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Aufarbeitung elektronischer Komponenten: Reparieren statt tauschen

19.01.2017 11:00 Uhr
Aufarbeitung elektronischer Komponenten: Reparieren statt tauschen

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Remanufacturing ist ein entscheidender Baustein, um qualitativ hochwertige, ressourcenschonende und zeitwertgerechte Lösungen über alle Phasen des Fahrzeug-Lebenszyklus zu bieten", erklärt Volker Eberlein, Vice President Technical von Bosch Automotive Aftermarket Electronic Services. Reparieren statt tauschen, so das Argument des Fachmanns, kann allemal die preisgünstigere Alternative sein. Speziell bei Elektronik spielen die Verfügbarkeit der Komponenten und deren Preis mit zunehmendem Fahrzeugalter eine entscheidende Rolle.

Elektronik ist preisgünstig, wenn sie in großen Mengen produziert wird. Nach der Massenproduktionsphase wird sie aber stetig teurer. Bei älteren Fahrzeugen kann defekte Elektronik einen wirtschaftlichen Totalschaden bedeuten, da der Preis eines Neuteils im Vergleich zum Fahrzeugwert unwirtschaftlich sein kann. Remanufacturing und Reparatur sind hier faire und zeitwertgerechte Alternativen.

Genauso sieht es auch Oliver Cramm von der c3 Cramm Car Concept GmbH und fügt hinzu: "Oft ist nur ein kleines Bauteil im Cent-Bereich defekt. Ein Neugerät kostet jedoch mehrere Hundert Euro, wenn nicht sogar Tausend Euro oder mehr." Das Unternehmen c3 Cramm Car Concept mit Sitz in Isenbüttel hat sich auf die Reparatur und Instandsetzung von defekter Kfz-Elektronik spezialisiert. Gründe für die Ausfälle von elektronischen Bauteilen sind meist Vibrationen und thermische Belastungen. Zu den Schwachstellen gehören unter anderem Prozessoren oder Widerstände sowie das Auftreten von kalten als auch gebrochenen Lötstellen oder schlechten Verbindungen bei gebondeten Geräten. Aber auch externe Einflüsse können Ursache für den Ausfall elektronischer Komponenten sein.

Vorteile der Instandsetzung

Für einige Fahrzeuge sind am Markt keine Original-Ersatzteile mehr verfügbar oder in der Neuanschaffung sehr kostenintensiv. Daher muss der Fachmann auf eine zeitwertgerechte Alternative zurückgreifen. Nach Aussage des Refabrikations-Unternehmens Glaubitz GmbH & Co. KG handelt es sich bei den meisten Instandsetzungsarbeiten um Plug & Play-Lösungen. Bei 99 Prozent der Reparaturen sei kein Anlernen oder Codieren notwendig, da die Experten in der Lage sind, fahrzeugspezifische Daten auf dem Gerät bei der Reparatur zu erhalten. Ziel ist es, die Geräte zu reparieren, um einen Austausch zu vermeiden. Der Kunde erhält so sein eigenes Gerät im reparierten Zustand zurück. Das ist ein Vorteil speziell für freie Werkstätten, da sie in diesem Fall nicht auf einen Markenkollegen angewiesen sind. Vor jeder Instandsetzung führen die Fachleute von Glaubitz für jedes Gerät eine Eingangsüberprüfung durch, um sich gegen mögliche Fehldiagnosen abzusichern. Erst nach dieser konkreten Fehlerfeststellung folgt die Instandsetzung. Erstaunlich: 15 bis 20 Prozent der eingeschickten Geräte haben keinen Fehler, so die Erfahrung bei Glaubitz. Diese Vorgehensweise hilft die Kosten für Werkstatt und Kunden so gering wie möglich zu halten.

Trends bei Elektronik-Reparaturen

"Das Angebot an elektronischen Komponenten, Sensoren und Fahrerassistenzsystemen wächst ständig. So entstehen immer neue aufzuarbeitende Produkte", erklärt Prof. Rolf Steinhilper von der Universität Bayreuth. Als gängigste Geräte zählt er unter anderem ABS-/ASR-/ ESP-Steuergerät, Motorsteuergerät, Getriebesteuergerät, Tachos, Displays, Kombiinstrumente, Radio/CD/Navigationssysteme, Klimabedienteil, Turbolader und -teile auf. "Neu hinzugekommen sind die LED-Scheinwerfer. Im Rahmen der Reparatur von LED-Scheinwerfern werden LED oder Stellmotoren getauscht oder instandgesetzt, Dichtungen erneuert, Kabelschäden behoben und defekte Schaltungen repariert", sagt Professor Steinhilper. In der Werkstatt würden im Rahmen der Instandhaltung ständig Steuergeräte, Scheinwerfer oder zum Beispiel Getriebe gegen Neuteile ausgetauscht. Diese gebrauchten Bauteile müssten jedoch nicht gleich entsorgt werden, sondern könnten im Remanufacturing repariert und in einen Zustand versetzt werden, der dem Neuteil mindestens gleichwertig ist.

Auch immer mehr Old- und Youngtimer verfügen über eine elektronische Ausstattung. Daher entwickeln Refabrikations-Experten auch Reparaturlösungen für Classic-Steuergeräte und bauen ihr Angebot immer mehr aus. Auch Bosch hat diesen Trend erkannt: "Neben dem Benzineinspritzsteuergerät D-Jetronic haben wir unser Portfolio jüngst auch um andere wichtige Classic-Erzeugnisse wie frühe ABS-Steuergeräte, Zündsteuergeräte oder Motorsteuergeräte ergänzt. Hier arbeiten wir eng mit den Classic-Abteilungen verschiedener Premium-Hersteller zusammen", fügt Volker Eberlein von Bosch hinzu.

Grenzen der Refabrikation

Die zunehmende Vernetzung elektronischer Fahrzeugkomponenten beeinflusst die Refabrikation elektronischer Bauteile. Die Analyse von Fehlfunktionen erfordert hierbei eine umfangreiche Simulation des Fahrzeugumfelds. Hierbei steigen mit den komplexeren Bauteilen auch die Anforderungen an die Technologien, die ein Betrieb bei Reparatur und Aufbereitung beherrschen muss. So müsse eine Reparatur am Ende dem Kunden und der Werkstatt immer noch einen Vorteil bieten, betont Eberlein. "Bei einfachen Elektroniken oder Sensoren lohnt sich die Reparatur häufig rein preislich gegenüber dem Ersatz durch ein neues Teil nicht." Das bestätigt auch Professor Steinhilper und berichtet weiter: "Es können auch keine Mircrocontroller oder digitalen Speicher repariert werden. Diese müssen durch neue ersetzt werden. Geht die Firmware hierbei verloren muss diese neu geflasht werden."

Bauteile mit Wasserschäden oder Beschädigungen der Hauptplatine durch externe Kurzschlüsse oder Unfälle, sind ebenfalls von der Reparatur ausgeschlossen. Eine Refabrikation kommt bei elektronischen Komponenten, wie zum Beispiel das Airbagsteuergerät, aus Sicherheitsgründen nicht in Frage, da sind sich alle Experten einig.

Ökologisch und ökonomisch

Das Tempo des technischen Fortschritts bei der Fahrzeugelektronik ist sehr hoch. Die Produktionszyklen für eine bestimmte Generation sind allerdings kurz, während gerade hochwertige Fahrzeuge, in denen die Technik verbaut ist, oft viele Jahrzehnte auf der Straße sind. Daher sind sich alle Refabrikations-Experten einig, die Wiederaufarbeitung von defekten Steuergeräten ist ökonomisch und ressourcenschonend. Bei der Instandsetzung der Teile wird weniger Energie verbraucht, als für die Herstellung neuer Komponenten nötig wäre.

Zukunft der Refabrikation

Die Refabrikation werde nach Einschätzung der befragten Experten auch in Zukunft einen hohen Stellenwert behalten. "Immer komplexere Systeme bieten immer mehr Spielraum für Anfälligkeiten, gerade auch die immer kürzer werdenden Entwicklungszyklen bringen Tücken mit sich. Fehler, die erst nach längerer Erprobung auftreten würden, treten teilweise erst dann auf, wenn die Fahrzeuge bereits auf dem Markt sind", erläutert Oliver Cramm.

Steinhilper weist zusätzlich darauf hin, dass immer kürzere Innovationszyklen und größere Variantenanzahl an Fahrzeugkomponenten das Ersatzteilmanagement erschweren. "Hier sind Alternativen gefragt. Remanufacturing ist eine davon. Obsoleszenzmanagement ist ein weiteres Stichwort, das hier zu nennen ist beziehungsweise bei dem Remanufacturing die interessanteste Lösung bietet", so der Professor. Insgesamt sei auch die Thematik 3D-Druck eine wichtige neue Technologie. Hiermit könnten insbesondere kleine Kunststoffteile, wie zum Beispiel Abdeckkappen, Stecker, Befestigungslaschen oder Gehäuseteile für die Refabrikation nachproduziert werden.

Werkstätten profitieren

Auch Werkstätten profitieren von der Aufarbeitung der elektronischen Bauteile in Kooperation mit Spezialisten. Durch das Angebot von Kfz-Elektronik-Reparaturen setzen sie sich von den Mitbewerbern ab. Ferner können Werkstätten den Aus- und Einbau eines Gerätes ihren Kunden berechnen sowie die extern vergebene Dienstleistung der eigentlichen Bauteilreparatur mit Gewinnspanne verkaufen.

Der Kunde spart dennoch viel Geld gegenüber dem Kauf eines Neuteiles. Das bestätigt auch Oliver Cramm und fügt hinzu: "Die Gewährleistung auf die Instandsetzung ist bei seriösen Anbietern genauso lang oder länger als die gesetzliche Neuteil-Gewährleistung von zwei Jahren. Ein weiterer Vorteil ist, dass der Kunde der Marke treu bleibt, da bei einem Defekt die Geräte instand gesetzt werden konnten und er nicht durch ein teures Neuteil verärgert ist." Die Elektronik- Spezialisten entwickeln ihre Verfahren stets weiter und ergänzen die dazu notwendige technische Ausrüstung.

Einfaches Prozedere

Die Zusammenarbeit ist für die Werkstatt denkbar einfach. Hat die Werkstatt den Ausfall einer Komponente diagnostiziert, sorgt sie für den fachgerechten Ausbau und beauftragt ein Refabrikations-Unternehmen. Nach der Übersendung des Steuergerätes beziehungsweise der elektronischen Komponente führt der Experte eine umfangreiche Funktionskontrolle durch. Das Instandsetzen der defekten Geräte erfordert ein spezielles Know-how und Equipment. Während die Herstellung von elektronischen Komponenten eine rein industrielle Fertigung ist, handelt es sich bei der Reparatur um einen handwerklichen Vorgang. Ist der Fehler gefunden, beginnt der Experte mit dem Reparaturvorgang. Einige Geräte lassen sich für die Reparatur nicht einfach öffnen. Hierfür benötigt der Fachmann spezielle CNC-Fräsen, die das Gehäuse öffnen, ohne die elektronische Einheit im Inneren zu beschädigen. Eine defekte Bondingverbindung kann der Experte mit einem Bonder reparieren. Die Parameter für das Bonding erstellt der Techniker anhand der Fehlerliste, so dass die Maschine eine perfekte neue Verbindung zu den jeweiligen Bauteilen setzt.

Defekte Bauteile, wie zum Beispiel den CPU (Hauptprozessor) oder einen Chip, lötet der Experte aus und ersetzt diese gegen die jeweiligen neuen Bauteile. Eine ausführliche Funktionsprüfung und Endkontrolle schließt den Reparaturauftrag ab. Die Reparaturzeiten versuchen die Experten durch straffe Prozesse, zuverlässige Logistik und EDV-Unterstützung möglichst kurz zu halten. In der Regel ist das reparierte Gerät daher binnen 48 Stunden wieder zurück und bereit zum Einbau. Die Refabrikations-Unternehmen bieten ihren Kunden Reparaturen zum Festpreis oder individuelle Reparaturlösungen an. Ferner informieren sie nach Diagnose der elektronischen Komponente die Kfz-Werkstatt mit einem Kostenvoranschlag über die Höhe der Reparaturkosten. Viele Unternehmen bieten auch einen schnellen 1:1-Austausch an. Innerhalb von 24 Stunden liefern sie das benötigte Bauteil im Tausch gegen das defekte Gerät.

Kurzfassung

Der Preisunterschied ist frappierend: Die Aufarbeitung eines ABS-Steuergerätes ist für um die 300 Euro zu haben. Das entsprechende Neuteil würde dreimal so viel kosten. Einige Dienstleister haben sich auf die Aufbereitung von Elektronik spezialisiert.

Remanufacturing - Ein wachsender Industriezweig

Vice President Technical Volker Eberlein von Bosch Automotive Aftermarket Electronic Services beschäftigt sich seit Jahren mit dem Thema Remanufacturing."Der Stellenwert der Aufbereitung von elektronischen Komponenten wird in Zukunft stark wachsen", erklärt Eberlein. "Generell wird immer mehr Elektronik in Fahrzeugen eingesetzt, so dass Kunden und Werkstätten zunehmend mehr Lösungen benötigen. Das Aufbereiten von Steuergeräten und anderen Elektronikkomponenten wird aus technologischen, ökonomischen und ökologischen Gründen immer notwendiger."Die schnellen Innovationszyklen in der Elektronikindustrie machten es immer anspruchsvoller, Elektronikbauteile langfristig und zu vertretbaren Preisen verfügbar zu halten, erklärt der Fachmann. Endbevorratung oder der Erhalt von Produktionsanlagen treiben den Preis neuwertiger Elektronik-Ersatzteile."Gerade um dauerhaft Lösungen bieten zu können, die dem Zeitwert von Fahrzeugen Rechnung tragen, wird der Bedarf an Aufarbeitung und Reparatur immer größer und von Kunden und Markt aktiv gefordert werden", erklärt Volker Eberlein.

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