Der bayerische Justizminister Winfried Bausback war im Mai in der Schiedsstelle der Kfz- Innung München-Oberbayern zu Gast. Dort wurde der CSU-Politiker u. a. von Klaus Dieter Breitschwert als Präsident des Kfz-Gewerbes Bayern, Birgit Kusemann (Leiterin der Schiedsstelle) sowie den Mitgliedern der Schiedskommission, Rechtsanwalt Robert Glocker, Thomas Schwarz (ADAC Südbayern) und dem Vertreter der Autohäuser und Werkstätten, Dieter Kerscher, empfangen.
Schlichten statt richten
"Die Schiedsstellen sind ein Angebot an die Kfz-Betriebe, ein Angebot an die Kunden", erklärte Klaus-Dieter Breitschwert. Das freiwillige Schiedsverfahren soll Streitigkeiten bei Werkstattaufträgen, also den Vorwurf unsachgemäßer Reparatur oder Probleme mit der Rechnung, deeskalieren. Zudem kann die Vermittlung im Falle behaupteter bzw. tatsächlicher technischer Mängel oder Unfallschäden beim Gebrauchtwagenkauf angerufen werden. Der außergerichtliche Weg steht seit 1970 offen. Dirk Weinzierl erläuterte in seiner Funktion als Geschäftsführer des bayerischen Kfz-Gewerbes Funktionsweise und Vorteile. Unstimmigkeiten können so zeit- und kostensparender gelöst werden. Die Beteiligten müssten nicht den Weg über die Justiz bemühen. Zudem hob er die fachliche Kompetenz der Kommissionsmitglieder hervor: In der Schiedskommission sitzen je ein Vertreter der Betriebe, der Verbraucher (ADAC), ein Sachverständiger (in München die DAT) und ein für das Richteramt Befähigter. Zudem sei in den Fällen, die Werkstattaufträge betreffen, der Vertreter einer Prüforganisation dabei, so Weinzierl.
Die Arbeit der Schlichtung sei wesentlich parteinäher und eine erfreuliche Ergänzung und Entlastung des Justizsystems, erklärte Bausback. "Ich möchte den Kfz-Innungen ein großes Kompliment für die Arbeit der Schiedsstellen aussprechen und sie zu dieser Lösung der Streitschlichtung beglückwünschen", erklärte der Minister. Er betonte die Rolle der Innungen als Teil der Selbstverwaltung der Wirtschaft, die sowohl Mitgliederinteressen vertrete als auch unvoreingenommen die Kunden berate.
Spezialisten sind nah an den Themen
Robert Glocker als Vorsitzender der Münchener Schiedskommission sieht die Stärke des Gremiums ebenfalls in der hochspezialisierten und praxisnahen Besetzung. Diesen Sachverstand müssen sich die Beteiligten vor Gericht teuer einkaufen. Zudem kann der Prozess dadurch in die Länge gezogen werden. Die meisten Antragsteller für ein Schiedsverfahren finden sich Glocker zufolge vor allem auf Seite der Autohauskunden. Gemäß dem Vertreter der Verbraucherseite, Thomas Schwarz, ist aus Kundensicht die Kostenfreiheit des Verfahrens besonders attraktiv. Seiner Erfahrung nach geht es häufig um die Erklärung von Vorgängen.
Dies zeige auch die hohe Quote an Vergleichen, die die Schiedsstelle mit den Parteien erziele. An der Innung München-Oberbayern werden so rund 85 Prozent der Fälle geregelt. Im März veröffentlichte das deutsche Kfz-Gewerbe ebenfalls Zahlen: Danach wurden 2016 von 10.537 Anträgen 88,6 Prozent im Vorverfahren auf kurzem Weg zwischen Schiedsstelle, Kunde und Kfz-Betrieb geregelt. Lediglich 1.197 Anträge gelangten vor eine Schiedskommission. Davon konnte immerhin in 554 Fällen eine Einigung erzielt werden ( siehe Grafik unten). Bei 242 Anträgen entschied die Kommission übrigens zugunsten von Autohaus und Werkstatt. Die übrigen Streitfälle dürften mittlerweile im Justizsystem angekommen sein.
Kurzfassung
Kfz-Schiedsstellen sind eine Erfolgsgeschichte seit 1970 - dieses Selbstverständnis nahm der bayerische Justizminister von seinem Besuch des Gremiums der Innung München-Oberbayern mit. In rund 85 Prozent der kostenlos vor der Schiedskommission verhandelten Fälle kommt es zu einem Vergleich der Streitparteien.
- Ausgabe 06/2017 Seite 56 (1.8 MB, PDF)