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Beschaffung Ersatzteile: Original versus Reproteil

14.02.2019 11:00 Uhr
Gunter Liehr Ersatzteilbeschaffung
Die schwarze Kunststoffblende vom Hersteller am Aygo kostet heute doppelt so viel wie vor drei Jahren.
© Foto: Anna Matuschek

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Von Fall zu Fall entscheidet Gunter Liehr in Sachen Ersatzteilversorgung. Der Betriebsleiter von CSR (Car Spot Repair) Liehr in Denkendorf bei Stuttgart betreut Lack- und Karosserieschäden. In der Werkstatt steht ein Ford Mustang, Baujahr 2007, silber. Kein Allerweltsauto, aber auch kein wirklicher Exot. Sein Manko: Ein eingedrücktes Seitenteil hinten rechts. In diesem Fall ist das leider ein Totalschaden. "Das ganze Ersatzteil für die erste Generation gibt es in Deutschland nicht mehr. In Amerika kostet es 1.900 Euro, dazu kommen Versand, eventuelle Verzollung und natürlich die Montage. Bei einem privat genutzten Fahrzeug lohnt sich das nicht, denn es übersteigt den Restwert. Daher haben wir hier in Handarbeit repariert, um das Auto zu erhalten", erläutert Liehr das Fallbeispiel. Für das Nachfolgemodell kostet das identische Teil 728,03 Euro netto. Da hätte man sich dann wohl eher für den Tausch entschieden.

Junges Auto, dünnes Material

Bei jüngeren Pkw, ganz besonders Firmen- und Leasingfahrzeugen ist immer eine möglichst herstellerähnliche Reparatur gefragt. "Da möchte man natürlich keinen Zinn und möglichst wenig Spachtel. Das Auto muss am Ende dastehen wie aus dem Laden - und dafür kommen ausschließlich originale Blechersatzteile in Frage", unterstreicht der Fachmann. Der Kauf von großvolumigen Teilen beim Markenhandel habe zudem den Vorteil, dass eventuelle Mängel sofort auffallen. Die Rücknahme ist dann ohne Probleme möglich und Transportschäden aufgrund unsachgemäßer Handhabe beim Versand wenig wahrscheinlich.

Und dennoch ist der Preisaufschlag der originalen Teile bei manchen Modellen deutlich spürbar. So hat die Heckblende an Liehrs Ersatzwagen Toyota Aygo vor drei Jahren noch 26,22 Euro netto gekostet. Als er Mitte 2017 einen nahezu identischen Schaden an einem Kundenfahrzeug kalkulierte, standen auf einmal 77,92 Euro netto auf der Teileliste. "Das ist natürlich dem Endverbraucher schwer zu vermitteln, denn einen Pi-mal-Daumen-Preis möchten die meisten vor Freigabe schon gerne", erinnert sich Gunter Liehr. Aber, das Teil musste her und zwar vom Hersteller direkt. Ganz besonders bei Kunststoffteilen von Drittanbietern, wenn es sie denn gibt, sei die Grundierung meist schlecht. "Am Ende kommt man auf dasselbe heraus, wie wenn man gleich ein originales Teil kauft. Denn wenn sich die verschiedenen Lack-Schichten untereinander nicht vertragen, dann kostet das Zeit und Material", weiß er und versucht dies auch an Kunden mit mitgebrachten Teilen zu vermitteln: "Wer seine Sachen selbst mitbringt, muss damit rechnen, dass es zu Problemen kommen kann. In solchen Fällen, egal ob günstiges Reproteil oder gebraucht, ist eine Rücknahme oder Beanstandung beim Verkäufer meist nicht möglich."

Das Original passt immer

Die Firma CSR Liehr betreut ein breites Spektrum an Kunden. Oldtimer und Youngtimer gehören neben Alltags-, Leasing- und Transportfahrzeugen ebenso zum Alltagsgeschäft wie Lkw und Anhänger, die hier vorbereitet und auch lackiert werden können. Mit vier Gesellen (Karosserie und Lack) sowie zwei Azubis (Lack) und einer Bürokraft auf insgesamt 1.700 Quadratmetern (inklusive Außenfläche) ist Gunter Liehr für einen reibungslosen Arbeitsalltag seiner Mitarbeiter ebenso verantwortlich wie für die Kundenzufriedenheit. Für den regionalen Betrieb sind beide Punkte von hoher Relevanz. Denn gute Arbeit spricht sich herum.

Lagerung lohnt sich selten

9,88 Euro für neun Nieten hat Werkstattchef Liehr gerade bei Mercedes-Benz um die Ecke bezahlt und ärgert sich: "Natürlich könnte man so etwas auch im Großpaket bestellen, aber ich brauche es jetzt und dann bestimmt drei Jahre nicht mehr. Der Kunde bekäme einen günstigeren Preis, aber die Lagerung von Kleinteilen würde meine Möglichkeiten übersteigen. Dazu kommt beim Horten noch der Aufwand für die Inventur."

Die Nieten für knapp zehn Euro werden übrigens für die Schallschutzverkleidung an der Fahrertüre einer Mercedes B-Klasse gebraucht. Das Neuteil hätte 657 Euro gekostet, ein gebrauchtes, geprüftes von GTC (originale Teile von MB) war mit 220 Euro deutlich günstiger. "Mit ganz viel Glück gibt es sogar mal was in der passenden Farbe. In der Regel aber nicht und ich orientiere mich bei der Auswahl am Grundton." Die fragliche Tür war mal silber, das sei besser als schwarz bei einem hellen Endton. Den ebenfalls havarierten Kotflügel hat Liehr bei Mercedes-Benz neu geordert und abgeholt. Mit Rabatt für 159,32 Euro netto. Bei Diederichs Karosserie GmbH hätte es das Teil für 75,90 Euro gegeben, da wäre dann aber der Versand on top gekommen. Die Kalkulation erledigt Liehr über die Software Audatex. Zwar werden beim Standard-Angebot immer die üblichen, verknüpften Originalteilepreise angegeben, diese kann er aber manuell auf "gebraucht" oder "Zubehör" anpassen.

Bis auf Türen oder Heckklappe gibt es sehr viele Teile ganz offiziell als Nachbauteil im freien Aftersales. Von der Passgenauigkeit her ist es unterschiedlich. Manche Sachen passen wie angegossen und bei anderen ist sehr viel Nacharbeit gefragt. Ausschließlich auf Originale setzt Liehr bei den bereits erwähnten Kunststoffteilen. Je nach Kunde und Fahrzeug dürfen diese aber auch gebraucht sein. "Ich recherchiere viel im Internet und treffe öfter auf kleinere Händler. Vor Ort schaue ich mich um, nehme die Karte mit und weiß bei einem Engpass, bei wem ich nachfragen kann. Gebrauchte Originalteile sind besser als Repros mit Fragezeichen", unterstreicht Liehr. Besonders schwierig wird es bei älteren Gebrauchten. Hätte zum Beispiel jemand ein gutes Seitenteil für den Mustang für 500 Euro in Frankfurt gehabt, dann hätte er es geholt und verbaut, anstatt viele Stunden Arbeit und Material zu investieren, um am Ende eine zwar gute, aber nachweisliche Reparatur der Kernstelle abzuliefern. "Manchmal hat man aber auch Glück, für nur 13 Euro habe ich einen originalen Valeo Nebelscheinwerfer für meinen Audi S4 bekommen", freut er sich.

Kurzfassung

Reparieren oder Austauschteil - welche Strategie bei der Instandsetzung die richtige ist, hängt von vielen Faktoren ab. Werkstattprofi Gunter Liehr erklärt das anhand einiger typischer Beispiele in seinem eigenen Karosserie- und Lackbetrieb.

Ersatzteile für Young- und Oldtimer

Je jünger die Fahrzeuge, umso schwieriger ist es an gute Ersatzteile, speziell was die Karosserie angeht, zu kommen. Für beliebte Oldtimer wie den Mercedes-Benz W123 oder den VW Käfer gibt es nahezu alles, wobei es große qualitative Unterschiede gibt. Schwieriger wird es bei Youngtimern, die noch vor wenigen Jahren als billiges Alltagsauto gefahren und dann massenweise ohne Ausschlachtung verschrottet wurden.

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