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Interview: Basteln an der Agenda 2025

19.01.2017 11:00 Uhr
Interview: Basteln an der Agenda 2025

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asp: Herr Aukamm, was war Ihre erste Amtshandlung als neuer Hauptgeschäftsführer des ZKF?

T. Aukamm: Als erste echte offizielle Amtshandlung konnte ich in den ersten Wochen die Übergabe eines komplett ausgestatteten Werkzeugwagens an eine Europaschule für Fahrzeugtechnik vornehmen, mit der wir als Verband und unsere Mitgliedsbetriebe hervorragend kooperieren. In den kommenden Tagen und Wochen geht es um das intensive Einarbeiten in die Strukturen, Aufgaben und Erwartungen des Verbandes und seiner Mitglieder.

asp: Welche Projekte haben Sie sich für die nächsten Monate vorgenommen?

T. Aukamm: Erst einmal den Verband und seine Mitglieder wirklich verstehen und hieraus eine neue Mission erarbeiten. Das ist meines Erachtens die wichtigste Grundbedingung, um als Sprachrohr und Meinungsvertreter der Mitgliedsbetriebe erfolgreich und akzeptiert agieren zu können.

asp: Welche Themen der Agenda 2020 müssen noch weitergetrieben werden?

T. Aukamm: Die "Agenda 2020" hat ihre wesentlichen Ziele erreicht. Hierzu gehören unter anderem auch der EuroDFT, mit dessen Hilfe als Diagnosesystem in den freien K&L-Betrieben herstellerunabhängig Steuergeräte ausgelesen und programmiert werden können. Mit Repair-pedia hat man ein wesentliches Ziel erreicht, online basiert ein Wissensportal für Karosserie-, Kfz-Werkstätten und Sachverständige zu schaffen, welches auf den ZKF-Tipps basiert und von der ZKF-Tochter Eurogarant AutoService AG betrieben und weiterentwickelt wird. In Sachen Nachwuchswerbung für zukünftige Auszubildende wurde eine Kampagne geschaffen, die von jeder Innung und jedem Betrieb genutzt werden kann. Die Nutzfahrzeug-Kompetenz wurde weiter ausgebaut und neue Felder wie Caravan-Reparatur wurden geschaffen. Insgesamt hat man damit die Ziele sogar vorzeitig erreicht und aus diesem Grund wird man nun gemeinsam mit dem Vorstand eine "Agenda 2025" erarbeiten, die weiter auf die Herausforderungen der Zukunft eingehen wird.

asp: Wie sieht eine Agenda 2025 aus - welche Themen müssen angepackt werden?

T. Aukamm: Gleich zu Beginn von 2017 wird sich das gesamte ZKF-Präsidium mit Vorstand und Geschäftsführung in Klausur begeben und auf Basis der aktuellen und zukünftigen Themen die Bestandteile der Agenda 2025 erarbeiten. Hierbei wird man vor allem auch die Zukunft der Mobilität, fortschreitende Digitalisierung, neue Karosseriekonzepte und vor allem auch sich verändernde Marktverhältnisse zwischen Betrieben und Versicherern im Auge haben. Wir leben in einer Zeit des Umbruchs und hierfür ist es unsere Pflicht, den Betrieben die richtigen Empfehlungen geben zu können.

asp: Der Versicherer HUK-Coburg bastelt am eigenen Werkstattnetz. Wie sehen Sie diese Entwicklung?

T. Aukamm: Als Verband stehen wir im direkten Dialog mit der HUK und kommunizieren unsere Schlussfolgerungen einerseits, sprechen aber andererseits mit unserer Expertise auch über Chancen. Ein eigenes Werkstattnetz eines Versicherers kann aus dessen Perspektive Sinn machen - funktionieren wird es jedoch nur, wenn sich die Betriebe in welcher Form auch immer dabei gesund entwickeln können. Die bisher zugesagten Umsatzgrößen in der Schadensteuerung sind für die meisten Betriebe betriebswirtschaftlich und existenziell jedoch deutlich zu gering. Zudem bedeutet dies für betroffene Betriebe, einen großen Schritt weg von der unternehmerischen Eigenverantwortung und Freiheit. Insoweit bleibt unsere Aussage "jeder Mitgliedsbetrieb sollte sich genauestens überlegen, ob er diesen Schritt geht" bestehen.

asp: Was könnte am Ende einer solchen Entwicklung stehen - dass der Versicherer auch noch vorschreibt, wo Kfz-Teile eingekauft werden?

T. Aukamm: Möglich ist dies. In anderen Ländern besteht sogar eine Einkaufskooperation zwischen sich im Wettbewerb befindenden Versicherern. So lassen sich relevante Masseneffekte und damit die günstigsten Preise erreichen. Dass damit ein nicht unwesentlicher Teil des Ergebnisbeitrags bei den Werkstätten verschwindet, wäre die Konsequenz. Betriebe könnten unter dieser Konstellation nur noch überleben, wenn der Stundenverrechnungssatz auf der anderen Seite angehoben wird.

asp: Der ZKF lehnt die Forderung der HUK-Coburg nach einheitlicher Signalisation der Partnerbetriebe ab. Warum?

T. Aukamm: Unsere Werkstattbetriebe sind freie Unternehmer mit eigener Identität und Neutralität - und dies in den meisten Fällen schon seit mehreren Generationen sehr erfolgreich. Die einheitliche Signalisation für nur einen Versicherer würde bei einer weiteren Zunahme der Schadensteuerung eine pure Abhängigkeit von diesem Partner-Versicherer bedeuten. Dieser wiederum müsste im Gegenzug eine Auslastung garantieren, damit der Betrieb überleben kann. Um die Unabhängigkeit unserer Mitgliedsbetriebe zu sichern, können wir zum gegenwärtigen Diskussionsstand nur davon abraten, seinen Betrieb einheitlich für einen Versicherer zu signalisieren und damit andere existenziell notwendige Auftraggeber zu verdrängen.

asp: Wo betrifft das Thema Digitalisierung die Betriebe am meisten?

T. Aukamm: Eigentlich könnte man die Frage umdrehen: Wo betrifft das Thema Digitalisierung die Betriebe in der Zukunft nicht mehr? Ich gehe davon aus, dass zukünftig neben dem gesamten Prozessablauf der Schadenregulierung der Einkauf sowie die gesamte Kommunikation digitalisiert werden. Hinzu kommt seitens der zu reparierenden Fahrzeuge eine regelrechte digitale Revolution auf uns zu. Zunehmend werden Komponenten und Fahrzeugteile mit Steuergeräten im Auto verknüpft sein. Der ZKF hat daher gemeinsam mit dem ZDK die Entwicklung des Diagnose-Tools "EuroDFT" umgesetzt. Hiermit wird es den freien Werkstätten herstellerunabhängig möglich, nicht nur Fahrzeugdaten auszulesen, sondern auch Programmierungen für das Fahrzeug mit der Originalsoftware vorzunehmen. Dies kann damit für neueste Euro 5- und Euro 6-Fahrzeuge erfolgen.

asp: Wo besteht in Sachen Digitalisierung Nachholbedarf bei den Betrieben?

T. Aukamm: Gerade die zunehmende Digitalisierung der Fahrzeuge mit Assistenzsystemen, High-Tech-Steuergeräten mit komplexer Software oder der Elektrifizierung des Antriebsstranges verlangen weitere Investitionen der Betriebe in Diagnose- und Programmier-Werkzeuge, damit sie ihre Arbeit richtig erledigen können. Wir als ZKF und Verband für die freien Werkstätten kämpfen dafür, dass verhältnismäßig günstige Allround-Technologien wie zum Beispiel der erwähnte Euro-DFT für unsere Mitgliedsbetriebe am Markt erhältlich sind. In solche markenübergreifenden Problemlöser werden die Werkstätten zukünftig verstärkt investieren müssen, im Schwerpunkt in das entsprechende Personal, um Reparaturen erfolgreich durchführen zu können.

asp: Wie schwer ist es für Mitglieder in der Ausbildung heute Nachwuchs zu finden?

T. Aukamm: Wie in nahezu allen Handwerksberufen werden auch im Karosserie- und Fahrzeugbauer- sowie im Fahrzeuglackierer-Handwerk dringend geeignete Auszubildende gesucht. Die Situation hat sich sowohl im hochtechnisierten Karosserie- und Fahrzeugbau als auch im Bereich der anspruchsvollen Fahrzeuglackierung verschärft. Waren vor zehn Jahren noch zu viele Bewerber auf Ausbildungsplatzsuche, so sind viele Betriebe heute glücklich, wenn überhaupt noch Bewerbungen von geeigneten Kandidaten eingehen. Auffallend ist jedoch, dass Betriebe, die sich in der jeweils ansässigen Region einen hohen Bekanntheitsgrad erworben haben und vom Image her anerkannt sind, deutlich weniger Nachwuchsprobleme haben als Kollegenbetriebe. Individuelle Aktivitäten der einzelnen Betriebe, zum Beispiel durch gezielte Ansprache von Lehrern allgemeinbildender Schulen, Schülerpraktika oder sogar Lehrerpraktika, zeigen durchaus Erfolg.

Interview: Dietmar Winkler

Kurzfassung

Der Hauptgeschäftsführer des ZKF will, dass der Verband die Mitgliedsbetriebe als Problemlöser in die Zukunft begleitet - diese ist digitalisiert und gehorcht ganz neuen Marktkräften, beispielsweise durch Versicherer, die ins Geschäft drängen.

Zur Person

Zum 1. Januar 2017 hat Thomas Aukamm als neuer Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes Karosserie- und Fahrzeugtechnik (ZKF) die Nachfolge von Dr. Klaus Weichtmann angetreten. Mit der Branche verbinden ihn zahlreiche berufliche Stationen. Zwischen 2005 und 2010 war der 46-Jährige als Director Automechanika fünf Jahre lang für die weltweit größte Fachmesse für Werkstattausrüstung verantwortlich. Außerdem war der Diplom-Betriebswirt für internationale Unternehmensführung in London als Geschäftsführer Vertrieb, Marketing & Recruiting bei EDAG Engineering für die Automobilindustrie tätig. Zuletzt war er Senior Partner für den Interim Management Provider AC Alphamanagement.

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