12. BBE-Branchenforum
Internet, Schadensteuerung, Mobilität von morgen und Kundentrends waren Schwerpunkte des 12. Aftersales Forums der BBE Automotive GmbH. Acht Experten wagten einen Blick in die Zukunft des Ersatzteilgeschäfts.
Man geht wahrlich kein Risiko ein, wenn man heute behauptet, dass der Wettbewerb in Zukunft härter werden wird. Das gilt für so ziemlich jede Branche, also auch den freien Ersatzteilmarkt. Und doch ist es nicht schlecht zu wissen, welche Trends, Gesetzgebungen, Marktveränderungen oder Kundenerwartungen das Geschäft in den nächsten Jahren beeinflussen könnten.
Internet steuert Kundenströme
Solche Trends und Veränderungen aufzuzeigen, hat sich im Jahr 2000 erstmals die BBE Automotive Unternehmensberatung Köln zur Aufgabe gemacht. Zur diesjährigen zwölften Ausgabe, präsentierten Geschäftsführer Michael Borgert, Senior Consultant Eckhard Brandenburg und Moderator Michael Horn ein voll gepacktes Programm mit acht Vorträgen. Themen dabei: aktuelle Trends im Aftermarket, Mut zum Verkaufen im Service, die Bedeutung des Internets als Absatz- und Kommunikationskanal, Kundendienst- und Servicestrategien der Automobilhersteller, Veränderungen im Karosserie- und Lackmarkt, die Entwicklung der globalen Automobilindustrie und die Zukunft von Kooperationen im freien Teilegroßhandel. Eckhard Brandenburg von BBE machte den Anfang und zeigte Trends auf, die den Ersatzteil- und Reparaturmarkt aktuell und künftig beinflussen werden.
Dazu gehört ein weiter steigendes Durchschnittsalter des Fahrzeugbestands. „Über 71 Prozent aller Fahrzeuge sind älter als fünf Jahre“, so Brandenburg. Trotz steigendem Durchschnittsalter sei langfristig mit stagnierenden bis sinkenden Reparatur- und Wartungsvolumina zu rechnen. Die Folge ist ein steigender Verdrängungswettbewerb der Serviceanbieter auf unterschiedlichem Niveau: So würden bespielsweise Markenwerkstätten zunehmend von Full Service Werkstattsystemanbietern in die Zange genommen, freie Werkstätten müssen sich auf verschärfte Konkurrenz von Serviceketten und Fast-Fittern einstellen. Verschärft werde der Wettbewerb zudem duch das Medium Internet, das neue Anbieter und Angebotsformen hervorbringe. „Künftig werden Kundenströme vor allem für Standardreparaturen verstärkt über Internetportale gesteuert“, so Brandenburg.
Was für die Reparaturseite gilt, gilt in den Szenarien auch für die Teileangebotsseite. So ist bereits heute ein verschärfter Wettbewerb um den Teilekunden zwischen freiem Teilemarkt und Automobilherstellern zu spüren. Der, so glaubt man bei der BBE, wird sich weiter verstärken, beispielsweise durch den Ausbau so genannter Flatrate-Angebote derAutomobilhersteller. Auch dem Thema Flotten-und Leasingkunden messen die Unternehmensberater der BBE künftig ein höheres Gewicht bei. Flottenbetreiber und Leasingfirmen könnten künftig noch stärker Einfluss auf den Service- und Reparaturmarkt nehmen und Kundenströme gezielt zu bestimmten Serviceanbietern steuern.
Wie weit das gehen kann, zeigte Jochen Kleemann, Geschäftsführer der Spies Hecker GmbH, in seinem Vortrag über die Zukunft des Karosserie- und Lackmarktes. Aktuell liege die Quote der durch Versicherungen und Schadensteuerer gesteuerten Unfallschäden bei rund 15 Prozent. Bis 2013 rechnet Kleemann mit einem Anstieg auf 25 Prozent und mehr. Im Kasko-Bereich erwartet er mittelfristig 100 Prozent gesteuerte Schäden, weil immer mehr Kunden auf die Angebote der Versicherer eingehen und verbilligte Kaskopolicen mit Werkstattbindung abschließen.
Permanente Prozessoptimierung
Gesteuerte Schäden reparieren zu können heißt für Werkstätten vor allem Zugeständnisse machen: Beim Preis, bei den kostenlosen Servicedienstleistungen und zunehmend auch bei der Ersatzteilbeschaffung durch die Auftraggeber. Werkstätten sollten, wollen sie als Reparaturpartner von Versicherern und Schadensteuerern erfolgreich arbeiten, ihre Prozesse permanent optimieren, professionelles Kostenmanagement betreiben und Produktivität und Effizienz von Betrieb und Mitarbeitern ständig überprüfen. „Der steigende Kostendruck zwingt die Unternehmer dazu, sich künftig noch stärker betriebswirtschaftlich zu orientieren“, so Kleemann. Dass gleichzeitig auch steigende technische Anforderungen zu meistern sind, die einen erhöhten Aufwand für Aus- und Weiterbildung des Personals und der technischen Ausstattung erfordern, mache die Situation in Zukunft nicht leichter. Gerade beim Thema Personal appellierte Kleemann eindringlich an alle Unternehmer, sich um einen konsequenten Nachwuchsaufbau zu kümmern. Schon jetzt sei es im Bereich Karosserie und Lack ausgesprochen schwer, geeignetes Fachpersonal zu finden, weil die Zahl der Bewerber von Jahr zu Jahr zurückgehe. Dabei bietet der freie Teilemarkt auch künftig angesichts eines weiter leicht wachsenden Fahrzeugbestands relativ stabile Umsätze und gute Perspektiven. Gerade der freie Teilehandel hat in den letzten Jahren ein positives Wachstum erlebt. Ulrich Wohlgemuth, Geschäftsführer der mittlerweile 30 Jahre alten Coparts Autoteile GmbH, Essen, zeigte am Beispiel seiner Kooperation auf, wie man mit gutem Sortiment, Service und Dienstleistungen für die Werkstatt ein kontinuierliches Wachstum erreicht. Er sparte allerdings auch nicht mit Kritik an die Adresse des Teilegroßhandels in Deutschland. Nach seiner Aussage bündeln die fünf größten Kooperationen 80 Prozent des Umsatzes im freien Ersatzteilmarkt. Im Bemühen weiter zu wachsen, würden einige Marktteilnehmer allerdings jede Vernunft fahren lassen und sich Marktanteile mit wirtschaftlich unsinnigen Preiszugeständnissen oder völlig überzogenen Incentive-Programmen erkaufen. Eine teuflische Spirale, die für Teilehandel, Teileindustrie und letztlich auch Werk-stätten über kurz oder lang ins Verderben führt.
Mut zur Wahrheit
Statt sich nur über Preise zu duellieren, mahnte Wohlgemuth einen fairen Wettbewerb an, der über innovative Service-ideen und echten Mehrwert für die Kunden geführt wird. „Denn der ist es letztendlich, der das Geld in die Kasse der Werkstatt und damit auch in unsere legt.“
Auf Kundenbedürfnisse stärker einzugehen, den Mut zu haben, Kunden im Service die Wahrheit zu sagen und ihnen sinnvolle Serviceleistungen aktiv zu verkaufen, war auch ein Appell von BBE-Geschäftsführer Michael Borgert. Hier seien die Potenziale längst nicht ausgeschöpft. Einig waren sich alle Branchenteilnehmer darin, dass sich die Veränderungen im Ersatzteilmarkt allmählich einstellen werden und die Marktteilnehmer, die sich aktiv darauf vorbereiten, auch künftig erfolgreich bestehen werden. „Es besteht kein Grund zur Panik“, so Eckhard Brandenburg in seinem Fazit. fs