-- Anzeige --

Unterschätzte Größe

18.07.2014 12:02 Uhr
Unterschätzte Größe

-- Anzeige --

Compressed Natural Gas (CNG)

Bereits in naher Zukunft wird die Zahl der CNG-Tankstellen ebenso schnell steigen wie die Zahl der Fahrzeuge, die dort tanken. Der Gaskraftstoff bietet ökologische Vorteile, ist ausreichend vorhanden und erfordert relativ geringe Investitionen bezüglich Motorenanpassung und Infrastruktur. Ein Vorreiter des CNG-Betriebs ist Volkswagen.

Zwar ist der E-Mobilitäts-Hype inzwischen deutlich kleiner als noch vor ein paar Jahren, gänzlich ab-geklungen ist er aber noch nicht. Es steht außer Frage, dass E-Mobilität als Ziel der Automobilentwicklung gilt, allerdings als langfristiges Ziel. Denn bis zu einer wirklich umweltfreundlichen und für Verbraucher in mehrerlei Hinsicht akzeptablen E-Mobilität ist der Weg noch weit. Stichworte: Strommix, Fahrzeuggewicht, Reichweite und Ladedauer. Auch konnte bisher keiner der Elektroauto-Hersteller eine glaubhafte energetische und ökologische Gesamtbilanz – von der Wiege bis zur Bahre – vorlegen. Ob der Hersteller Tesla, der kürzlich werbewirksam seine Patente freigab, danach auch noch von allen Seiten hochgelobt wird?

Was spätestens mittelfristig gebraucht wird, ist ein ökonomisch und ökologisch vertretbarer Zwischenschritt, eine Art Brückentechnologie: Erdgas (CNG).

Das Kürzel steht für den bekannten, aber unterschätzten Kraftstoff Compressed Natural Gas, unter den fossilen Energieträgern der kohlenstoffärmste, was ihm deutliche Emissionsvorteile verschafft. Doch zunächst zur globalen Energiesituation. Verschiedene Szenarien gehen bis zur Mitte dieses Jahrhunderts von einer Verdopplung des Gesamtenergiebedarfs gegenüber dem Jahr 2000 aus. Beschränkt man sich auf langfristige Energieszenarien, ist Erdgas in den meisten Fällen der fossile Brennstoff, dessen Anteil stetig und am schnellsten zunimmt. Und Erdgasreserven existieren weltweit reichlich. Ausgehend vom aktuellen Gasverbrauch, verbleiben konventionell förderbare Reserven, die für mehr als 120 Jahre reichen. Insgesamt wird derzeit mit 790 Billionen Kubikmeter Erdgasreserven gerechnet, womit – ebenfalls bei derzeitigem Verbrauch – für 230 Jahre der Energiekonsum bedient werden könnte.

Rund 85 Prozent der weltweiten Gasförderung geschieht auf konventionelle Art, die verbleibenden 15 Prozent setzen sich aus der Förderung von

Schiefergas (in Lehmstein etc.)

Tight-Gas (meist in Sandstein) und

Coalbed Methane (CBM; Flözgas)

zusammen. Am intensivsten nutzen die USA unkonventionelle Arten der Förderung, wo dieser Anteil an der Gesamtförderung bereits ca. 60 Prozent ausmacht. Tight-Gas wird beispielsweise schon seit den 1970er Jahren gefördert.

Unkonventionelle Gasförderung, vor allem das so genannte Fracking (hydraulisches Aufbrechen von Gesteinsformationen, um den Gasfluss zu intensivieren), ist umstritten. Allerdings hat die Interna-tionale Energie-Agentur (IEA) so genannte Golden Rules (Goldene Regeln) entwickelt, die sich mit den sozialen und ökologischen Auswirkungen befassen und die öffentliche Akzeptanz dieser Art der Gasförderung verbessern sollen.

Die Gefahr, dass Russlands Präsident Wladimir Putin Erdgaslieferungen als Druckmittel einsetzt, ist relativ, denn Russland ist zwar einer der größten, aber längst nicht der einzige Gasförderer und -exporteur. Hinzu kommen der Nahe Osten mit nahezu ebenso großen Reserven sowie Nordamerika und die Region Asien-Pazifik, wobei die beiden Letzteren über die größten unkonventionell förderbaren Gasressourcen verfügen.

Durch den geringeren Kohlenstoff-anteil von Erdgas reduziert sich im Vergleich zu konventionellen Kraftstoffen die CO2-Emission, gegenüber Ottokraftstoff um 23 und gegenüber Dieselkraftstoff sogar um 25 Prozent. Auch wenn diese Werte sich auf den Verbrennungsprozess beziehen und die Gesamtbilanz „Well to Wheel“ (WTW) etwas zurückhaltender ausfällt, wird man in Zukunft vermehrt mit CNG betriebene Fahrzeuge an den Tankstellen sehen. Die Erweiterung des Tankstellenangebots um CNG kostet zwar auch Geld, jedoch deutlich weniger als beispielsweise der Aufbau einer Wasserstoff-Infrastruktur.

Kraftstoffkosten: minus 50 Prozent

Nicht zuletzt bietet CNG mit um ca. 50 Prozent reduzierten Kraftstoffkosten einen großen Vorteil für Autofahrer.

Seit gut einem Jahrzehnt bietet Volkswagen CNG-Fahrzeuge an, nun startet der Hersteller eine CNG-Offensive, verkündet Anfang Mai auf dem 35. Internationalen Wiener Motorensymposium. Im Markt sind Fahrzeuge mit EA-211-Motoren, konkret der 1,0 l MPI und der 1,4 l TGI in den Modellen eco up! bzw. Golf TGI. Hinzu kommen soll der neue Dreizylinder 1,0 TSI, von dem eine TGI-Variante entwickelt wird. In China fahren seit Jahresbeginn Taxivarianten von Jetta und Santana, genannt 1,6 l MPI CNG.

CNG-Antrieb in Nutzfahrzeugen

Auch für den Antrieb von Nutzfahrzeugen kann CNG eine interessante Alter-native sein. Allerdings nicht im Allein-, sondern im Mischbetrieb mit Diesel und bei Gaszumischraten von beispielsweise durchschnittlich 70 und maximal 90 Prozent, wie ihn das Engineering Center Steyr GmbH & Co. KG in Steyr (Österreich) untersucht. Das Unternehmen hat einen Nutzfahrzeug-Dieselmotor mit vier Zylindern und sieben Liter Hubraum mit handelsüblichen CNG-Komponenten für äußere Gemischbildung bestückt, lediglich beim Steuergerät handelt es sich um ein Entwicklungsexemplar mit spezieller Software. Man betrachtet das Konzept als Brückentechnologie zu ausschließlichem Gasbetrieb. Peter Diehl

Kurzinterview

Birgit Maria Wöber, Mitgeschäftsführerin des Beratungsunternehmens Gibgas (www.gibgas.de) in München

In letzter Zeit wurde es in Deutschland ruhig um den alternativen Kraftstoff CNG. Liegt das am Trend hin zu Elektro- und Hybridfahrzeugen?

Die derzeitige Fokussierung der Marktteilnehmer auf die E-Mobilität hat die Wahrnehmung für den CNG-Antrieb geschwächt. Aber die Branche hat ihre Hausaufgaben gemacht. So kann man heute bereits an CNG-Tankstellen Biomethan, das aus Abfall gewonnen wird, tanken. Audi treibt sein Windgasprojekt „e-Gas“ voran. Allein in diesem Jahr werden sieben neue Fahrzeugmodelle auf den Markt kommen. Trotzdem leidet der CNG-Antrieb unter dem derzeitigen Negativimage unzureichender LPG-Umrüstungen. Denn die Kunden unterscheiden hier nicht CNG von LPG. Das schlägt sich auf Kaufinteresse und Zulassungszahlen nieder.

Welche Vor- und Nachteile weisen mit CNG betriebene Fahrzeuge auf?

CNG-Fahrzeuge, die mit Biomethan, Erdgas und Methan aus Ökostrom fahren können, haben wirtschaftliche Vorteile durch geringere Betriebs- und Kraftstoffkosten. Auch ist die Kfz-Steuer deutlich günstiger. Zusätzlich ermöglicht CNG bei Verwendung von abfallstämmigem Biomethan und der Power-to-Gas-Technologie (Windgas) eine CO₂-Reduktion von bis zu 95 Prozent gegenüber Benzin- und Dieselfahrzeugen. Auch fallen bei der Verbrennung nahezu keine Rußpartikel und Stickoxide an. Das macht sich bei der kommenden Euro-6-Norm bereits jetzt deutlich bemerkbar. Obwohl die CNG-Technik technisch ausgereift und vor allem bezahlbar ist, müssen längere Fahrten geplant werden, da das Netz von derzeit rund 920 Tankstellen noch nicht flächendeckend ist. Es gibt jedoch gute Hilfsmittel wie den Erdgastankstellen-Atlas, Routenplaner (auch für Europa) und CNG-Apps.

Lassen sich konventionelle oder LPG-Fahrzeuge auf CNG umrüsten? Ist das sinnvoll?

Theoretisch ist das möglich – nach unserer Meinung aber keinesfalls empfehlenswert, da sich dies wirtschaftlich nicht rechnet. Auch generell raten wir von nachträglichen CNG-Umrüstungen ab. Sinnvoll ist aber der Kauf eines OEM-CNG-Fahrzeuges. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Fahrzeug neu oder gebraucht ist.

Wie stellt sich derzeit die Werkstattsituation im In- und Ausland dar?

Bei Serienfahrzeugen ist heute jede Markenwerkstatt in der Lage, Reparaturen auszuführen. Die erfreuliche Entwicklung macht sich inzwischen bemerkbar und bietet damit Werkstätten Chancen, sich neue Kundenkreise zu eröffnen. Erfreulich ist die Entwicklung in Italien, wo sich bei CNG-Tankstellen immer mehr auf CNG-Fahrzeuge spezialisierte Werkstätten ansiedeln.

Wie nachhaltig ist der Kraftstoff CNG?

CNG ist der einzige Kraftstoff auf dem Markt, der mit drei erneuerbaren Energieträgern substituiert werden kann. Zum einen mit Biomethan aus Abfall. Bereits knapp 180 CNG-Tankstellen bieten abfallstämmiges Biomethan an. Zum anderen mit so genanntem Windgas (erneuerbares Methan aus überschüssigem Strom). Zudem kann ein Anteil von zwei Prozent Wasserstoff im CNG-Tank genutzt werden. Eine Studie der Deutschen Energie-Agentur (DENA) belegt, dass Biomethan und Windgas in der Gesamtbetrachtung von der Erzeugung bis zum Fahrzeug den gleichen niedrigen CO₂-Ausstoß haben wie Elektromobile, die mit Ökostrom fahren.

Wie werden CNG-Fahrzeuge gefördert oder steuertechnisch begünstigt. Wie lange noch?

Derzeit sind Erdgasfahrzeuge noch bis Ende 2018 steuerbegünstigt. Im Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung wurde aber bereits festgelegt, dass diese Begünstigung verlängert wird. Wie lange und wann, steht jedoch noch nicht fest.

Das Gespräch führte Dr. Marcel Schoch.

-- Anzeige --
-- Anzeige --
-- Anzeige --
-- Anzeige --

KOMMENTARE


SAGEN SIE UNS IHRE MEINUNG

Die qualifizierte Meinung unserer Leser zu allen Branchenthemen ist ausdrücklich erwünscht. Bitte achten Sie bei Ihren Kommentaren auf die Netiquette, um allen Teilnehmern eine angenehme Kommunikation zu ermöglichen. Vielen Dank!

-- Anzeige --

WEITERLESEN




NEWSLETTER

Newsletter abonnieren und keine Branchen-News mehr verpassen.


asp AUTO SERVICE PRAXIS Online ist der Internetdienst für den Werkstattprofi. Neben tagesaktuellen Nachrichten mit besonderem Fokus auf die Bereiche Werkstatttechnik und Aftersales enthält die Seite eine Datenbank zum Thema RÜCKRUFE. Im neuen Bereich AUTOMOBILE bekommt der Werkstatt-Profi einen Überblick über die wichtigsten Automarken und Automodelle mit allen Nachrichten, Bildergalerien, Videos sowie Rückruf- und Serviceaktionen. Unter #HASHTAG sind alle wichtigen Artikel, Bilder und Videos zu einem Themenspecial zusammengefasst. Außerdem gibt es im asp-Onlineportal alle Heftartikel gratis abrufbar inklusive E-PAPER. Ergänzt wird das Online-Angebot um Techniktipps, Rechtsthemen und Betriebspraxis für die Werkstattentscheider. Ein kostenloser NEWSLETTER fasst werktäglich die aktuellen Branchen-Geschehnisse zusammen. Das richtige Fachpersonal finden Entscheider auf autojob.de, dem Jobportal von AUTOHAUS, asp AUTO SERVICE PRAXIS und Autoflotte.