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48-Volt-Technologie: Milde Sorte

04.09.2018 11:00 Uhr
48-Volt-Technologie: Milde Sorte

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Über 70 Jahre lang reichte die 12-Volt-Bordspannung im Auto aus. Da aber die Anzahl der elektrischen Verbraucher und damit der Strombedarf seit Jahren kontinuierlich ansteigen, kommen zur Spannungsversorgung immer häufiger 48-Volt-Systeme zum Einsatz. Außerdem ermöglichen die höhere Spannung und die Speicherkapazität der 48-Volt-Batterie auch einen zumindest teilweisen elektrischen Antrieb sowie die Unterstützung weiterer Fahrfunktionen. Und das bringt unterm Strich wiederum deutliche Verbrauchs- und CO2-Einsparungen sowie Verbesserungen des Fahrkomforts.

Demgegenüber bleiben die Kosten, anders als bei einem Voll-Hybrid, überschaubar, auch weil ein 48-Volt-System immer parallel zum vorhandenen 12-Volt-System läuft. Tobias Stephan, Head of Training bei Continental, begründet dies so: "Der Aufwand, ein Auto von 12 auf 48 Volt umzurüsten, damit es ausschließlich mit 48 Volt läuft, ist viel zu groß und zu teuer. Deshalb wird, wie auch bei Hochvolt-Fahrzeugen, immer eine 12-Volt-Batterie an Bord sein, weil alle Systeme im Auto bis zum Kleinverbraucher darauf ausgelegt sind." Die Festlegung auf 48 Volt hat einen ähnlichen Grund, denn damit liegt man unter der Hochvoltgrenze von 60 Volt. Die für Hochvolt nötigen orangefarbenen Kabel allein kosten rund das Zehnfache herkömmlicher Kabel.

Deutliche Effizienzsteigerung

Ein 48-Volt-System besteht in der Grundkonfiguration aus einer 48-Volt-Lithium-Ionen-Batterie, einem Startergenerator und einem Spannungswandler zur Versorgung des 12-Volt-Systems. Hauptsächlich werden 48-Volt-Systeme heute eingesetzt, um den Antrieb zu unterstützen. Dies verbessert beispielsweise den Anfahrkomfort bei Start-Stopp-Systemen, die bislang von den Autofahrern häufig in Bezug auf Geräusche, Vibrationen und ruppiges Anfahren kritisiert und daher oft deaktiviert werden. "Ein Mild-Hybrid erlaubt das rein elektrische Anfahren, erst nach ein paar Metern schaltet sich der Verbrenner nahezu unmerklich zu", so Tobias Stephan.

Ein rein elektrischer Fahrbetrieb ist mit 48 Volt zwar nicht möglich, doch das System ermöglicht ein "Segeln" im Schubbetrieb, bei dem der Motor nicht nur ausgekuppelt wird und im Leerlauf läuft, sondern sich komplett abschaltet und erst bei Betätigen des Gaspedals wieder anspringt. Weiterer Vorteil: Durch die "Boost"-Funktion werden das Drehmoment des Motors laut Zulieferer Delphi um bis zu 25 Prozent, die Motoreffizienz um bis zu 15 Prozent gesteigert. Im Umkehrschluss bedeutet dies eine CO2-Reduktion um bis zu 25 Prozent.

Viele Einsatzvarianten

Die Einsatzmöglichkeiten eines 48-Volt-Systems hängen von der Bauweise und Auslegung des E-Motors ab. Die günstigste und technisch einfachste Lösung ist die Integration in den Riemenantrieb, was die Start-Stopp-Funktion und das "Boosten" unterstützt. Eine weitere mögliche Konfiguration ist die Unterbringung von Starter und Generator im E-Aggregat, allerdings lassen sich hier Verbrenner und Getriebe nicht entkoppeln. Dies ist möglich, wenn der E-Motor zwischen Verbrenner und Getriebe platziert ist. Laut Zulieferer Schaeffler ist das eine kostengünstige und Platz sparende Lösung, die gut in bestehende Fahrzeugarchitekturen integrierbar ist, boosten, segeln und fahren ermöglicht und deutliche Verbrauchs- und Emissionseinsparungen gewährleistet. Darüber hinaus kann der E-Motor im Getriebe oder am Getriebeausgang untergebracht werden, was in Verbindung mit einer elektrischen Kupplung ein rein elektrisches Kriechen im Stau oder das elektrische Einparken erlaubt. In der letzten Stufe ist das System komplett vom Verbrenner getrennt und arbeitet als eigenständiges System als sogenannte E-Achse und ermöglicht so die Aufrüstung zum Allradantrieb. Die Zulieferer testen derzeit Systeme mit bis zu 20 Kilowatt Leistung. Für die Zukunft ist außerdem geplant, weitere Komponenten wie Servolenkung, Wankstabilisierung und Klimaanlage zu elektrifizieren.

Schulung angeraten

Auch wenn derzeit noch relativ wenige Fahrzeuge mit 48-Volt-Technik auf den Straßen unterwegs sind, verzeichnen die Zulieferer eine steigende Nachfrage seitens der Automobilhersteller. Experten rechnen bis 2025 mit einem Anteil von rund 15 Prozent. In den freien Werkstätten ist das Thema bislang noch nicht erwähnenswert angekommen. "Trotzdem haben wir die 48-Volt-Thematik in unsere HV-Schulungen integriert, um die Werkstätten damit vertraut zu machen", sagt Tobias Stephan.

Die Arbeit an einem Mild-Hybrid unterscheidet sich kaum von normalen Verbrennerfahrzeugen, allerdings weist Tobias Stephan darauf hin, dass im 48-Volt-System immerhin die vierfache Spannung anliegt. "Das ist für gesunde Menschen nicht lebensgefährlich, kann aber gesundheitsschädlich sein. Mitarbeiter sollten deshalb darauf achten, den Kontakt zu stromführenden Teilen zu vermeiden." Lediglich im Spannungswandler können Spannungen im Hochvoltbereich entstehen, dieser ist jedoch in einer "Black Box" untergebracht, die nicht geöffnet werden darf und mit speziellen Schrauben gesichert ist.

Bei der Arbeit direkt am 48-Volt-System sollte das Hybridsystem nach Herstellervorgaben ausgeschaltet werden. Die Zulieferer raten generell zur Teilnahme an entsprechenden Sicherheits- und Systemschulungen. Für die Fahrzeugdiagnose hingegen reichen handelsübliche, hochwertige Diagnosegeräte aus, sofern sie auf dem aktuellen Stand sind und Fehlercodes auch aus 48-Volt-Systemen auslesen können. Dafür gibt es in der Regel entsprechende Updates.

Kurzfassung

Fahrzeuge mit 48-Volt-System, sogenannte Mild-Hybride, sind eine günstige Lösung zur Verbrauchs- und CO2-Reduktion. Werkstätten sollten sich mit dem Thema vertraut machen, denn es ist mit zunehmender Verbreitung zu rechnen.

Expertentipp

"Auch in einem Fahrzeug mit 48-Volt- System muss die 12-Volt-Batterie immer geladen sein, denn ohne das über die 12-Volt-Batterie gesteuerte Motormanagement springt ein Fahrzeug nicht an. Sowohl bei Mild- als auch bei Voll-Hybriden wird das 12-Volt-System immer benötigt".Tobias Stephan, Head of Training bei Continental

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