Wer mit seinem Fahrzeug an einem freiwilligen Training zur Fahrsicherheit teilnimmt und dabei in einen Unfall verwickelt wird, kann dafür nicht einen allgemeinen Haftungsausschluss in Anspruch nehmen. Dies gilt laut Oberlandesgericht Brandenburg selbst dann, wenn das Malheur auf einem Gelände außerhalb des öffentlichen Verkehrsraums passiert und die Freistellung von der Haftung mit dem Anmeldeformular des Veranstalters garantiert wurde. Ein solcher Haftungsausschluss gelte nämlich als so genannte "überraschende Klausel" und sei von vorneherein unwirksam, so die Richter (OLG-Az.: 12 U 55/13).
Wie die Deutsche Anwaltshotline vergangene Woche berichtete, fuhren im Streitfall bei einem Fahrsicherheitstraining zwei Motorräder dicht hintereinander. Als das vordere in einer engen Linkskurve zu Fall kam, wurde auch das hintere mitgerissen. Obwohl der Fahrer des zweiten Motorrads insofern eine offensichtliche Mitschuld am Unfall trägt, als dass er viel zu eng aufgefahren war, wollte seine Versicherung bei der Haftungsverteilung hauptsächlich den Fahrer der ersten Maschine für den Schaden aufkommen lassen. Dessen Sturz sei nämlich ursächlich für den Unfall der Maschine hinter ihm gewesen.
Dem verweigerte sich allerdings der vorneweg gestürzte Motorradfahrer. Denn das private Fahrsicherheitstraining für Motorradfahrer fand auf dem Gelände eines stillgelegten Flugplatzes statt, wo die Betriebshaftung nicht gelte. Außerdem habe der Veranstalter im Anmeldeformular jegliche Haftung der Beteiligten untereinander ausdrücklich ausgeschlossen.
Betriebshaftung auch im nichtöffentlichen Verkehrsraum
Eine Argumentation, der das Gericht nicht folgen wollte. Der umstrittene Haftungsausschluss sei in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Veranstalters zwar tatsächlich enthalten, doch sei so eine grundsätzliche Klausel laut Bürgerlichem Gesetzbuch gar nicht zulässig. Zudem setze die Betriebshaftung eines Kraftfahrzeuges keinesfalls eine öffentliche Verkehrsfläche voraus. Somit sei der Sturz des zweiten Motorrads zu Recht dem Betrieb des ersten Motorrades zuzurechnen.
Eine vollständige Haftung des ersten Motorradfahrers schied laut Richterspruch aber aus. Der zweite Fahrer war nämlich mit einer Geschwindigkeit von 60 km/h in die Kurve gefahren und hatte das Tempo auf der geraden Strecke zuvor sogar noch erhöht. Dessen Versicherung durfte den eigentlichen Unfallverursacher zwar in Regress nehmen, aber nur mit 60 Prozent des Gesamtschadens. (ng)