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Elektromobilität: Nicht automatisch öko

19.04.2018 11:00 Uhr
Elektromobilität
Hinter dem Begriff Elektromobilität verbirgt sich eine ganze Reihe technischer Konzepte.
© Foto: Martin Heying

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Noch immer sind Elektroautos kein Verkaufsschlager. Das zeigen die aktuellen Zahlen des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), das regelmäßig Zwischenstände zur Wirkung des Umweltbonus veröffentlicht. Die Kaufprämie von 4.000 Euro für E-Fahrzeuge und 3.000 Euro für Plug-in-Hybride, die Bund und Hersteller seit 2016 beim Kauf eines E-Mobils zuschießen, ist bisher nicht gerade ein Erfolg: Per Ende März lag der Antragsstand bei gerade einmal 57.549 Fahrzeugen, davon 31.318 rein batterieelektrisch betriebene und 24.214 Plug-in-Hybride. Etwa die Hälfte der Anträge stammen laut BAFA von Privatkäufern. Nach den Plänen der Bundesregierung sollten durch die Förderung, die Mitte 2019 endet, 300.000 Fahrzeuge auf deutsche Straßen gebracht werden - ein komplett unrealistisches Szenario. Die Situation ist bizarr: Auf der einen Seite wird die Elektromobilität als sauberer Zukunftsantrieb politisch schöngeredet, andererseits kommen die Stromer im realen Leben einfach nicht an. Das verunsichert nicht nur Privatnutzer, sondern auch Werkstätten.

Betriebe kaum vorbereitet

In der Studie "Kfz-Gewerbe 2020plus", die das Deutsche Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) zusammen mit der Unternehmensberatung BBE Automotive durchgeführt hat, sind Kfz-Betriebe beim Thema Elektromobilität noch ziemlich zurückhaltend. Auf die Frage, ob man die Elektromobilität im eigenen Unternehmen aktiv nach vorne bringt, antworteten nur 34 Prozent der Werkstätten mit "Ja". Ladestationen für E-Mobile gibt es nur bei jeder zehnten Werkstatt. Deutlich besser schneiden bei der Befragung die Autohäuser ab: hier hat immerhin fast jeder zweite Betrieb bereits eine Ladestation und genauso viele Unternehmen bieten ihren Kunden Probefahrten mit Elektroautos an. Gleichwohl glaubt die Mehrheit der Befragten, dass elektrische Antriebe in den kommenden Jahren zunehmen. 86 Prozent der Werkstätten und 93 Prozent der Autohäuser vertreten diese These. Die Mehrheit (66 Prozent) sieht deshalb das klassische Werkstattgeschäft im Wandel - vor allem weil Elektro- und Hybridfahrzeuge wartungsärmer sind. Dass die eigenen Mitarbeiter bereits ausreichend für das Zukunftsthema geschult sind, glauben indes nur 40 Prozent der befragten Unternehmen.

Von Hybrid bis Wasserstoff

Elektroauto ist nicht gleich Elektroauto: Neben rein batterieelektrisch betriebenen Fahrzeugen, die momentan noch einen sehr kleinen Teil ausmachen, haben sich unterschiedliche Hybridvarianten etabliert (s iehe Tabelle Elektro-Antriebsarten S. 13), die sowohl über einen Elektromotor als auch einen Verbrenner verfügen. Jede Variante hat ihre jeweiligen Vor- und Nachteile. Am weitesten verbreitet sind so genannte parallele Hybridfahrzeuge (HEV), auch Vollhybride genannt, und Plug-in-Hybride (PHEV), die sich lediglich durch eine externe Lademöglichkeit von Ersteren unterscheiden. Der Toyota Prius oder der BMW 330e sind gute Beispiele für diese Hybridvarianten. Bei einem parallelen Hybrid können beide Motoren unabhängig voneinander oder in Kombination auf den Antriebsstrang wirken, was verschiedene Fahrmodi ermöglicht: So lässt sich beispielsweise auf Kurzstrecken bis 50 Kilometer rein elektrisch fahren, ohne den Verbrennungsmotor starten zu müssen. Mit Plug-in-Hybriden lässt sich so der Weg zur Arbeit nahezu emissionsfrei zurücklegen. Eine andere Möglichkeit besteht darin, beide Antriebe parallel auf den Antriebsstrang wirken zu lassen, was für eine besonders gute Beschleunigung sorgt. Oder man fährt nur mit dem Verbrenner, um die Batterie nebenbei aufzuladen.

Ebenfalls erhältlich sind so genannte serielle Hybride, bei denen zwar auch ein Verbrennungsmotor und ein Elektromotor vorhanden sind, das Auto aber lediglich über den Elektromotor angetrieben wird. Der Verbrenner hat nur die Aufgabe eines Generators und lädt die Batterie des Fahrzeugs auf. Ein Beispiel dafür ist der BMW i3 mit Range Extender. Eine Sonderform der Elektromobilität stellen Brennstoffzellenfahrzeuge wie der Toyota Mirai dar. Im Grunde handelt es sich dabei um ein Elektrofahrzeug, das seine Energie über eine Brennstoffzelle bezieht, die wiederum mit Wasserstoff versorgt wird.

Fehlende Ladeinfrastruktur

Bei rein batterieelektrisch betriebenen Fahrzeugen ist neben der zu geringen Reichweite momentan die noch lückenhafte Ladeinfrastruktur ausbaufähig. Es gibt zwar bereits rund 10.700 Ladepunkte in Deutschland (Stand: September 2017), jedoch lassen sich nicht alle ohne Registrierung beim jeweiligen Betreiber nutzen. Als wäre das noch nicht schwierig genug, kommt noch eine Vielfalt unterschiedlicher Steckertypen zum Einsatz ( siehe Tabelle Steckertypen S. 14), die nicht immer kompatibel zueinander sind. So hat Tesla beispielsweise eine eigene Steckerform und Ladesäulen, an denen sich kein E-Golf laden lässt. Während sich europäische Fahrzeughersteller beim schnellen Laden auf das CCS-Standard (Combined Charging System) geeinigt haben, sind japanische Fahrzeuge wiederum mit dem Chademo-Standard ausgestattet, der hierzulande nicht an jeder Ladesäule zu finden ist.

Schnelles Laden ist entscheidend

Neben der Steckerform ist auch die Ladeleistung und die Art des Stroms (Gleichstrom oder Wechselspannung) entscheidend dafür, wie schnell sich ein Elektrofahrzeug wieder aufladen lässt. Zum Vergleich: Während sich ein Plug-in-Hybrid wie der Audi A3 Sportback e-tron an einer klassischen Haushaltssteckdose mit Wechselstrom in vier bis fünf Stunden aufladen lässt, müsste ein reinrassiges Elektrofahrzeug wie ein Tesla Model X 100D an derselben Stromquelle die annähernd zehnfache Zeit stehen. Das liegt daran, das rein batteriebetriebene Fahrzeuge im Regelfall eine deutlich größere Traktionsbatterie mitbringen, die auch länger an der Zapfsäule hängen muss. Im Falle eines Tesla Model X hat die Batterie eine Kapazität von 100 Kilowattstunden. Um diesen Energiespeicher "schnell" zu laden, muss die Ladeleistung mindestens 50 Kilowatt Gleichstrom betragen, um so im besten Fall in zwei Stunden vollgetankt zu sein. Im Privatbereich sind Ladeleistungen von maximal 22 Kilowatt mit Wechselstrom möglich, also dauert die Ladung hier deutlich länger. Was über Nacht in der Garage kein Problem darstellt, ist auf Autobahnen eine Herausforderung. Dort arbeitet man bereits an der 350-Kilowatt-Technik, um zukünftig Autos in Minuten aufladen zu können. Das stellt jedoch große Anforderungen an die Infrastruktur und auch an die Ladesäule selbst, da die Kabel dann einen größeren Querschnitt brauchen und darüber hinaus gekühlt werden müssen.

Zweifelhafte Klimabilanz

Auch bei der Klimabilanz lohnt sich ein differenzierter Blick auf das Elektroauto und andere alternative Antriebe. Der ADAC konstatiert in der jüngsten Ausgabe seiner Mitgliederzeitschrift dem Elektroauto nur eine mäßig gute Klimabilanz - besonders für schwere Fahrzeuge der oberen Mittelklasse und beim gegenwärtigen Strommix. Zusammen mit dem Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (IFEU) hat der Automobilclub untersucht, wie die Klimabilanz (CO2-Bilanz) verschiedener Antriebsarten ausfällt, und zwar von der Rohstoffproduktion über die Herstellung, den Betrieb, die Wartung bis zur Entsorgung eines Autos. Das Ergebnis: Elektroautos sind nicht von vornherein besser für das Klima. Ihre gute CO2-Bilanz im Fahrbetrieb wird durch die hohen CO2-Emissionen bei der Batterie- und Stromherstellung geschmälert. Erstaunlich: bei Autos der oberen Mittelklasse zeigt der Diesel mit 33.000 kg CO2 nach 150.000 gefahrenen Kilometern die beste Klimabilanz. Wegen der großen Batterie und hohem Stromverbrauch schneidet das Elektroauto deutlich schlechter ab (42.000 kg CO2). Nur wenn der Strom zu 100 Prozent aus regenerativen Quellen käme, wäre die Klimabilanz eines Elektroautos auch in der oberen Mittelklasse besser. Gut schneiden Stromer allerdings in der unteren Mittelklasse ab, wo sie auch beim gegenwärtigen Strommix deutlich weniger CO2 erzeugen als alle anderen Antriebe.

Brennstoffzelle hat Potenzial

Als unterschätzter Energieträger wird Wasserstoff gehandelt. Aus Sicht von Volker Blandow, Leiter Elektromobilität bei TÜV SÜD, spricht auch einiges für die Brennstoffzelle als Energielieferant im E-Auto, allen voran die kurze Betankungszeit von wenigen Minuten und die Temperatur- und damit Jahreszeiten unabhängige Leistung der Fahrzeuge. Auch gibt es gute industriepolitische Argumente: Beim Wasserstoffantrieb ist die Abhängigkeit der Fahrzeughersteller von Zulieferern deutlich geringer. Hersteller von Elektroautos sind dagegen stark abhängig von den Batteriezulieferern. "Die Abhängigkeiten werden gewaltig und beeinflussen die Wertschöpfungsketten nachhaltig", erklärt Blandow. Dies treffe die Industrie gleich doppelt. Zunächst ist das Elektrofahrzeug in seinen Komponenten viel einfacher als ein verbrennungsmotorisches Fahrzeug. Bestimmte Komponenten werden einfach wegfallen, beispielsweise Getriebe oder komplexe Abgassysteme. Durch den Zukauf der Batteriezellen würden künftig 30-40 Prozent der Wertschöpfung beim Zelllieferanten stattfinden. Keine schöne Aussicht für Automobilhersteller.

Kurzfassung

Hinter dem Schlagwort Elektromobilität verbirgt sich eine ganze Reihe technischer Konzepte. Entsprechend unterschiedlich sind die Auswirkungen auf das Werkstattgeschäft. Hier steht zusammengefasst alles, was man zur Technik wissen muss.

Stecker für E-Fahrzeuge und Plug-In-Hybride

Typ-2-SteckerDer Typ-2-Stecker hat sich in Europa als Standard-Stecker für Elektroautos zur Wechselstrom-Ladung (AC) etabliert und ist am weitesten verbreitet. Er wird umgangssprachlich auch als "Mennekes-Stecker" bezeichnet, da der gleichnamige Steckerhersteller das Konzept als Erster auf den Markt gebracht hat. Der Stecker findet sich sowohl an öffentlichen Ladesäulen als auch im privaten Bereich bei Einsatz einer Wallbox. Privat sind Ladeleistungen von 22 Kilowatt (400 Volt, 32 Ampere) möglich, an öffentlichen Ladesäulen sogar bis zu 43 Kilowatt (400 Volt, 64 Ampere). Das hängt jedoch auch davon ab, welche Ladeleistung das Auto unterstützt und ob es dreiphasig laden kann. Der Stecker wird auch von Tesla in einer modifizierten Variante eingesetzt (siehe unten).Combined Charging System (CCS)Das Combined Charging System (CCS) wurde in Europa als Standard-Schnellladestecker für Gleichstrom (DC) in Elektroautos etabliert und kann auch mit Wechselstrom (AC) betrieben werden. Im Grunde handelt es sich um einen Typ-2-Stecker, der durch zwei zusätzliche DC-Leitungskontakte erweitert wurde. Oftmals nur gegen Aufpreis am E-Auto erhältlich, ist der Stecker aber an vielen Schnellladesäulen zu finden. Momentan sind bis zu 150 Kilowatt Ladeleistung üblich, in Zukunft wird dieser Wert deutlich steigen: 350 Kilowatt sind als Nächstes angepeilt. Steckerhersteller Phoenix Contact hat bereits einen 500-Kilowatt-Schnelllader ("High Power Charging") vorgestellt. Hier muss sogar eine Kühlflüssigkeit im Stecker fließen, um die Kontakte zu kühlen.Chademo"Chademo" steht für Charge de Move und ist das japanische Pendant zum europäischen CCS-Schnellladesystem. Die Buchse ist folglich nur in japanischen Autos zu finden und nicht mit dem europäischen Schnellladern kompatibel. Chademo ist dennoch an vielen Schnellladesäulen installiert und bietet Ladeleistungen bis 150 Kilowatt, in Zukunft auch mehr. Als Besonderheit ist das System bidirektional ausgeführt (die Autobatterie kann sowohl laden als auch Strom abgeben). Darüber hinaus ist der Stecker mit einem Adapter auch Tesla-kompatibel.Tesla SuperchargerDie kalifornische E-Auto-Schmiede Tesla setzt auf einen eigenen Schnelllade-Standard namens "Tesla Supercharger". Dieser Stecker hat in den USA eine andere Form als in Europa: Hierzulande dient der Typ-2-Stecker als Grundlage, der aber von Tesla so modifiziert wurde, dass er auch gleichstromtauglich ist und Ladeleistungen bis 135 Kilowatt ermöglicht. In Zukunft soll hier noch mehr drin sein. Das System ist nicht kompatibel zu anderen Systemen, dafür können Tesla-Fahrer oft umsonst tanken und auf ein dichtes Ladenetz zurückgreifen.Quelle: The Mobility House

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