BGH: Ausgleichsanspruch auch für insolventen Betrieb

29.06.2013 18:26 Uhr
Keine Umgehung des Ausgleichsanspruchs nach Vertragskündigung: Karlsruhe die Unwirksamkeit der Aufrechnung mit Regelungen aus der Insolvenzordnung.

Der Bundesgerichtshof hat einem Hersteller untersagt, nach der Pleite des Händlers dessen Ausgleichsansprüche mit Forderungen aus dem Händlervertrag aufzurechnen.

In vielen Händlerverträgen ist festgehalten, dass der Hersteller den Vertrag fristlos kündigen kann, wenn der Vertragshändler die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen beantragt hat. In einem vor dem Bundesgerichtshof (BGH) verhandelten Fall wollte der beklagte Hersteller nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens Forderungen aus dem Händlervertrag gegen den Ausgleichsanspruch des Händlers aufrechnen. Zu klären war, ob diese Aufrechnung wirksam war.

Wie der Kölner Branchenanwalt Jürgen Creutzig unter Hinweis auf das am 7. Mai 2013 veröffentlichte BGH-Urteil (Az.: IX ZR 191/12 ) erklärt, standen Grund und Höhe des Ausgleichsanspruchs mit 128.988,46 Euro brutto außer Streit. "Das ist wichtig: In vielen Fällen behaupten Hersteller, im Falle, dass sie wegen Anmeldung der Insolvenz des Händlers fristlos kündigen, gebe es keinen Ausgleichsanspruch. Das ist aber unzutreffend, es kommt immer auf den Einzelfall an."

In dem Streitfall hielt der Insolvenzverwalter die Aufrechnung seitens des Herstellers für unwirksam und verklagte ihn auf Zahlung des aufgerechneten Betrages zur Insolvenzmasse. Der BGH gab ihm recht. Laut Creutzig begründet Karlsruhe die Unwirksamkeit der Aufrechnung mit Regelungen aus der Insolvenzordnung (InsO). Denn der Insolvenzantrag sei dem Hersteller bereits im Zeitpunkt der Kündigung bekannt gewesen. Der Hersteller habe die Aufrechnungslage durch Ausspruch der fristlosen Kündigung selbst herbeigeführt.

Gegenstand der Anfechtung sei die Herstellung der Aufrechnungslage, so die Richter. Die Gläubigerbenachteiligung folge daraus, dass der Ausgleichsanspruch nicht mehr für die Gesamtheit der Gläubiger zur Verfügung stehe. Creutzig: "In dem Zusammenhang hat der BGH festgestellt, dass die insolvenzrechtliche Unwirksamkeit nur die gläubigerbenachteiligende Wirkung der Herstellung der Aufrechnungslage ergreift, nicht jedoch das Grundgeschäft, nämlich die Kündigung. Die bleibt wirksam."

"Insolvenzmasse wird gestärkt"

Schließlich wies der BGH das Argument des Herstellers ab, dass der Ausgleichsanspruch schon bei Abschluss des Händlervertrages "in seinem Kern" angelegt sei, so dass mit Insolvenzforderungen gegen ihn aufgerechnet werden könne. "Im vorliegenden Fall geht es um einen vor der Eröffnung entstandenen und fällig gewordenen Ausgleichsanspruch. Bei ihm ist die Aufrechnung unwirksam", heißt es in dem Urteil. Creutzig betont, dass das das Urteil in der Praxis den Gläubigern eines insolventen Vertragshändlers zu Gute komme. "Die Insolvenzmasse wird gestärkt." (asp)

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