Auch bei besonders langlebigen Wirtschaftsgütern – in diesem Fall Industriefußböden mit einer Haltbarkeit von 25 Jahren – kann dem Handelsvertreter ein Ausgleichsanspruch gegen den Unternehmer zustehen. Das hat der Bundesgerichtshof in seinem jetzt veröffentlichten Urteil vom 17. November 2010 (Az.: VIII ZR 322/09) entschieden.
"Dieses Urteil scheint auf den ersten Blick nichts für die Autobranche herzugeben. Tatsächlich aber enthält es erneut wichtige Hinweise auch für Kfz-Unternehmer, wenn sie ihren Ausgleichsanspruch geltend machen wollen", erklärte jetzt die Kölner Branchenanwältin Susanne Creutzig.
Die Vorinstanz hatte die Klage abgewiesen, weil der klagende Handelsvertreter angeblich keine Angaben zu seinen konkreten Vermittlungshandlungen gemacht hatte. Dies sei aber erforderlich, weil nach den Unterlagen des beklagten Unternehmers die Kunden teilweise durch seine Mitarbeiter geworben worden seien. Außerdem habe die Klägerin nichts zur Kundenabwanderung in den letzten Vertragsjahren vorgetragen.
Laut Creutzig hat der BGH das alles verworfen. Die Begründung: Das Oberlandesgericht hat die Anforderungen an die Substantiierung der Voraussetzungen des § 89b HGB überspannt. Die Karlsruher Richter unterstrichen erneut, dass der Ausgleichsanspruch auf Grundlage der im letzten Vertragsjahr geworbenen Stammkunden oder intensivierten Altkunden zu errechnen sei. Der Anspruch diene dem Zweck, die Unternehmervorteile und Provisionsverluste auszugleichen, die sich daraus ergeben, dass der Unternehmer voraussichtlich für einige Zeit noch Folgegeschäfte mit solchen Kunden (Stamm- oder Mehrfachkunden) abschließen wird, zu denen der inzwischen ausgeschiedene Handelsvertreter eine Geschäftsbeziehung hergestellt hat, er aber an dieser Spätwirkung seiner früheren Vermittlungstätigkeit nicht mehr partizipiert.
Was muss der Handelsvertreter darlegen?
Als Stammkunden sieht der BGH diejenigen Kunden an, die in einem überschaubaren Zeitraum, in dem üblicherweise mit Nachbestellungen zu rechnen ist, mehr als nur ein Geschäft mit dem Unternehmer abgeschlossen haben oder voraussichtlich abschließen werden. Dabei reicht es für die Annahme einer Geschäftsverbindung in diesem Sinne aus, dass die Tätigkeit des Handelsvertreters zumindest mitursächlich gewesen ist. Der Handelsvertreter muss daher grundsätzlich darlegen, welcher Anteil seiner Provisionseinnahmen des letzten Vertragsjahres auf Folgegeschäfte mit von ihm geworbenen Stamm-/Mehrfachkunden entfällt.