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Erdgas-Antrieb im VW-Konzern: " Ein wichtiger Baustein"

18.01.2018 11:00 Uhr
Erdgas-Antrieb im VW-Konzern: " Ein wichtiger Baustein"

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asp: Warum setzt Volkswagen jetzt wieder auf Erdgas als Alternative zu Benzin und Diesel? Der Kraftstoff ist ja schon lange im Einsatz, konnte sich aber nicht durchsetzen.

J. Andersen: Entgegen der Entwicklungen in anderen europäischen Ländern konnte sich CNG bislang in Deutschland nicht durchsetzen, aber genau das wollen wir ändern und haben dafür gute Gründe. Der Volkswagen Konzern ist schon seit 2002 mit CNG-Motorisierungen auf dem Markt vertreten. Zurzeit bieten wir 16 Pkw-Modelle mit CNG-Antrieb an. Angefangen von unseren neuen Modellen VW Polo TGI und Seat Ibiza 1.0 TGI für die City über Premium-Automobile wie dem Audi A5 Sportback g-tron bis hin zu hochmodernen und effizienten Erdgas-Fahrzeugen der Tochtergesellschaft Volkswagen Truck & Bus, zu der unter anderem die Marken MAN und Scania gehören. Volkswagen verfolgt damit alle Wege, die zur CO2-neutralen Mobilität führen. Auch die politischen Rahmenbedingungen für einen Ausbau der CNG-Mobilität sind aktuell hervorragend. Dazu trägt neben der EU-Richtlinie über die Infrastruktur für alternative Kraftstoffe insbesondere der Bundestagsbeschluss zur Verlängerung der Steuervergünstigung für Erdgas bis zum Jahr 2026 bei.

asp: Wie sieht die Strategie aus?

J. Andersen: Ich bin davon überzeugt, dass wir auch in der Zukunft einen diversifizierten Mix an Antriebsarten sehen werden. Der Mobilitätsbedarf ist schlichtweg zu unterschiedlich, als dass er sich mit einem einzigen Antriebskonzept abbilden ließe. Und vor dem Hintergrund der Energiewende und des sukzessiven Umstiegs auf nachhaltige Mobilität ist CNG als alternativer Kraftstoff für den Volkswagen Konzern ein wichtiger Baustein im Antriebsportfolio. Ein mit CNG betriebenes Fahrzeug kann sowohl mit rein fossilem als auch mit 100 Prozent regenerativ erzeugtem Methan betankt werden. Diese Eigenschaft macht das Erdgasfahrzeug für die laufende Energiewende sehr attraktiv.

asp: Wird das Angebot weiter ausgebaut?

J. Andersen: Wir haben ja bereits zwei komplett neue Motoren im Programm. Zum einen unseren Dreizylinder-Turbo in Modellen der A0-Familie des Modularen Querbaukastens - dazu gehören beispielsweise die neuen VW Polo TGI und Seat Ibiza 1.0 TGI. Zudem werden wir den bestehenden Vierzylinder für die Kompakt- und Mittelklasse überarbeiten. Zum anderen startete mit dem brandneuen 2,0-Liter-CNG-Vierzylinder-Turbo von Audi vor Kurzem die neue CNG-Top-Motorisierung.

asp: An wen richtet sich das Angebot?

J. Andersen: Unsere Informationsoffensive richtet sich sowohl an Flotten- als auch an Privatkunden. Schließlich stellt CNG-Mobilität für jeden Kunden eine kostengünstige Möglichkeit dar, sofort und nachhaltig für eine Reduzierung von Emissionen im Straßenverkehr zu sorgen. Die aktuellen Zulassungszahlen des Kraftfahrtbundesamtes weisen übrigens bereits auf ein deutlich wachsendes Interesse an CNG-Mobilität hin. Seit Juli 2017 liegt die Zahl der in Deutschland neu zugelassenen Pkw mit CNG-Antrieb Monat für Monat über dem jeweiligen Vorjahresniveau, im November 2017 sogar bei 112 Prozent gegenüber 2016.

asp: Wie sehen die Marktchancen im gewerblichen Bereich aus?

J. Andersen: CNG ist schon jetzt für Flottenkunden hoch attraktiv. Ganz besonders, wenn man die sogenannten Total Costs of Ownership (TCO) eines Fuhrparks betrachtet, stellen CNG-Fahrzeuge Mobilität am preiswertesten zur Verfügung. Schließlich lassen sich die Kraftstoffkosten stark verringern und darüber hinaus profitieren Fuhrpark-Betreiber auch noch von steuerlichen Vorteilen. Zusätzlich planen wir für Flottenkunden ein ganzheitliches CNG-Mobilitätskonzept: Möglich wird das mit einem Flatrate-Leasingangebot über drei Jahre. Neben den monatlichen Fahrzeugkosten könnte dabei auch die Wartung und möglicherweise selbst das Erdgas zu fixen Kilometer-Konditionen inkludiert werden. Solange der Leasingvertrag läuft, wird der Kunde mit einem konstanten Betrag pro Kilometer kalkulieren - egal, ob er mit einem Anhänger in die Berge fährt und dabei mehr verbraucht oder täglich zur Arbeit pendelt.

asp: Der Aufpreis zum Benziner beträgt 2.600 Euro. Warum ist die Technik so teuer?

J. Andersen: Das ist sie am Ende gar nicht. Abhängig von Marke und Modell liegen die Preise im Bereich eines Dieselfahrzeugs, der Kunde erhält aber ein Fahrzeug, das mit zwei Kraftstoffen betrieben werden kann, also ein komplettes zweites Kraftstoffsystem an Bord hat. Bei vielen Fahrzeugen des Konzerns sind zudem die CNG-Tanks zur Gewichtsreduzierung als Komposit-Tanks mit hohem CFK-Anteil ausgeführt. Trotz dieser Hightech-Komponenten und der vergleichsweise geringen Stückzahlen sind wir als Konzern in der Lage, CNG-Fahrzeuge in etwa auf dem Niveau von Dieselfahrzeugen anzubieten, die millionenfach produziert werden. Und bei den Betriebskosten liegt man mit CNG auf dem Niveau eines E-Fahrzeugs. Das ist schon eine Ansage. Der alleinige Blick auf den Kaufpreis genügt einfach nicht.

asp: In welche Richtung wurde die Technik seit dem Erdgas-Touran weiterentwickelt?

J. Andersen: Die aktuellen CNG-Motoren profitieren von allen Weiterentwicklungsschritten der Benzinmotoren-Baureihen EA211 und EA888. Die Änderungen der vergangenen Jahre seit den Zeiten des CNG-Tourans waren erheblich und hatten zum Ziel, die CO2-Emissionen weiter zu reduzieren. Hierzu zählten Brennverfahrensoptimierungen (Stichwort "Miller-Cycle") und auch Reibungsreduzierungen, um nur zwei Maßnahmen von vielen zu nennen. Diese Veränderungen kommen heute allen CNG-Motoren zugute.

asp: Gibt es genügend Tankstellen?

J. Andersen: Zunächst einmal sind knapp 900 Tankstellen für Deutschland absolut betrachtet ein hoher Wert. Vergleicht man aber die Situation mit der in Italien, stellt man fest, dass dort mit rund 1.000 Tankstellen etwa eine Million CNG-Fahrzeuge bedient werden, in Deutschland mit 900 Tankstellen nur etwa 100.000. Daher haben wir hier in Deutschland schon mal ein betriebswirtschaftliches Problem, denn viele Tankstellen arbeiten nicht profitabel, was gefährlich für den Bestandserhalt ist. Vergleicht man dann die Verteilung der Tankstellen in beiden Ländern, stellt man fest, dass diese knapp 900 bundesdeutschen Tankstellen überwiegend gleichmäßig über das ganze Land verteilt sind. Es wird nun in den nächsten Jahren die Aufgabe sein, das Tankstellennetz aus den deutschen Metropolregionen heraus weiterzuentwickeln, dort also eine bessere Tankstellendichte zu erreichen und an den Autobahnen die Zahl der CNG-Tankstellen zu erhöhen.

asp: Kann der Tankprozess zum Handicap werden?

J. Andersen: Der Tankvorgang mit CNG ist völlig unproblematisch, der Vorgang vollautomatisch. Zum Tanken werden keine Adapter und sonstiges Zubehör benötigt. Die Zapfeinrichtung wird einfach auf den Tankstutzen des Fahrzeugs gesteckt und verriegelt. Beide Verbindungsstücke entsprechen einem europaweit einheitlichen Standard. Eine Fehlbedienung ist daher ausgeschlossen, der eigentliche Tankvorgang beginnt erst bei korrektem Anschluss. Hat man einmal den sauberen CNG-Tankvorgang ohne dieselbeschmierte Hände oder Benzindunst in der Nase erlebt und seine Rechnung an der Kasse bezahlt, dann ist dieses Vorurteil ein für alle Mal aus der Welt.

asp: Ist die Sicherheit des Gastanks gewährleistet?

J. Andersen: Die Tanks der CNG-Modelle gehören zu den stabilsten und somit sichersten Komponenten im Fahrzeug und unterliegen strengsten Sicherheitsprüfungen. Jeder einzelne CNG-Tank wird nach seiner Fertigung auf einen maximalen Druck von bis zu 600 bar geprüft. Dies übersteigt die tatsächlichen Belastungen in der Praxis bei Weitem. So wird CNG an der Zapfsäule mit einem Druck von rund 200 bar in den Tank befördert. Auch bei einem Unfall ist der im Bereich des Fahrzeugunterbodens angebrachte CNG-Tank optimal geschützt. Sicherheitsventile sorgen zudem im extremen Schadensfall für ein gezieltes Abblasen oder bei Hitzeeinwirkung - z. B. bei Brand eines Fahrzeuges - für ein kontrolliertes Abbrennen der Gasfüllung und verhindern damit die Gefahr von Explosionen.

asp: Was war die Ursache des (Druck-)-Unfalls des Erdgas-Tourans?

J. Andersen: Zu diesem Vorfall muss man wissen, dass das betroffene Fahrzeug nicht mehr den CNG-Sicherheitsvorschriften entsprach. So fehlten etwa notwendige Abdeckungen und die oberste Lackschicht des Stahltanks war abgeplatzt, was den Stahl korrodieren ließ. Unabhängig von den Details, die zu dem Unfall geführt haben, rief Volkswagen damals kostenlos alle CNG-Fahrzeuge mit Stahlflaschen einer bestimmten Technologie in die Werkstätten zurück und tauschte alle Tankflaschen aus. Wenn alle Vorschriften eingehalten werden, ist solch ein Unfall nicht möglich. Dies gilt insbesondere dann, wenn Gastanks in Mehrschicht-Bauweise aus Polyamid sowie kohlefaser- (CFK) und glasfaserverstärktem (GFK) Kunststoff zum Einsatz kommen, was bei vielen Fahrzeugen des Konzerns der Fall ist.

asp: Was tut VW, um den Sicherheitsbedenken entgegenzusteuern?

J. Andersen: Wir achten in den Werkstätten und durch den TÜV regelmäßig penibel auf die einwandfreie technische Funktion der Gasanlage, der Tanks, Abdeckungen und Befestigungen.

asp: Ist das Verbot des Parkens in Tiefgaragen ein Problem für den Kunden?

J. Andersen: Zunächst einmal können und dürfen Sie mit einem CNG-Fahrzeug in jede Tiefgarage fahren. Allerdings steht es Eigentümern und Betreibern im Rahmen des privaten Hausrechts frei, in Einzelfällen die Einfahrt zu untersagen. Dies geschieht allerdings meist aus Unkenntnis. Da Erdgas sich im Falle eines Austritts sofort (im Gegensatz zu LPG/ Autogas) nach oben verflüchtigt, besteht auch in Tiefgaragen keinerlei Gefahr. Unsere Erfahrungen zeigen zudem, dass diese Thematik bei der Kaufentscheidung keine Rolle spielt.

Interview: Ralph M. Meunzel

Kurzfassung

Der Volkswagen-Konzern ist schon seit 2002 mit CNG-Motorisierungen auf dem Markt vertreten. Mitte der nächsten Dekade will man bei einer Million CNG-Fahrzeugen sein. Zurzeit bieten die Wolfsburger 16 Pkw-Modelle an. Um den Sicherheitsbedenken der Verbraucher entgegenzusteuern, achte man in den Werkstätten und durch den TÜV regelmäßig penibel auf die einwandfreie technische Funktion der Gasanlage, der Tanks, Abdeckungen und Befestigungen, betont Jens Andersen.

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