Ausnahme wird zur Regel

22.03.2013 12:02 Uhr

Befristete Arbeitsverträge

Deutsche Arbeitsgerichte beschäftigen sich häufig mit so genannten Entfristungsklagen. Viele Unternehmer haben offenbar Mühe, Arbeitsverträge rechtssicher zu befristen. Eine Anleitung.

Auch wenn dies nicht mehr der Realität im Arbeitsleben entspricht, soll der unbefristet abgeschlossene Arbeitsvertrag nach dem Willen des Gesetzgebers eigentlich der Regelfall sein. Arbeitsverträge können ausnahmsweise befristet abgeschlossen werden, sofern ein Sachgrund für eine Befristung vorliegt. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit der sogenannten erleichterten Befristung ohne Sachgrund. Nach statistischen Angaben werden diese beiden „Ausnahmen“ inzwischen aber bei fast jedem zweiten Arbeitsvertrag angewandt. Die Befristung ohne Sachgrund ist nach den Vorgaben des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) nur bis zu einer Höchstdauer von maximal zwei Jahren zulässig. Innerhalb dieser maximalen Befristungsdauer kann der befristete Arbeitsvertrag bis zu dreimal verlängert werden.

Erstvertrag Voraussetzung

Eine solche sachgrundlose Befristung ist allerdings nur dann möglich, wenn zuvor zwischen den Vertragspartnern weder ein befristetes noch ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. War der Arbeitnehmer demnach bereits in der Vergangenheit, selbst bei längerer Unterbrechung, in dem Betrieb des Arbeitgebers beschäftigt, ist der Abschluss eines solchen sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrages nicht mehr möglich.

Im Zusammenhang mit der Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages ohne Sachgrund lauern rechtliche Fallstricke, wie folgendes Beispiel zeigt: Sie haben einen Mitarbeiter ohne Sachgrund zunächst für den Zeitraum von einem Jahr befristet beschäftigt. Der Arbeitnehmer hat sich bewährt, so dass Sie mit Ablauf des Vertrages eine Verlängerung für ein weiteres Jahr vereinbaren wollen. Da Sie Ihren Mitarbeiter motivieren wollen, erhöhen Sie sein Gehalt und gewähren ihm zwei zusätzliche Urlaubstage. Der gute Wille kann sich aber rächen, denn nach Ansicht der Arbeitsgerichte handelt es sich hierbei nicht mehr um eine Verlängerung des befristeten Arbeitsvertrages, sondern um eine Veränderung. Wie bereits dargestellt ist eine sachgrundlose Befristung rechtlich nicht zulässig, sofern bereits zuvor ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. In dem Beispielsfall bedeutet dies, dass die vereinbarte Befristung für ein weiteres Jahr unwirksam ist und stattdessen der Arbeitnehmer nunmehr in einem unbefristeten Beschäftigungsverhältnis steht.

Vorsicht bei Altersbefristung

Aus Gründen der Wirtschaftsförderung kann ein Unternehmen in den ersten vier Jahren nach Gründung ein Arbeitsverhältnis ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von vier Jahren befristen. Bis zu dieser Gesamtdauer ist auch die mehrfache Verlängerung des befristeten Arbeitsverhältnisses zulässig. Schließlich besteht die Möglichkeit, mit älteren Arbeitnehmern sachgrundlos befristete Arbeitsverträge abzuschließen. Sofern der Arbeitgeber bei Beginn des befristeten Arbeitsvertrages das 52. Lebensjahr vollendet hat, besteht die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis auf maximal fünf Jahre zu befristen. Darüber hinaus muss der Arbeitnehmer vor Beginn des befristeten Arbeitsvertrages mindestens vier Monate arbeitslos gewesen sein. Auch hier ist Vorsicht geboten, denn eine entsprechende Altersbefristung könnte jedoch gegen europäisches Recht verstoßen, da hier eine Altersdiskriminierung erkannt werden könnte. Hier besteht ein nicht unerhebliches Risiko des Arbeitgebers, dass die entsprechenden sachgrundlosen Befristungen tatsächlich unwirksam sind und die Arbeitnehmer damit in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stehen.

Neben der sachgrundlosen Befristung besteht die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis aufgrund eines Sachgrundes zu befristen. Das TzBfG nennt verschiedene Sachgründe, die eine Befristung rechtfertigen. Die Aufzählung im Gesetz ist allerdings nicht abschließend. Ein sachlicher Grund liegt nach § 14 Abs. 1 TzBfG beispielsweise vor, wenn

der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht

die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt

der Arbeitsnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird

die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt

die Befristung zur Erprobung erfolgt

in der Person der Arbeitnehmers liegen, die Gründe der Befristung rechtfertigen

Während der Sachgrund „Vertretungsbedarf“ noch recht leicht nachzuvollziehen ist (der befristet Beschäftigte vertritt beispielsweise eine Kollegin in Erziehungsurlaub), kann es bei anderen Befristungsgründen durchaus erhebliche Probleme geben. Wann rechtfertigt beispielsweise die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung? Entsprechende Sachverhalte sind daher häufig Gegenstand von sogenannten „Entfristungsklagen“.

Es ist grundsätzlich möglich, mehrere mit Sachgrund befristete Arbeitsverträge hintereinander zu schalten. Dies funktioniert allerdings nur, wenn tatsächlich erneut ein Sachgrund vorliegt. Bei einer sachgrundlosen Befristung scheidet ein sogenanntes „Kettenarbeitsverhältnis“ bereits an dem Verbot der geschriebenen „Zuvorbeschäftigung“ aus. Es gibt gesetzlich keine Höchstgrenze für die zulässige Anzahl von befristeten Arbeitsverträgen mit Sachgrund, die nacheinander abgeschlossen werden. Ob tatsächlich ein Sachgrund vorliegt, wird von den Arbeitsgerichten jeweils nur für den letzten Vertrag geprüft. Allerdings steigen die Anforderungen an einen Sachgrund mit der Anzahl der nacheinander abgeschlossenen Arbeitsverträge.

Keine Kündigung notwendig

Befristet abgeschlossene Arbeitsverträge enden entweder mit Ablauf des Befristungszeitraumes oder mit Eintritt des Befristungszwecks, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Wenn im Arbeitsvertrag nichts anderes vorgesehen ist, kann ein befristet abgeschlossener Arbeitsvertrag nicht ordentlich, sondern nur aus wichtigem Grund gekündigt werden. Hierauf ist bei der Vertragsgestaltung zu achten. Sollte ein Arbeitsverhältnis über den vereinbarten Zeitpunkt bzw. nach Erreichen des Zwecks der Befristung fortgesetzt werden, entsteht ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Dann kann, bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen, ordentlich gekündigt werden. Zwar kann ein Arbeitsvertrag mündlich abgeschlossen werden, die Befristungsabrede bedarf jedoch zwingend der Schriftform, d.h. beide Parteien haben den Arbeitsvertrag zu unterzeichnen. Sollte die Schriftform der Befristungsabrede nicht gewahrt sein, so kommt ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande (das allerdings dann unter Umständen ordentlich gekündigt werden kann).

Für Arbeitnehmer, die die Wirksamkeit einer Befristung arbeitsgerichtlich überprüfen lassen möchten, gilt vergleichbar wie bei einer Kündigung eine dreiwöchige Klagefrist. Diese Frist beginnt ab dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsverhältnisses anzulaufen. Nach Ablauf der Klagefrist wird unwiderlegbar, dass die Befristung gerechtfertigt war. Jürgen Leister

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