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Höchste Zeit!

21.04.2008 12:02 Uhr
Höchste Zeit!

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Unternehmenskrisen meistern - Teil 3

Bei einer Ertragskrise muss der Werkstattinhaber rasch reagieren und vielfältige Maßnahmen ergreifen, um das Unternehmen wieder auf Gewinnkurs zu bringen.

Der Service bleibt in Umsatz und Ertrag ein stabiles Fundament für die 39.750 Autohäuser und Werkstätten in Deutschland", meldet Robert Rademacher, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes (ZDK). Im Vergleich zum Vorjahr ergab sich beim Service ein Umsatzplus von 2,7 Prozent. "Die 27,8 Millionen Euro Umsatz, die das Gewerbe im Jahr 2007 erzielte, gehören auf die gute Seite der Bilanz", so Rademacher.

Inhaber von Kfz-Betrieben, die nichts von einem Plus im Werkstattgeschäft merken, sollten sich ihre Geschäftszahlen noch einmal genau anschauen: Es kann sein, dass sich ihr Unternehmen in einer Ertragskrise befindet. Die erkennt man daran, dass die Roherlöse bei der Werkstattarbeit, den Ersatzteilen und dem Shop-Geschäft (siehe Kasten "Roherlöse") schrumpfen. Häufig stiegen die Kosten, während die Umsätze nicht in gleichem Maße mitgewachsen sind. Ein schleichender Prozess, der nicht nur in kleineren Unternehmen häufig übersehen wird. Man muss kein Doktor der Betriebswirtschaft sein, um zu verstehen, dass es nicht lange gut geht, wenn die Kosten schneller steigen als die Umsätze. Wird diese Entwicklung nicht gestoppt und umgekehrt, ist die Existenz des Unternehmens bedroht. Denn irgendwann reichen die schrumpfenden Umsätze nicht mehr aus, um Lieferantenrechnungen, Miete oder Löhne und Sozialabgaben der Mitarbeiter zu bezahlen. Dreht die Bank den Geldhahn zu und lässt Überweisungen mangels Kontodeckung platzen, ist die nächste Krisenstufe erreicht, die Liquiditätskrise. Gerade Unternehmen ohne straffes Controlling können höchst unangenehme Überraschungen erleben, weil sie gar nicht wissen, wie schlecht die Lage ist. "Wenn die Erträge schrumpfen, ist es höchste Zeit, Gegenmaßnahmen einzuleiten", sagt Robert Häusler, Experte für den Bereich Automobil bei der Münchner Unternehmensberatung Schwärzer & Partner. Während bei einer strategischen Krise in der Regel mehrere Jahre Zeit bleiben, das Ruder herumzureißen, müssen die Maßnahmen bei einer Ertragskrise deutlich schneller greifen. Es beginnt ein Wettlauf mit der Zeit. Gerade kleineren Unternehmen bleiben aufgrund ihrer geringeren Substanz, von der sie zehren können, häufig nur wenige Monate für den Turnaround.

Kundenbindung sichert Überleben

"Eine erfolgreiche Krisenbewältigung erfordert rechtzeitiges, entschlossenes und konzentriertes Handeln", fasst Häusler zusammen. Das ist allerdings leichter gesagt als getan. Denn auf den Inhaber einer kriselnden Werkstatt kommt eine ganze Menge Extra-Arbeit zu. "Eine der wichtigsten Aufgaben besteht darin, dafür zu sorgen, dass die Kunden nicht wegbleiben, ja dass sogar neue Kunden gewonnen werden können", so Häusler. Werbeaktionen zur Bindung bestehender, zur Reaktivierung ehemaliger und zum Finden neuer Kunden sorgen dafür, dass die Umsätze in die Höhe gehen oder zumindest auf dem bestehenden Niveau bleiben. Zugegeben, sich Gedanken über Werbung zu machen und Aktionen mit der nötigen Konsequenz und Liebe zum Detail durchzuführen, ist für einen Unternehmer, der fast mit dem Rücken zur Wand steht, besonders schwierig. Zumal auch die finanziellen Mittel für groß angelegte Werbung fehlen. Doch es gibt durchaus Maßnahmen, die nicht viel kosten. Beispiele dafür sind E-Mail-Kampagnen, mit denen bestehende Kunden etwa an Prüftermine erinnert sowie auf Reifen- und Ölwechselaktionen aufmerksam gemacht werden. Telefonmarketing, mit dem "schlummernde" Kunden reaktiviert werden können, braucht genauso wenig ein dickes Budget wie ein Flyer mit Hinweis auf Sonderaktionen oder ein Gutschein für eine kostenlose Wagenwäsche beim nächsten Werkstattbesuch. Nicht zu unterschätzen ist das persönliche Beratungsgespräch bei der Fahrzeugannahme. Hier können vorbeugende Wartungsarbeiten, Fahrzeug-Ausstattung oder -Accessoires verkauft werden, was den Umsatz ebenfalls nach oben schraubt.

Gute Mitarbeiter halten

Eine weitere Möglichkeit zur Umsatzsteigerung besteht darin, den Stundensatz anzuheben. Die Maßnahme wird bei den Kunden zwar nicht auf Begeisterung, aber zumindest auf Verständnis stoßen – falls sie die Preiserhöhung überhaupt bemerken. "In jedem Fall muss der Unternehmer aber strikt darauf achten, dass er keinen verzweifelten Eindruck macht und seine Leistungen nicht verschleudert, nur um Geld einzunehmen", rät Führungskräfte-Coach Birgit Schuler (siehe Kasten: "Nicht jammern!"). "Die Kunden müssen die Angebote als Serviceverbesserungen sehen und nicht als Versuch, Finanzlöcher zu stopfen."

Die Zahl der Werkstattaufträge zu erhöhen klappt aber nur, wenn Qualität und der Service gewohnt gut sind. Den zweiten wichtigen Stellhebel zur Krisenabwehr bilden daher die Mitarbeiter. Sie müssen nun zu Höchstleistungen motiviert werden – kein leichtes Unterfangen, wenn sie Angst um ihren Arbeitsplatz haben. Die Gefahr, dass in der Ertragskrise gerade die Leistungsträger von Bord gehen, ist groß. Da Mitarbeiter meist über ein feines Gespür für die wirtschaftliche Situation ihres Arbeitgebers verfügen, macht es allerdings wenig Sinn, ihnen eine heile Welt vorzugaukeln. Das verschärft Unsicherheiten und heizt die Gerüchteküche weiter an, wie Birgit Schuler betont (siehe auch Tipp-Kasten in asp 2/08, Seite 44). Sinnvoll ist es, gegenüber dem Team gewisse Schwierigkeiten einzuräumen und es dazu zu motivieren, das Unternehmensschiff gemeinsam wieder auf Kurs zu bringen. Sofern es die finanzielle Situation zulässt, sind Leistungsanreize auch in einer Ertragskrise eine gute Idee: Besonderes Engagement sollte belohnt werden.Parallel dazu muss das Kostenbewusstsein der Mitarbeiter geschärft werden. "Grundsätzlich müssen alle allgemeinen Betriebskosten der Werkstatt auf den Prüfstand gestellt werden", erklärt Unternehmensberater Häusler. "Der größte Kostenblock einer Werkstatt sind allerdings die Mitarbeiter. Und wenn nicht genügend Arbeit vorhanden ist, müssen die Kapazitäten angepasst werden." Diese "Kapazitätsanpassungen" können durch eine Flexibilisierung der Arbeitszeit vorgenommen werden: Ist wenig Arbeit da, werden Überstunden und Urlaubstage abgebaut und das Arbeitszeitkonto ins Minus gefahren – in der Hoffnung, dass die Maßnahmen zur Kundenbindung und -gewinnung greifen und bald wieder genügend Arbeit da ist. Auch Kurzarbeit ist eine Alternative. Dabei ersetzt die Bundesagentur für Arbeit einen Teil des gekürzten Lohnes (siehe Kasten "Geld für Kurzarbeit"). Doch selbst vor Kündigungen darf ein Werkstattinhaber nicht zurückschrecken, falls sie nötig sind, um das Unternehmen vor dem endgültigen Aus zu retten.

Kosten im Griff behalten

"Unbedingt empfehlenswert ist es, sich die Wertschöpfungsstrukturen des Unternehmens anzuschauen", so Unternehmensberater Häusler. Dabei geht es darum, Ersatzteilbestände abzubauen, Abläufe zu straffen sowie Werkstattausstattung und Mitarbeiter effizienter einzusetzen, um dadurch die Produktivität, sprich die Leistungskraft der Werkstatt zu erhöhen. Eine Verkleinerung des Betriebs kann die Existenz retten. Die bereits erwähnte Flexibilisierung der Arbeitszeiten sowie das Outsourcing bestimmter Leistungen können ebenfalls sinnvoll sein. So können zum Beispiel Karosseriearbeiten an Spezialisten vergeben und die eigenen Kapazitäten dafür abgebaut werden. Hier muss allerdings genau gerechnet werden, ob dies tatsächlich günstiger ist.

Darüber hinaus gehören auch Verhandlungen mit Lieferanten zum Krisenabwehrprogramm. Einerseits muss für bestehende Lieferantenkontakte überprüft werden, ob Preise und Konditionen noch stimmen. Wird das Geld knapp, sollte der Werkstattinhaber zudem mit seinen Lieferanten Klartext reden und sie über seine wirtschaftliche Lage und die Gegenmaßnahmen informieren. Ziel ist es, zu signalisieren, dass Probleme erkannt wurden und gelöst werden – und so zu verhindern, dass die Lieferanten nur noch gegen Vorkasse liefern, Kreditlinien und Zahlungsziele kürzen oder Lieferungen eingestellt werden, wenn es zu Zahlungsverzögerungen kommt.

Offen und ehrlich

Auch gegenüber den Banken ist Offenheit grundsätzlich empfehlenswert, um die bestehenden Kreditlinien nicht zu gefährden. "In diesem Fall ist das Verhalten des Unternehmers gegenüber der Bank besonders wichtig", weiß Häusler aus Erfahrung. "Er muss auch den Bankberatern Aufbruchstimmung vermitteln und die Leistungsdaten des Unternehmens sowie die Maßnahmen zur Krisenabwehr überzeugend darlegen." Dass der Werkstattinhaber sämtliche Aussagen und Pläne durch Zahlen untermauern kann, ist bei Bankgesprächen ohnehin empfehlenswert – im Fall einer Ertragskrise ist es ein absolutes Muss.

Spätestens in der Ertragskrise muss der Unternehmer daher ein Controllingsys-tem einführen, um einen aktuellen Überblick über seine finanz- und betriebswirtschaftlichen Zahlen zu erhalten: Er muss über seinen Kontostand sowie die zu erwartenden Zahlungsein- und -ausgänge genauso Bescheid wissen wie über die Entwicklung von Kosten, Umsätzen und Erträgen.

Auch privat sparsam sein

Je nach Gefahrenstufe muss er den Status quo und Abweichungen vom Plan wöchentlich, vielleicht sogar täglich ermitteln. "Wichtig ist es auch, dass der Unternehmer seinen Dispositionskredit nicht bis ans Limit ausgeschöpft hat, um bei unerwarteten Problemen noch etwas finanziellen Spielraum zu haben", erklärt der Unternehmensberater. Überhaupt sollte er sich mit der Finanzierungsstruktur seines Unternehmens beschäftigen. Mitunter lassen sich durch Umschuldungen die Belastungen durch Zins und Tilgung reduzieren. Dies geht allerdings nur, wenn die wirtschaftliche Gesamtsituation des Unternehmens noch solide ist. Ist die Krise bereits fortgeschritten, spielen die Banken hier meist nicht mehr mit. Bei Personengesellschaften sind die Privatentnahmen ein besonders heißes Eisen. Hier ist grundsätzlich der Unternehmensgewinn der "Lohn" des Inhabers. Weil er aber nicht bis zum Ende des Geschäftsjahres warten kann, bestreitet der Inhaber seinen Lebensunterhalt meist durch Privatentnahmen aus dem Firmenkonto. Steigen die privaten Lebenshaltungskosten ist die Versuchung groß, mehr Geld vom Firmenkonto abzuheben. Solange die Werkstatt Gewinne macht, die über den Privatentnahmen liegen, ist das kein Problem. Ist der Gewinn, den das Unternehmen am Jahresende ausweist, allerdings niedriger als die während des Jahres erfolgten Privatentnahmen, wird dadurch das Eigenkapital der Werkstatt aufgezehrt. Auch das kann eine Ursache für eine Unternehmenskrise sein und darf beim Maßnahmenplan für den Turnaround nicht außer Acht gelassen werden. Angesichts der vielen Extra-Arbeit, die bei einer Ertragskrise auf den Werkstattinhaber zukommt, ist es durchaus sinnvoll, sich Unterstützung durch eine Unternehmensberatung zu holen, die sich sowohl in der Branche als auch beim Thema Krisenabwehr und Restrukturierung auskennt. "Jeder Unternehmer sollte sich fragen, ob er die Wende allein mit Unterstützung seines Steuerberaters schafft", gibt Häusler zu bedenken. Spätestens bei einer Liquiditätskrise muss auf Druck der Banken meist ohnehin ein Berater beauftragt werden. "Der so genannte Return on Consulting, also der Nutzen im Vergleich zu den Beratungskosten, ist umso höher, je früher kompetente Hilfe von außen geholt wird." Außerdem haben die wenigsten Werkstattinhaber Erfahrungen im Management einer Ertragskrise. Sanierungserfahrene Berater dagegen wissen, welche Maßnahmen wann sinnvoll sind. Als Außenstehender erkennen sie zudem Potenziale zum Kostensparen meist besser. "Ein Berater sollte jedoch nicht nur ein Sanierungskonzept ausarbeiten, sondern auch bei dessen Umsetzung unterstützen. Das erweitert die Managementkapazitäten", erklärt Häusler.

Professionelle externe Hilfe

Bei Bankgesprächen leistet ein Unternehmensberater emotionale und fachliche Unterstützung – ein wichtiger Punkt in einer Ertragskrise. Denn allein durch die sofortige Kündigung des Dispositionskredits kann eine Werkstatt ganz schnell in die Liquiditätskrise geraten. Und dann schmelzen die Spielräume und Möglichkeiten zur Rettung des Unternehmens weiter dahin. Da ist es besser, möglichst bei den ersten Anzeichen einer Ertragskrise durchzugreifen. Eva Elisabeth Ernst

Im vierten und letzten Teil der Serie:

Was ist zu tun, wenn das Geld ausgeht?

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