Unterlässt es eine Autowerkstatt pflichtwidrig, im Rahmen einer "Longlife-Inspektion" den Zahnriemen für den Nockenwellenantrieb in der gebotenen Weise zu prüfen und auf die Notwendigkeit des Austausches hinzuweisen, so macht sie sich für daraus entstehende Schäden ersatzpflichtig. Dies hat das Landgericht Wiesbaden im August 2012 festgestellt (LG-Az. 9 O 196/11).
Der Kläger war Eigentümer eines VW Golf IV. Diesen übergab er bei einer Laufleistung von mehr als 232.400 km der beklagten Autowerkstatt zur Durchführung der sog. Longlife-Inspektion. Diese umfasst auch die Prüfung des Zahnriemens. Vier Tage nach der Inspektion und nach einer Fahrtstrecke von lediglich 321 km blieb der Pkw mit einem Motorschaden liegen. Es stellte sich heraus, dass der Zahnriemen, der die beiden Nockenwellen verbindet, auf einer Länge von zehn Zentimeter keine Zähne mehr aufwies.
Die Autowerkstatt hat im Prozess die Auffassung vertreten, dass der Zahnriemen in der gewöhnlichen Einbaulage nur zu einem Drittel zu sehen sei und ohne das Drehen des Motors nicht auf der gesamten Länge inspiziert werden könne. Das Drehen des Motors werde aber vom Hersteller gerade nicht gefordert.
Ungleichmäßige Abnutzung
Das Landgericht ist dieser Auffassung nun aber in seinem Urteil entgegentreten. Den Richtern erschloss es sich nicht, inwiefern aus dem Zustand des sichtbaren Teils von rund sieben Zentimetern Länge auf den etwa doppelt so langen Rest des Zahnriemens geschlossen werden konnte. Dem wohne die falsche Annahme zugrunde, dass der Zustand eines Zahnriemens über seinen gesamten Umfang hinweg stets gleich sei.
Die Pflicht der Autowerkstatt war es, im Rahmen der Inspektion die Abnutzung zu erkennen und dem Auftraggeber mitzuteilen. Dies wurde von der Autowerkstatt pflichtwidrig unterlassen. Gemäß § 280 Abs. 1 BGB wird das Verschulden widerlegbar vermutet; Umstände, welche die Autowerkstatt entlasten, konnten nicht vorgebracht werden. Die Schadensersatzpflicht der Autowerkstatt ist damit begründet. (Gregor Kerschbaumer)
Carsten G.