Es erweitert die Mühelosigkeit und die Dynamik und passt damit perfekt zu Marke und Modell. [...] Das Fahrzeug weiß, wann es sich einer schwungvollen Kurve nähert, und sieht vorher, wie der Fahrer sie durchfahren möchte. Das Zurücknehmen des Gas-pedals verrät dem Wraith, dass dies kein Cruisen auf gerader Strecke ist. Vielmehr hat der Fahrer die Geschwindigkeit reduziert, weil er eine Serie von Kurven ansteuert. Anstatt fälschlicherweise zu vermuten, der Fahrer wolle entspannt cruisen, und deswegen hochzuschalten, hält das Automatikgetriebe den niedrigeren Gang und stellt damit sicher, dass der Antrieb bestens darauf vorbereitet ist, um nach der Kurve optimal beschleunigen zu können.“ Unabhängig von SAT, arbeitet die Getriebesteuerung adaptiv.
Die Aktivierung des Navigationssystems kann, muss aber nicht über die Tastatur erfolgen. „Es reicht, Ort und Straßennamen auszusprechen. Das Ziel erkennt das System daraufhin automatisch, so dass die Routenführung prompt beginnen kann – grafisch auf dem Bildschirm dargestellt, akustisch mit gesprochenen Hinweisen und ggf. auch über das Headup-Display, sofern es gewünscht wurde“, erklärt eine Mitteilung von Rolls-Royce. Die Aktivierungstaste für die Spracheingabe, nicht nur für das Navigationssystem, befindet sich am Lenkrad.
Bei Rolls-Royce spricht man im Zusammenhang mit SAT von einer „neuen Dimension der Mühelosigkeit“. Gemeint sind damit wohl auch die Nennwerte des 6,6-l-V12 mit Benzindirekteinspritzung und zylinderbankselektiver Turboauf-ladung: 800 Nm bei 1.500 bis 5.500/min sind ein Wort und beschleunigen das leer 2,36 Tonnen schwere Coupé in 4,6 Sekunden auf 100 km/h. 465 kW sorgen dafür, dass die Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h „mühelos“ erreicht wird. Wer noch schneller fahren will, muss die elektronische Abregelung umgehen. Peter Diehl
BMW-Museum
Am 27. März 1863, also vor gut 150 Jahren, wurde der Ingenieur Sir Henry Royce, mit Charles Stewart Rolls Begründer der Marke Rolls-Royce, geboren. Aus diesem Anlass und zur Feier der Neugeburt der Marke unter BMW-Regie, die am 1. Januar 2003 mit der Präsentation des Phantom begann, veranstaltet das BMW-Museum erstmals eine Rolls-Royce-Ausstellung. Den Titel der Ausstellung hat man an ein Lebensmotto von Sir Henry Royce angelehnt: Strive for Perfection (Streben nach Perfektion). Die Ausstellung erzählt die Rolls-Royce-Geschichte vom Anfang bis in die Gegenwart. Auf rund 1.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche wird den Besuchern anhand aufwändig gestalteter Displays dargestellt, wie es zur Gründung der Marke kam und wie man sich den exzellenten Ruf erarbeitete. Dabei kommen technische Innovationen ebenso zur Geltung wie die Geschichte der weltberühmten Kühlerfigur „Spirit of Ecstasy“ und der einem Tempel nachempfundene „Pantheon-Kühlergrill“. 15 Rolls-Royce-Automobile aus den Baujahren 1907 bis 2012 verleihen der Ausstellung eine besondere Anziehungskraft. Unter den Exponaten findet sich auch jener berühmte Prototyp des hauptsächlich von Sir Henry Royce konstruierten und genutzten 10 EX, der 1926 entstand, um den „New Phantom“ zu entwickeln und seine Fähigkeiten zu demonstrieren. Auch Handwerkskunst, Karosseriebau und Individualisierung werden thematisiert. Die sich über fünf Ebenen erstreckende Ausstellung wird noch bis Ende März nächsten Jahres zu sehen sein. Einen Vorgeschmack gewährt die Bildergalerie im Internet unter www.autoservicepraxis.de/rolls-royce. Bernd Reich