Bundesverwaltungsgericht: Rundfunkgebührenpflicht für Internet-PC

28.10.2010 01:22 Uhr
GEZ-Gebühr für Internet-PC? Ja, aber nur, wenn nicht ohnehin bereits gezahlt wird.
© Foto: ddp / Martin Oeser

Falls der Besitzer nicht bereits über ein angemeldetes herkömmliches Rundfunkgerät im Betrieb verfügt, ist für den PC Geld an die GEZ zu überweisen. Die Richter warnten vor einer möglichen Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Gebührengrundlage.

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute in drei Fällen entschieden, dass für internetfähige PC Rundfunkgebühren von monatlich 5,76 Euro zu zahlen sind, falls der Besitzer nicht bereits über ein angemeldetes herkömmliches Rundfunkgerät in derselben Wohnung oder demselben Betrieb verfügt. Es handele sich um Rundfunkempfangsgeräte i.S.d. Rundfunkgebührenstaatsvertrags (BVerwG, Az.: 6 C 12.09, 6 C 17.09 und 6 C 21.09). Für die Gebührenpflicht kommt es demnach lediglich darauf an, ob die Geräte zum Empfang bereit gehalten werden, nicht aber darauf, ob der Inhaber tatsächlich Radio- bzw. Fernsehsendungen mit dem Rechner empfängt. Ebenso wenig ist es erheblich, ob der PC mit dem Internet verbunden ist, wenn er technisch nur überhaupt dazu in der Lage ist. Geklagt hatten zwei Rechtsanwälte und ein Student, die in ihren Büros bzw. in der Wohnung kein angemeldetes Rundfunkgerät bereit hielten, aber dort jeweils internetfähige PC besaßen (wir berichteten). Sie sahen ihre Grundrechte verletzt, was die Richter auch einräumten. Der Eingriff sei jedoch gerechtfertigt durch die verfassungsrechtlich garantiert Finanzierungsfunktion der Rundfunkgebühren für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Hinsichtlich der umstrittenen Neugestaltung der Rundfunkgebührenordnung (wir berichteten) ermahnte das BVerwG den Gesetzgeber die Gebührenpflichtigen durch ein neues Gesetz rechtlich und tatsächlich gleich zu belasten. "Wird die Gleichheit im Belastungserfolg durch die rechtliche Gestaltung des Erhebungsverfahrens prinzipiell verfehlt, kann dies die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Gebührengrundlage nach sich ziehen. Die Rundfunkanstalten können an der Gebührenpflichtigkeit von internetfähigen PC daher auf Dauer nur festhalten, wenn diese sich auch tatsächlich durchsetzen lässt", so das Gericht. (ng)

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KOMMENTARE

noz

02.11.2010 - 17:59 Uhr

Dazu drängt sich mir folgende Frage auf: Ist allein die Tatsache, dass ich die (technische) Möglichkeit habe, etwas zu tun, schon ausreichend, um (quasi proforma) und allein für diese Möglichkeit verurteilt zu werden? Denn nichts anderes ist hier gerade in Sachen GEZ-Urteil geschehen bzw. ist bereits in anderer und abgeschwächter Form seit langem gängige Praxis. Aber: Computer sind im Gegensatz zum Fernsehgerät Multifunktionsgeräte und von der Grundidee her in erster Linie für eine Reihe anderer Aufgaben gedacht als das Empfangen von ÖR-Sendern. PCs und das Internet sind aus unserer modernen Gesellschaft und Arbeitswelt in fast allen Bereichen einfach notwendig, denn sie verkörpern unseren Fortschritt. Dass man damit alle möglichen Informationen empfangen kann und natürlich jetz auch auch die ÖR, liegt in der Natur der Sache, eben weil die ihr Angebot nicht wie andere Anbieter gegen unbefugten Zugriff schützen, sondern quasi einfach so "rumstreuen". Aber kann die Tatsache, dass ich eine kostenpflichtige, aber ungeschützte Leistung beziehen könnte in einem Rechtstaat ausreichen, um unter Generalverdacht zu stehen und (was noch weitaus bedenklicher ist) auf Grundlage dieses Generalverdachts verurteilt zu werden? Wenn im Rundfunkgebührenstaatsvertrag steht, dass es bereits ausreicht, ein Gerät zu BESITZEN, dass die TECHNISCHE Möglichkeit bietet, Fernsehen zu empfangen, um bereits Gebühren dafür zahlen zu müssen, und das rechtens ist, wo soll das hinführen? Diese Klausel und das neue Internet-Urteil ermöglichen es, jeden PC- und Handybesitzer allein auf Grundlage eines Generalverdachts (Scharzsehens/-hörens) zu verurteilen (nämlich zur Gebührenzahlung) - und zwar ohne dass dafür vorher die in einem Rechtsstaat vorgesehenen Beweiskette eingehalten werden muss! Ist die finanzielle Sicherstellung einer staatlichen (sorry: unabhängigen) Berichterstattung so wichtig, dass dafür sogar die Grundrechtsprinzipien eben dieses Staates (wenn auch nur teilweise und in scheinbar "kleinen Dingen") außer Kraft gesetzt werden dürfen? Wenn man die Grundaussage dieses Urteils auf andere Gebiete überträgt, was bedeutet das dann für unsere Gesellschaft und unsere Rechtsstaatlichkeit? Sind wir jetzt alle Kinderschänder, Atomwaffenbauer und Terroristen, weil wir mit unserem PC und Handy schon lange die (technische) Möglichkeit haben, im Internet entsprechende Seiten aufzurufen? Oder wird der Besitz von Küchenmessern und Feuerzeugen demnächst unter Strafe gestellt, weil man damit die (technische) Möglichkeit hat, jemanden zu erstechen und Häuser anzuzünden? > hier könnte man einfach doch den Grundsatz der Gefahrenabwehr als rechtliche Grundlage heranziehen... Liebe verantwortliche Entscheider, liebe Richter, beweitem nicht jeder PC- und Smartphone-Nutzer ist am Angebot der ÖR interessiert, aber Handys und das Internet sind mitterweile ein unverzichtbarer Bestandteil unserer Arbeitswelt – und unserer Gesellschaft allgemein. Es gibt mittlerweile ganz andere und wichtigere Informationskanäle als das Fernsehen und das Radio, auch wenn das hart für die ÖR ist. Wer schützt die? Dass die ÖR da ihre Felle wegschwimmen sehen und mitverdienen wollen, ist verständlich und klar ist auch, dass es in einem Rechtsstaat eine unabhängige (und hochwertigere) Berichterstattung geben sollte. Aber werden die ÖR diesem Anspruch eigentlich überhaupt gerecht? Bei DEN Geschäftspraktiken sind da ja wohl berechtigte Zweifel erlaubt... Heiligt der Zweck, auch wenn er mal gut gedacht war, die Mittel? Oder hat die ÖR nicht einfach längst die Zeit überholt - ein aussterbender Dinosaurier, der mittlerweile künstlich durch Zwangsgelder am Leben gehalten wird, koste es was es wolle und zur Not die Rechtstaatlichkeit? Ist die Fülle an Informationen und Informationskanälen, die man heute außerhalb der ÖR übers Internet erreichen kann, nicht alleine schon Garant genug, dass sich jeder sein unabhängiges, eigenes Bild von der Welt machen kann? Wird nicht, wenn ich gezwungen bin meine Handy und meinen PC und meinen Fernseher abzuschaffen, weil ich die GEZ-Gebühren nicht zahlen kann (oder will), mein grundsätzliches Recht auf Informationsbeschaffung und jetz auch meine berufliche Qualifikationsmöglichkeit soweit eingeschränkt, dass das in keinem Verhältnis mehr zu dem möglichen geringen Vorteil steht, den ich durch das sehen und hören der möglicherweise hochwertigeren Berichterstattung der ÖR-Sender haben könnte. Und wo bleibt denn die (ebenfalls grundgesätzlich geregelte) prinzipielle Chancengleichheit, wenn die ÖR allein dafür, dass sie empfangen werden könnten, proforma garantiertes Geld kassieren und alle anderen Medien-Unternehmen, die ähnliche Leistungen anbieten, nicht? Die hätten doch dann das gleiche Recht, oder? Hm, wenn ich so darüber nachdenke, ist es glaube viel besser, wenn man das Internet wieder abschafft - die möglichen Kosten für den User sind einfach nicht abzuschätzen... Und Handys braucht man eigentlich auch nicht, hat ja früher auch alles ohne geklappt. Drei Programme, der Festanschluss von der Telekom (sorry - Post) und der Rest geht auch mit Briefen, Faxen und zur Not mit den guten alten Telegrammen. Zurück zur guten alten Zeit, dann bleibt der Informationsfluss auch übersichtlich, steuerbar, im eigenen Land und garantiert unabhängig.


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