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Irrtümer bei der Krankmeldung

17.10.2019 11:00 Uhr
Irrtümer bei der Krankmeldung

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Es ist sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber nie angenehm, wenn Arbeitnehmer krank sind - einiges muss dabei arbeitsrechtlich beachtet werden. Das sind die häufigsten Irrtümer:

1. Der Arbeitgeber muss erst nach dem Arztbesuch informiert werden

Tatsächlich gilt: Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, seinen Arbeitgeber unverzüglich bei Arbeitsbeginn über die Arbeitsunfähigkeit und die voraussichtliche Dauer zu informieren, unabhängig davon, ob er vorher beim Arzt war oder nicht. Der Arbeitnehmer kann auch per E-Mail Bescheid geben, wenn er sicher ist, dass diese zeitnah gelesen wird. Sollte der Arbeitgeber nicht darüber informiert sein, warum der Arbeitnehmer fehlt, kann das als "unentschuldigter Fehltag" gewertet werden, und der Anspruch auf Lohn bzw. Gehalt für diesen Tag entfällt. Zudem kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer für dieses Fehlverhalten abmahnen.

2. Der Arbeitgeber darf erst am dritten Krankheitstag eine Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung verlangen

Gesetzlich vorgeschrieben ist, dass der Arbeitnehmer spätestens nach dem dritten Krankheitstag eine Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung (umgangssprachlich auch Krankschreibung oder gelber Schein genannt) vorlegen muss. Der Arbeitgeber ist nach vorheriger Ankündigung (z. B. Regelung im Arbeitsvertrag/Betriebsvereinbarung) berechtigt, die Vorlage schon vom ersten Tag an zu verlangen. Sollte der Arbeitnehmer dieser Pflicht nicht nachkommen, riskiert er eine Abmahnung, im Wiederholungsfall sogar die Kündigung. Die Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung kann dem Arbeitgeber persönlich übergeben oder postalisch übermittelt werden. Auch die Übersendung per E-Mail oder Fax ist möglich. Das Original muss aber unverzüglich nachgereicht werden.

3. Der Arbeitgeber darf nach dem Krankheitsgrund fragen

Der Grund der Arbeitsunfähigkeit geht den Arbeitgeber nichts an. Anhand der Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung kann keine Diagnose abgelesen werden. Zweifelt der Arbeitgeber die Krankheit an, beispielsweise, weil der Arbeitnehmer regelmäßig oder immer an bestimmten Tagen fehlt, kann er die Krankenkasse des Arbeitnehmers kontaktieren und über den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) um ein Gutachten bitten. Stimmt das Gutachten des MDK nicht mit der Diagnose des Arztes überein, erhält der Arbeitgeber eine Mitteilung.

4. Der Arbeitnehmer darf das Haus nicht verlassen, wenn er krank ist, und muss erreichbar sein

Ein weitverbreiteter Irrtum ist, dass der Arbeitnehmer während der Arbeitsunfähigkeit zu Hause bleiben muss. Grundsätzlich muss sich der Arbeitnehmer genesungsförderlich verhalten. Alles, was die Heilung nicht verzögert, ist erlaubt. Arztbesuche, Einkäufe in der Apotheke oder im Supermarkt sind immer zulässig. Anders sieht es mit dem Besuch im Fitnessclub oder Urlaubsreisen aus. Vorsicht ist auch bei Restaurant- oder Kinobesuchen geboten. Letztere sind nur in Ausnahmefällen, beispielsweise bei psychischen Erkrankungen, als gesundheitsfördernd zu werten.

Lediglich die Arbeit für einen anderen Arbeitgeber ist in jedem Fall während der Dauer der Arbeitsunfähigkeit unzulässig. Eine jederzeitige Erreichbarkeit, egal, auf welchem Wege, kann der Arbeitgeber während der Arbeitsunfähigkeit vom Arbeitnehmer nicht verlangen, mit Ausnahme der postalischen Erreichbarkeit.

5. Wer krankgeschrieben ist, hat damit ein Arbeitsverbot für den Zeitraum der Krankschreibung

Eine Krankschreibung beinhaltet kein Arbeitsverbot, sondern nur eine ärztliche Prognose, wie lange die Krankheit voraussichtlich besteht. Wer sich wieder gesund fühlt, obwohl er noch krankgeschrieben ist, darf arbeiten. Eine "Gesundschreibung" seitens des Arztes gibt es nicht.

Der Versicherungsschutz ist in jedem Fall gewährleistet. Der weitverbreitete Irrglaube, der Arbeitnehmer sei nicht versichert, wenn er während einer ärztlichen Krankschreibung arbeitet, entbehrt jeglicher Rechtsgrundlage. Wer krank in die Arbeit geht, den darf und muss der Arbeitgeber gegebenenfalls wieder nach Hause schicken, denn er hat eine Fürsorgepflicht gegenüber allen Arbeitnehmern. Der Arbeitgeber muss sich um die Gesundheit des kranken Arbeitnehmers kümmern und auch dafür Sorge tragen, dass sich die gesunden Mitarbeiter nicht anstecken.

6. Wer fehlt, weil er krank ist, dem darf man nicht kündigen

Kranke Mitarbeiter sind genauso kündbar wie Gesunde. Bei Arbeitgebern, die mehr als zehn Mitarbeiter beschäftigen, gilt das Kündigungsschutzgesetz, sofern der Mitarbeiter schon länger als sechs Monate beim Arbeitgeber beschäftigt ist. Dann kann der Arbeitgeber nur aus verhaltens-, personen- oder betriebsbedingten Gründen ordentlich kündigen.

Eine krankheitsbedingte Kündigung ist eine personenbedingte Kündigung. Damit sie wirksam ist, müssen folgende Voraussetzungen zutreffen:

- Betriebliche Interessen des Arbeitgebers müssen erheblich beeinträchtigt werden (Arbeitsabläufe stocken erheblich).

- Negative Gesundheitsprognose (Befürchtung langer/häufiger Ausfälle des Arbeitnehmers in der Zukunft).

- Wahrung der Verhältnismäßigkeit.

Ist beispielsweise ein langjähriger Mitarbeiter einmal zehn Wochen wegen eines Beinbruchs krank, ist dies dem Arbeitgeber sicherlich zumutbar und eine Kündigung unverhältnismäßig. Fehlt ein neuer Arbeitnehmer bereits im ersten Jahr 13 Wochen wegen häufiger Kurzzeiterkrankungen, ist die Schutzwürdigkeit des Arbeitnehmers weniger hoch einzustufen. Letztendlich ist dies aber immer eine Einzelfallentscheidung.

Davor muss der Arbeitgeber jedoch ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) anbieten, sonst hat die Kündigung vor Gericht kaum Erfolgschancen. Der Arbeitgeber muss sich mit dem Arbeitnehmer überlegen, wie Krankheitszeiten in Zukunft zu minimieren sind, zum Beispiel durch Versetzung auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz oder Reduzierung der Arbeitszeit. Erst bei Scheitern sollte die personenbedingte Kündigung ausgesprochen werden, sie ist das letzte Mittel. Gegen eine personenbedingte Kündigung kann ein Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen klagen.

7. Der Arbeitgeber muss vor krankheitsbedingter Kündigung zunächst abmahnen

Eine vorherige Abmahnung kommt nicht infrage, da diese nur bei einem Fehlverhalten des Arbeitnehmers zulässig ist, beispielsweise wenn der Arbeitnehmer nicht alles unternimmt, um wieder gesund zu werden, bzw. simuliert. Üblicherweise ist aber davon auszugehen, dass Krankheiten nicht verhaltensgesteuert sind.

Kurzfassung

Die Rechte und Pflichten im Krankheitsfall sind für Arbeitnehmer und Arbeitgeber klar geregelt, aber immer noch geistern viele Irrtümer rund um die Krankmeldung durch die Flure. Damit wird in diesem Beitrag aufgeräumt.

Kommentar

Es ist erstaunlich, wie hartnäckig sich die verschiedensten Mythen um die Krankschreibung halten. Festzuhalten ist, dass der Arbeitgeber wenig Chancen hat, gegen die Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung anzukommen, da dieser eine hohe Beweiskraft zukommt. Gleichzeitig sind Arbeitnehmer nicht so eingeschränkt in ihrer Arbeitsunfähigkeit, wie langläufig angenommen wird. Arztbesuche, Einkäufe oder auch die Fahrt zu den Eltern sind durchaus zulässig. Ab 2020 wird die Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung mit Umsetzung des Bürokratie-Entlastungsgesetzes III durch ein elektronisches Verfahren ersetzt. Wer sich künftig krankmeldet, muss keine Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung mehr vorlegen. Ein elektronisches Meldeverfahren ersetzt die Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung in Papierform. Die Daten bekommt der Arbeitgeber dann auf Abruf von der Krankenkasse. Ob das elektronische Meldeverfahren tatsächlich eine Entbürokratisierung bringt, bleibt abzuwarten, da der Aufwand für die Krankenkassen steigt und der Arbeitgeber zur Nachfrage gezwungen ist.Maximilian Appelt Rechtsanwalt Steuerberater www.raw-partner.de

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