-- Anzeige --

Starterbatterien: Die Ohnmacht des Safts

21.08.2015 06:00 Uhr
Starterbatterien: Die Ohnmacht des Safts

-- Anzeige --

Wenn man der Pannenstatistik Glauben schenken darf, ist die häufigste Ursache für Liegenbleiber eine defekte Spannungsversorgung. Zwischen 30 und 35 Prozent der Fälle werden der Starterbatterie zugeordnet. Die Dunkelziffer kann nur geschätzt werden; sie liegt wohl noch höher.

Während die Lebensdauer von Blei-Säure-Akkus bei geeigneter Pflege bis zu zwölf Jahre betrug, ist die Lebensdauer vieler Batterien mit moderneren Technologien wie Calcium-Calcium deutlich geringer. Die Hersteller werben mit diesen Technologien und Wartungsfreiheit, dennoch wird die prognostizierte Lebensdauer häufig nicht erreicht. Batteriewechsel nach bereits zwei, drei oder vier Jahren sind leider keine Seltenheit.

Warum ist das so? Während Batteriehersteller die Nenndaten ihrer Produkte unter günstigen Laborbedingungen ermitteln, sind diese Bedingungen im Praxisbetrieb kaum realisierbar. Auch hängt die Kapazität einer Starterbatterie von vielen Faktoren ab; Typ, Alter, Temperatur, Ladetechnik und nicht zuletzt das Fahrverhalten spielen wesentliche Rollen. Somit stehen auch die Automobilhersteller vor einem Problem: Sie müssen dafür Sorge tragen, dass die Batterie immer einen ausreichenden Ladezustand erreichen kann, egal, unter welchen Bedingungen. In modernen Fahrzeugen soll ein sogenanntes Batteriemanagement diese Mammutaufgabe bewältigen.

Warum es häufig zu einer entladenen Batterie kommt, liegt in der Regel an drei hauptsächlichen Ursachen:

- vorgeschädigte Batterie (überlagert oder Produktionsfehler)

- mangelnde Ladung (Generator)

- zu hoher Ruhestrom im Fahrzeug

Kauft man eine Batterie aus dem Händlerregal, wird der Ladezustand deutlich unter 100 Prozent liegen. Beträgt die Lagerdauer nicht mehr als ein oder zwei Monate, kann ein Ladegerät der Batterie wieder zu rund 100 Prozent Ladezustand verhelfen. Längere Lagerzeiten bei niedrigen Temperaturen begünstigen die vorzeitige Sulfatierung, verbunden mit irreversiblem Kapazitätsverlust. Durch Überlagerung schadhaft gewordene Batterien sind den Herstellern bekannt. Das dürfte auch der Grund sein, warum oft nur codierte, für den Endkunden nicht erkennbare Herstellungsdaten verwendet werden. Wer kauft eine neue Batterie, die schon zehn Monate im Regal steht?

Ein realer Fall: Von einer ganzen Palette (25 Stück) an eine freie Werkstatt gelieferter Starterbatterien befand sich nur eine einzige in ordnungsgemäßem Zustand. Was aber nur auffiel, weil die Batterien im Freien bei einer Außentemperatur um den Gefrierpunkt getestet wurden. Bereits ab etwa 10 Grad Celsius wäre dieser Test anders ausgefallen. Viele Händler und Werkstätten prüfen die Batterien nach Erhalt nicht und verkaufen sie so an Endkunden weiter. Großhändler beziehen, wie der Name schon sagt, größere Stückzahlen, verkaufen aber nur einen kleineren Teil unmittelbar. Der Rest wartet im Regal auf Käu-U fer, mitunter Wochen und Monate, und ist beim Verkauf schon defekt. Bereits mit Einfüllen der Säure beim Hersteller beginnt die Batterie zu leben - und zu altern. Interessant ist, dass ein namhafter Batteriehersteller ein Infoblatt veröffentlicht, das empfiehlt, die Batterien vor dem Einbau ins Fahrzeug mindestens 24 Stunden bei einer Spannung von 16 Volt zu laden, damit die Nennkapazität tatsächlich erreicht wird. Welche Werkstatt, welches Autohaus folgt dieser Empfehlung?

Ursache von Elektronikproblemen

Sofern die Batterie in der warmen Jahreszeit erneuert wurde, wird die reduzierte Kapazität nicht sofort auffallen, zumindest nicht bei Startvorgängen. Gerade Fahrzeuge mit komplexer Elektronik können empfindlich auf reduzierte Batteriekapazitäten reagieren. Mit anderen Worten: Die Ursache von Elektronikproblemen kann durchaus in einer schlecht geladenen Starterbatterie liegen.

Setzt man die Startleistung einer neuen, voll aufgeladenen Batterie bei einer Außentemperatur von 20 Grad Celsius auf etwa 100 Prozent fest, sinkt diese bei 0 Grad Celsius auf rund 65 Prozent. Gleichzeitig steigt die vom Starter aufzubringende Leistung auf etwa 150 Prozent. Bereits bei einem Ladezustand von ca. 80 Prozent setzt ein leichter Sulfatierungsprozess ein. Im Fahrzeug und unter günstigen Voraussetzungen erreicht die Batterie in der Regel einen Ladezustand von nur etwa 80 bis 85 Prozent.

Oft hört man die Aussage, in den letzten Jahren sei der Energiebedarf im Fahrzeug gestiegen, Kurzstrecken und die Vielzahl von Verbrauchern würden die Batterie entleeren. Dabei stellt sich die Frage, warum Fahrzeuge zuvor keine Probleme hatten, das Problem der reduzierten Batterielebensdauer erst nach Umrüstung auf Batterien mit modernem Innenleben auftaucht, obwohl sich am Fahrverhalten des Kunden nichts geändert hat? Die Empfehlung von Batterieherstellern, solche Fahrzeuge öfter an ein Ladegerät anzuschließen, passt nicht zur Nutzungsrealität. Wenn die Ladebilanz bei Kurzstrecken negativ ausfällt, muss ein leistungsfähigerer Generatoren her. Doch das geschieht nicht, weil zu teuer. Vielmehr nimmt man derartige Situationen wissend in Kauf.

Interessant ist auch, dass konventionelle Blei-Säure-Akkus relativ unkompliziert zur früher üblichen Reglerspannung von 14,4 Volt passen, auch bei mit mehr elektrischen Verbrauchern ausgestatteten Fahrzeugen. Gerade bei älteren Fahrzeugen, die noch kein Batteriemanagement besitzen, beträgt die nominelle Reglerspannung etwa 14,4 Volt. In der Praxis können mehrheitlich jedoch nur Werte von etwa 13,8 bis 14,2 Volt gemessen werden. Wird der Blei-Säure-Akku durch eine Calcium-Calcium-Batterie ersetzt, erhöht sich die Ladeschlussspannung auf 14,8 Volt (Durchschnittswerte). Mit der Kombination aus ca. 14 Volt Ladespannung und 14,8 Volt Ladeschlussspannung wird somit, gerade auf Kurzstrecken, schneller ein Ladedefizit erreicht. Zudem zeigen entsprechende Tabellen, dass bei niedrigeren Temperaturen eine noch höhere Ladespannung erforderlich ist.

Zonen unterschiedlicher Säuredichte

Verliert eine neue Batterie innerhalb weniger Wochen Einsatzdauer im Fahrzeug 40 Prozent und mehr ihrer Nennkapazität, ist das die Folge einer sogenannten Säureschichtung. Gerade in vollgepackten Batterien, in solchen mit nur geringen Plattenabständen, ist eine gleichmäßige Durchmischung der Säure nicht möglich, solange die Batterie unterhalb der Ladeschlussspannung geladen wird. In der Batterie bilden sich Zonen unterschiedlicher Säuredichte, verbunden mit deutlichem Kapazitätsverlust. Ein Phänomen, das übrigens bei allen Batteriebauarten auftritt. Mit passiven Mischelementen, die die Massenträgheit des Elektrolyts nutzen, gibt es zwar eine Lösung, die aber von der Industrie offenbar nicht angenommen wird. Hersteller empfehlen stattdessen, die Batterie extern mit einer Spannung von 15,8 bis 16 Volt über 24 Stunden zu laden und damit wieder eine gleichmäßige Säureschichtung entstehen zu lassen. Hierfür werden auch Ladegeräte im Handel angeboten.

Höhere Ladespannungen sind für Fahrzeughersteller ein Dorn im Auge, weil sie Glühlampen schneller ausfallen lassen. Motto: Lieber weniger Spannung an der Batterie, aber dafür halten die Glühlampen länger durch.

Normalerweise sollte sich die Stromaufnahme moderner Pkw nach dem Verriegeln und innerhalb einer nicht zu langen Zeit auf einen Wert zwischen zehn und 40 Milliampere einpendeln. Doch was steckt dahinter, wenn die Batterie am nächsten Tag dennoch entladen ist, die Überprüfung in der Werkstatt aber keinen Fehler ergibt? Die Diagnose lautet dann: Batterie defekt. Das ist sie jetzt tatsächlich, weil sie tiefentladen ist. Daraufhin wird die Batterie geladen (billige Variante) oder erneuert (teure Variante) und der Kunde verlässt die Werkstatt. Nach drei bis vier Tagen ist er mit dem gleichen Problem zurück. Die wiederholte Prüfung ergibt keinen anderen Befund als zuvor, womit Spekulationen beginnen. Sporadische Zellenschlüsse und Vergleichbares. Wobei sporadische Zellenschlüsse tatsächlich vorkommen. An aufgeschnittenen Akkus mit hoher Packungsdichte konnte man feststellen, dass es bei Temperaturschwankungen zu Plattenverzügen und somit zu Zellenschlüssen kommen kann.

Zurück zum Problemakku, der ja noch unter die Gewährleistung fällt. Er wird zum Hersteller geschickt, von diesem kommt er nach wenigen Tagen mit der Aussage "Batterie in Ordnung" zurück. Spätestens jetzt sollte tiefer geforscht werden. Die genannte Situation kann zwei Ursachen haben, zum einen ein tatsächlicher, vom Hersteller nicht erkannter Batteriedefekt, und zum anderen ein elektrischer Verbraucher, der sich sporadisch selbst einschaltet und die Batterie über die Zeit entleert.

Die Vielzahl von Elektronikkomponenten im Fahrzeug bringt es mit sich, dass, beispielsweise durch elektromagnetische Strahlung, eine Komponente aktiviert wird und mit ihrer Aktivität die Batterie entleert, was nicht selten über Nacht geschieht. Derartige Fälle sind aus der Praxis bekannt, aber nur schwer zu lösen, weil das Phänomen sporadisch auftritt. Womöglich hilft nur eine Langzeitaufzeichnung über mehrere Tage oder Wochen; schlimmstenfalls wird auch dann nichts gefunden.

Pro Jahr werden in Deutschland etwa zwölf Millionen Batterien verkauft - bei einem durchschnittlichen Preis von circa 70 Euro ein Milliardengeschäft. Hauptausfallursache ist Sulfatierung, doch nicht jede sulfatierte Batterie ist dem Tod geweiht. Sofern nicht das Endstadium der Sulfatierung erreicht ist, lässt sich diese rückgängig machen. Auch hierzu werden im Handel Geräte angeboten.

-- Anzeige --
-- Anzeige --
-- Anzeige --
-- Anzeige --

KOMMENTARE


Tom

13.03.2022 - 11:33 Uhr

Es ist ein organisierter Betrug durch die Hersteller von Autobatterien. Nicht Monate sondern Jahre stehen Batterien im Regal bevor sie als neu verkauft werden. Das tatsächliche Alter einer Batterie wird absichtlich verschleiert oder gleich ganz verheimlicht. Der Gesetzgeber schläft wie immer und der Kunde ist wieder mal der dumme.


SAGEN SIE UNS IHRE MEINUNG

Die qualifizierte Meinung unserer Leser zu allen Branchenthemen ist ausdrücklich erwünscht. Bitte achten Sie bei Ihren Kommentaren auf die Netiquette, um allen Teilnehmern eine angenehme Kommunikation zu ermöglichen. Vielen Dank!

-- Anzeige --

WEITERLESEN




NEWSLETTER

Newsletter abonnieren und keine Branchen-News mehr verpassen.


asp AUTO SERVICE PRAXIS Online ist der Internetdienst für den Werkstattprofi. Neben tagesaktuellen Nachrichten mit besonderem Fokus auf die Bereiche Werkstatttechnik und Aftersales enthält die Seite eine Datenbank zum Thema RÜCKRUFE. Im neuen Bereich AUTOMOBILE bekommt der Werkstatt-Profi einen Überblick über die wichtigsten Automarken und Automodelle mit allen Nachrichten, Bildergalerien, Videos sowie Rückruf- und Serviceaktionen. Unter #HASHTAG sind alle wichtigen Artikel, Bilder und Videos zu einem Themenspecial zusammengefasst. Außerdem gibt es im asp-Onlineportal alle Heftartikel gratis abrufbar inklusive E-PAPER. Ergänzt wird das Online-Angebot um Techniktipps, Rechtsthemen und Betriebspraxis für die Werkstattentscheider. Ein kostenloser NEWSLETTER fasst werktäglich die aktuellen Branchen-Geschehnisse zusammen. Das richtige Fachpersonal finden Entscheider auf autojob.de, dem Jobportal von AUTOHAUS, asp AUTO SERVICE PRAXIS und Autoflotte.