Moderne Bremssysteme werden in ihrer Leistungsfähigkeit kontinuierlich verbessert, die Reaktionszeiten von ABS und ESP immer schneller. Auch werden vermehrt Fahrassistenz- und Sicherheitssysteme mit neuen Zusatzfunktionen eingesetzt. In Zukunft wird die Druckaufbaudynamik des Notbremsassistenten beispielsweise mit über die Sicherheitseinstufung (NCAP) eines Fahrzeuges entscheiden.
Für Bremssysteme ab 1990
Diese Weiterentwicklung der Bremssysteme hat auch Auswirkungen auf die Bremsflüssigkeit, die dadurch immer höhere Anforderungen erfüllen muss. So muss die Bremsflüssigkeit beispielsweise in modernen Autos durch immer dünnere Kanäle fließen und gleichzeitig wegen der besseren elektronischen Systeme immer schneller reagieren. Wie auch beim Motorenöl geht der Trend bei Bremsflüssigkeiten deshalb zu immer niedrigviskoseren Flüssigkeiten. Bosch bietet beispielsweise mit ENV6 eine besonders leistungsfähige Bremsflüssigkeit, die sich sowohl durch sehr niedrige Viskosität als auch durch einen sehr hohen Nasssiedepunkt auszeichnet. Während die niedrige Viskosität für eine schnelle Reaktion der Bremsflüssigkeit sorgt, verringert ein hoher Nasssiedepunkt das Risiko der Dampfblasenbildung - die Hauptursache für Bremsversagen.
ENV6 soll laut Bosch die steigenden Ansprüche moderner und auch zukünftiger Bremssysteme erfüllen und ist für alle Modelle ab dem Baujahr 1990 geeignet. Es ersetzt zudem Bremsflüssigkeiten wie DOT 3, DOT 4 oder DOT 5.1. Nur mit den sehr selten verwendeten mineralölbasierten (LHM) und silikonhaltigen Flüssigkeiten (DOT 5) ist ENV6 nicht kompatibel. Dank seiner technischen Eigenschaften konnten auch die Wechselintervalle für die Hochleistungs-Bremsflüssigkeit verlängert werden. Während die Standard-DOT-4-Bremsflüssigkeit alle zwei Jahre gewechselt werden muss, ist ein Wechsel bei ENV6 laut Bosch nur alle drei Jahre erforderlich. Zudem reduziert die Bremsflüssigkeit durch die hohe Schmierfähigkeit Geräusche und schützt das Bremssystem vor Verschleiß und Korrosion.
Schnelleres Ansprechverhalten
Auch TMD Friction hat unter der Textar-Marke mit DOT 4 LV und DOT 5.1 Bremsflüssigkeiten im Programm, die bei Fahrzeugen mit ESP oder ASR besonders schnell ansprechen - gerade bei niedrigen Temperaturen. Denn: "In kritischen Situationen kann jede eingesparte Zehntelsekunde beim Bremsvorgang ausschlaggebend sein", weiß Patrick Baßiere, Category Manager bei TMD Friction. Die DOT-5.1-Bremsflüssigkeit hat darüber hinaus einen höheren Nasssiedepunkt und ist besonders gut für schwere und Hochleistungsfahrzeuge geeignet.
Zuverlässig auch nach zwei Jahren
Auch Bremsflüssigkeiten von Bremsenspezialist Brembo haben einen höheren Siedepunkt als der Standard und bieten eine höhere Widerstandsfähigkeit gegen die gefürchtete Dampfblasenbildung. Für Fahrzeuge mit elektronischen Brems- und Stabilitätsregelsystemen empfiehlt der italienische Hersteller die Premium Brake Fluid DOT 4 LV mit sehr niedriger Viskosität, die sich für Bremsund Stabilitätsregelsysteme der neuesten Generation eignet. Noch einen Schritt weiter geht die Premium Brake Fluid DOT 5.1 mit noch höherer Temperaturbeständigkeit, die sich für Bremsanlagen von Hochleistungsfahrzeugen eignet.
Der französische Schmierstoffhersteller Motul hat jüngst ebenfalls eine neue Bremsflüssigkeit vorgestellt, die die gestiegenen Anforderungen moderner Fahrzeuge erfüllt. Bei DOT 4 LV stehen die elektronischen Bremsregelsysteme sowie eine niedrige Viskosität im Vordergrund. Die Bremsflüssigkeit erfüllt diese Anforderungen und kann in einer kritischen Situation die Reaktionszeit des ESP erheblich verkürzen. Somit kann im Falle eines Falles der Kontrollverlust über das Fahrzeug verhindert werden. Der Nasssiedepunkt von Motul DOT 4 LV liegt bei 172 Grad Celsius. Hierdurch wird eine zuverlässige Bremswirkung auch noch nach über zwei Jahren sichergestellt. Die niedrige Viskosität ermöglicht der Bremsflüssigkeit zudem eine bessere Zirkulation in den verschiedenen Mikroventilen der Antiblockiersysteme.
Kurzfassung
Um die Funktion von modernen Brems- und Stabilitätsregelsystemen in der neuesten Autogeneration sicherzustellen, müssen Bremsflüssigkeiten niedrigviskos sein und einen hohen Nasssiedepunkt besitzen.
Tipps für den Wechsel der Bremsflüssigkeit
WechselintervallDie Bremsflüssigkeit sollte im Regelfall alle zwei Jahre oder beim Unterschreiten des Siedepunktes von 200 Grad Celsius gewechselt werden. Sollte der Siedepunkt 180 Grad unterschreiten, muss die Bremsflüssigkeit sofort gewechselt werden.SiedepunktBeim Siedepunkt der Bremsflüssigkeit muss zwischen Trockensiedepunkt und Nasssiedepunkt unterschieden werden. Der Trockensiedepunkt kennzeichnet den minimalen Siedepunkt einer neuen Bremsflüssigkeit, der Nasssiedepunkt den minimalen Siedepunkt der Bremsflüssigkeit, die einen Anteil von 3,7 Volumenprozent Wasser enthält.DOT-KlassenDie DOT-Klassen 3, 4, 5 und 5.1 unterscheiden sich vor allem durch Siedepunkt und Kälteviskosität. DOT 3, 4 und 5.1 sind auf Glykolbasis hergestellt, DOT 5 auf Silikonbasis. Je höher die DOT-Klasse, desto höher liegen die Siedepunkte und desto niedriger ist die Viskosität.Mischen von BremsflüssigkeitenIm Allgemeinen können sämtliche DOT-Bremsflüssigkeiten gemischt werden. Hierdurch entsteht eine neue Bremsflüssigkeit mit charakteristischen Eigenschaften, die aus dem Mischungsverhältnis herrühren. Fügt man beispielsweise einem mit DOT 4 befüllten Fahrzeug DOT 5.1 hinzu, resultiert daraus eine Mischung mit verbesserten Eigenschaften im Vergleich zu DOT 4.
- Ausgabe 06/2019 Seite 30 (722.2 KB, PDF)