Die deutschen Autohäuser zeigen sich besorgt über die geplante Schließung von Filialen, mit der die Bundesregierung die Ausbreitung des Coronavirus bremsen will. Dies bringe die Unternehmen in eine prekäre Lage, teilte der Vizepräsident des Zentralverbands Deutsches Kfz-Gewerbe (ZDK), Thomas Peckruhn, am Dienstag in Bonn mit. "Quer durch die Autohäuser muss ab sofort eine Demarkationslinie gezogen werden." Es sei gut, dass Werkstätten weiter betrieben werden können. Viele Betriebe könnten ein komplettes Verbot aber nicht ohne Liquiditätshilfen überstehen.
Peckruhn zufolge gibt es aber auch Unverständnis: Zwar dürfe man einem Kunden ein Autozubehör einbauen, aber nicht verkaufen. "Das Kfz-Gewerbe bekenne sich ohne Wenn und Aber zum Vorrang des Schutzes von Leib und Leben in dieser noch nie dagewesenen Krisensituation", betonte der ZDK-Vize. Man sehe aber nicht, wie zweierlei Maß im gleichen Unternehmen einen Beitrag zum Gesundheitsschutz leisten könne.
Die Bundesregierung hatte am Montag den Ländern im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus vorgeschlagen, eine Vielzahl von Geschäften zu schließen. Dazu gehören nach Lesart der Leitlinien auch die Verkaufsräume der Autohändler. Dagegen dürfen die Betriebe ihre Werkstätten für die Kunden zwecks Inspektion und Reparatur von Fahrzeugen offen halten. Für Supermärkte, Apotheken und andere Läden, die zur Versorgung der Menschen dienen, gilt das ohnehin.
Verkaufsräume keine besondere Gefahr
Der Bundesverband freier Kfz-Händler (BVfK) kritisierte die Corona-Beschränkungen für die Betriebe. "Der Kfz-Handel ist in kaum einem Punkt mit dem normalen Einzelhandel vergleichbar, denn hier finden sich keine dicht gedrängten Menschengruppen an Verkaufsschaltern und Kassen", sagte der BVfK-Vorsitzende Ansgar Klein. In der Regel könne beim Autoverkauf der für die Eindämmung der Corona-Pandemie geforderte Mindestabstand ohne Probleme eingehalten werden.
Klein unterstrich, dass der Autohandel eine wichtige Aufgabe zur Aufrechterhaltung der Grundversorgung zukomme. "Denn gerade der Verkauf von Lagerware bei Neu- und Gebrauchtwagen dient häufig dem Erhalt der Mobilität von Berufsgruppen wie Ärzten und auch der für die Aufrechterhaltung des öffentlichen Lebens wichtigen Dienstleistern." Daher sei er mindestens auf die Stufe von Geschäften mit Tierbedarf, Baumarkt- oder Gartenartikeln zu stellen.
Die große Frage ist: Ab wann treten die Empfehlungen der Bundesregierung in den einzelnen Ländern in Kraft? Konkret sind die Geschäftsschließungen seit dem Wochenende in Nordrhein-Westfalen und seit Dienstag in Hamburg und Niedersachsen. Bayern folgt nach der Festsetzung des Katastrophenfalls am Mittwoch. Dann wollen auch das Saarland, Rheinland-Pfalz und Hessen die Vorschläge aus Berlin umsetzen. In Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Bremen sind die Maßnahmen ebenfalls ab Mittwoch beschlossene Sache.
Die Landesregierung in Schleswig-Holstein will nach eigenen Angaben "baldmöglichst" nachziehen. In Berlin und Brandenburg dürften die Schließungen voraussichtlich ab Mittwoch erfolgen, Entscheidungen stehen aber noch aus. In Sachsen soll es ab Donnerstag soweit sein. In Baden-Württemberg und Thüringen bleibt der Einzelhandel dagegen vorerst offen (Stand 17. März, 16:30 Uhr). (rp/js)