Erwirbt ein Kunde einen Gebrauchtwagen von einem gewerblichen Händler, dann darf er erwarten, dass der Verkäufer das Fahrzeug vor dem Verkauf auch ohne besonderen Anlass in einem gewissen Rahmen untersucht hat. Eine echte Untersuchungspflicht trifft den Verkäufer dagegen nur, wenn es konkrete Anhaltspunkte für einen Sachmangel gibt. Das hat das Oberlandesgericht Oldenburg im Februar dieses Jahres entschieden (OLG-Az. 11 U 86/13).
Die Klägerin erwarb von dem Beklagten einen 13 Jahre alten Opel Zafira für 5.000 Euro. Der Pkw hatte zum Zeitpunkt des Kaufs 144.000 km auf dem Tacho, noch am Tag der Übergabe war die Hauptuntersuchung durchgeführt worden und das Fahrzeug mit einer Plakette versehen worden. Unmittelbar danach fuhr die Klägerin an ihren 900 km entfernten Heimatort. Weil aber auf der Fahrt dorthin mehrfach der Motor ausging, ließ die Klägerin das Fahrzeug in einer Vertragswerkstatt untersuchen. Dabei wurden verschiedene Mängel festgestellt, insbesondere eine übermäßig starke Korrosion an den Brems- und Kraftstoffleitungen sowie am Unterboden.
Daraufhin focht die Klägerin den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung an. Der Beklagte wies dies mit dem Argument zurück, er habe das Fahrzeug vor dem Verkauf durchgesehen und nur vordergründigen Rost festgestellt. Da das Fahrzeug vom TÜV nicht beanstandet worden sei, habe er auch nicht gegen Untersuchungs- und Hinweispflichten verstoßen.
Dies sah das OLG in seinem Urteil anders und gab der Klägerin Recht. Der Beklagte habe bei Abschluss des Kaufvertrages erhebliche Mängel arglistig verschwiegen. Zwar konnte die Klägerin nicht beweisen, dass der Beklagte positive Kenntnis von den Korrosionsschäden hatte. Der Beklagte verstieß aber nach Ansicht der Richter bewusst gegen die ihm obliegende Untersuchungspflicht als Gebrauchtwagenhändler. Bei Beachtung dieser Pflicht wären ihm die Mängel aufgefallen und er hätte die Klägerin darüber informieren müssen.
Echte und generelle Untersuchungspflicht
Das OLG führt in seinem Urteil weiter aus, dass zwischen einer "echten" und einer "generellen Untersuchungspflicht" zu unterscheiden sei: während eine echte Untersuchungspflicht den Autohändler nur dann treffe, wenn er einen konkreten Verdacht auf Fahrzeugmängel habe, bestehe die generelle Untersuchungspflicht allein schon aufgrund der Tatsache, dass ein durchschnittlicher gebrauchter Pkw entweder technisch fehlerhaft oder zumindest fehleranfällig ist.
Die Werkstatt könne sich auch nicht damit entlasten, sie habe den Pkw noch am Tag des Verkaufs dem TÜV vorgeführt: bediene sich ein Verkäufer zur Erfüllung seiner Untersuchungspflicht eines Dritten zur Begutachtung des zu verkaufenden Fahrzeugs, so handele das beauftragte Unternehmen als Erfüllungsgehilfe (vgl. § 278 S. 1 BGB). Ein Prüfverschulden sei dem Verkäufer gem. § 276 Abs. 2 BGB zuzurechnen. (Gregor Kerschbaumer)