Nach Angaben der Kölner Juristin Susanne Creutzig hat der Bundesgerichtshof (BGH) Anfang Oktober entschieden, dass der Ausgleichsanspruch nicht deswegen ausgeschlossen ist, weil der Vertragshändler nach der Beendigung des Vertragsverhältnisses mit dem Hersteller seinen Geschäftsbetrieb eingestellt hat (Az.: VIII ZR 209/07). Das gilt auch dann, wenn die Betriebseinstellung auf die Insolvenz des Vertragshändlers zurückzuführen ist. Der Zweck der Regelung bestehe darin, dem Vertragshändler eine Vergütung für in der Vergangenheit erbrachte Leistungen zu gewähren, so Creutzig. Deshalb komme es nicht darauf an, ob der Händler auch in Zukunft tatsächlich noch hätte Provisionen erzielen können.
In dieser Entscheidung nahm der BGH auch Bezug auf die Änderung des § 89b Abs.1 Satz 1 HGB. Creutzig: "Leider verblieb es in dem Urteil bei der Schätzung, dass die Vorteile für den Hersteller identisch sind mit den Provisionsverlusten, die der Händler infolge der Beendigung des Vertrages erlitten hat. Der Händler hat nämlich nicht geltend gemacht (...), dass die dem Hersteller verbleibenden Vorteile höher zu bewerten wären als seine Provisionsverluste. Deshalb kam der neue § 89b Abs.1 Satz 1 HGB nicht zur Anwendung."
Das Gericht ging auch auf die Frage des Herstellers ein, wonach es unbillig sei, hier ein Ausgleichsanspruch und dem Nachfolgehändler "Provisionen" für die künftig von diesem vermittelten Geschäfte zu zahlen. Nach Ansicht des BGH ist es aber zwangsläufige Folge des Anspruchssystems des HGB, dass der Hersteller "doppelt belastet" wird, wenn er für die Umsätze mit Stammkunden nicht nur dem Vertragshändler einen Ausgleich, sondern auch dessen Nachfolger "Provisionen" zahlen muss. Beide Ansprüche stünden nach §§ 87, 87a, 89b HGB nebeneinander. Der Ausgleichsanspruch werde deshalb also nicht ausgeschlossen.
Ohne Erfolg wandte sich der Hersteller laut Creutzig auch dagegen, dass der BGH den Ausgleichsanspruch nicht durch Multiplikation der Mehrfachkundenumsätze im letzten Vertragsjahr, sondern anhand der in den vergangenen fünf Vertragsjahren erzielten Mehrfachkundenumsätze errechnet hat. Zwar sind nach der Rechtsprechung grundsätzlich die innerhalb des letzten Vertragsjahres auf den Listenpreis gewährten Rabatte zu Grunde zu legen. Davon ist nur der Umsatz mit Stammkunden zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall hatte das letzte Vertragsjahr jedoch einen atypischen Verlauf genommen. Dann könne – wie geschehen – anders berechnet werden.