Die Entwicklung selbstfahrender Autos nimmt auch in Deutschland Fahrt auf. Diese Entwicklung dürfte mit den weiteren Impulsgebern Digitalisierung und Elektromobilität viele Geschäftsmodelle verändern.
Der Übergang zum vernetzten und autonomen Fahrzeug mit elektrifiziertem Antriebsstrang hat ebenso Auswirkungen auf die Arbeit in den Aftersales-Abteilungen. Es gibt mehr Elektronik und Software im Auto. Andere Komponenten und damit Arbeiten fallen weg. Auch die Zahl der Unfälle könnte drastisch sinken, schließlich lässt sich der Autopilot seltener ablenken. Überdies könnte die Anzahl der Autos abnehmen, weil nicht jeder ein Fahrzeuge besitzen muss, wenn der autonome Chauffeur auf Wunsch selbsttätig vorfährt. Auf dem "automotiveIT-Kongress" bezifferte Andreas Hirnig, Partner der IT-Beratung MHP, die durchschnittliche Auslastung der Fahrzeuge gegenwärtig auf vier bis sechs Prozent.
Neues Verständnis von Mobilität
Die Gesellschaft beginnt, sich mit den neuen Technologien anzufreunden. Sogar damit, das Steuer abzugeben - zumindest zeitweise. Der Digitalverband Bitkom veröffentlichte 2017 eine Umfrage zum Thema autonomes Fahren. Fazit: Nach mehrheitlicher Meinung tragen autonome Fahrzeuge zum besseren Verkehrsfluss sowie geringeren Verbrauch bei. Zudem ließe sich die Zeit im Auto sinnvoller nutzen. Ein weiterer Aspekt der Umfrage betrifft die Besitzverhältnisse: Laut Bitkom bestehen aktuell zwar noch 62 Prozent der Befragten auf ein eigenes Auto. Sollte es aber möglich sein, sich per Smartphone ein selbstfahrendes Auto zu rufen, dreht sich das Bild: 61 Prozent würden sich mit der Dienstleistung begnügen. "Das autonome Auto ist nicht nur eine Weiterentwicklung des Autos, wie wir es heute kennen, es ist die Basis für ein völlig neues Verständnis von Mobilität", erklärte Bitkom-Vizepräsident Achim Berg. Künftig genüge es für Autobauer nicht mehr, Fahrzeuge herzustellen, zu verkaufen und zu reparieren. Zur Verringerung des Fahrzeugbestands gibt es in der Forschung durchaus unterschiedliche Szenarien. Im Springer-Fachbuch "Autonomes Fahren - technische, rechtliche und gesellschaftliche Aspekte" beschreiben Barbara Lenz und Eva Fraedrich, dass die gemeinschaftliche Nutzung von Fahrzeugen zunimmt. Bei flächendeckender Verfügbarkeit von Roboterautos, die auf Wunsch chauffieren ("Vehicles-on-Demand"), dürfte die Nachfrage weiter anziehen - auch auf dem Land. Weniger Fahrzeuge bedeuten aber auch weniger Werkstattaufträge.
Mehr selbstfahrende Autos auf den Straßen könnten sich darüber hinaus auf das Schadengeschäft auswirken. Autor Thomas Winkle beschreibt ebenfalls im erwähnten Fachbuch, dass menschliches Fehlverhalten mit einem Anteil von 93,5 Prozent das Hauptrisiko für Verkehrsunfälle darstellt. Der Autopilot lässt sich dagegen nicht ablenken. Nicht missverstehen: Weniger Unfälle sind eine tolle Aussicht - mehr Verkehrssicherheit geht einher mit weniger Verletzten und Toten. Auf der anderen Seite ist der Bereich Karosserie & Lack auf die Unfallinstandsetzung spezialisiert, Betriebe investieren viel Geld in Weiterbildung und Equipment. Nach Angaben von Destatis gab es 2016 2,3 Millionen Fälle von Blechschäden.
Jobkiller E-Mobility?
Die Autobranche erwartet, bis auf wenige Ausnahmen, einen raschen Durchbruch der Stromer. Zwar sind die aktuellen Zahlen noch ernüchternd, doch deuten fast alle automobilen Zukunftsperspektiven auf eine erhebliche Zunahme der E-Mobile. Je mehr dieser Aggregate durchs Land surren, umso weniger Verschleißteile gegenüber dem Verbrennungsmotor sind verbaut. Batterieelektrische Autos kommen u. a. ohne Turbolader, Nockenwelle und Abgassystem aus.
Die Branche blickt nach vorn und bereitet sich vor. Sorgen sind laut ZDK unbegründet. Der Verband berechnete 2016 die elektromobile Zukunft in der Studie "Auswirkungen der Elektromobilität auf den Wartungsumsatz im Kfz-Gewerbe". Ausgehend vom Ziel der Regierung, bis 2030 rund fünf Millionen Elektroautos auf die Straße zu bringen, würden die Wartungsumsätze der Kfz-Betriebe von 26 Milliarden auf 25,8 Milliarden Euro nur leicht sinken. Die Gründe: Einerseits fallen bei batteriebetriebenen Autos weniger Wartungsarbeiten an, andererseits geht der Verband in der Übergangszeit von mehr Hybridfahrzeugen aus. Und diese kosten im Vergleich mehr im Unterhalt, was die Einbußen durch Voll-Stromer kompensiert, hieß es.
Chancen und Risiken liegen nah beieinander: Wer sich auf die neue Technologie versteht, generiert Geschäft. Selbst bei unfallfreiem Verkehr und elektrisch betriebenen Fahrzeugen geht die Arbeit nicht aus.
Kurzfassung
Künftige Autos werden volldigitalisiert anrollen. Die Auswirkungen sind mehr Elektronik und Software. Nimmt man noch die Elektromobilität in die Prognose auf, hat der Verkehr der Zukunft weniger verbaute Teile, einen geringeren Fahrzeugbestand und weniger Blechschäden zur Folge. Der Aftersales steht vor einer Herausforderung.
- Ausgabe 04/2017 Seite 32 (334.0 KB, PDF)