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Teilehandel: Grenzen verschwimmen

23.03.2017 11:00 Uhr
Teilehandel: Grenzen verschwimmen

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Beim Teileeinkauf steht für Werkstätten nicht der Preis an erster Stelle. Viel wichtiger für die Auswahl des Lieferanten sind die Qualität der eingekauften Teile, die Schnelligkeit der Lieferung, Teileverfügbarkeit und deren eindeutige Identifizierbarkeit. Das ist das Ergebnis einer Umfrage unter 1.000 Werkstätten, die im Auftrag von Wolk Aftersales Experts durchgeführt wurde. Das Kriterium Preis steht nur an siebter Stelle. Die Ergebnisse wurden beim Aftermarketforum 2017 in Bonn vor knapp 200 Teilnehmern aus den Bereichen Teilehandel, Automobilhandel, Hersteller und Service vorgestellt.

Leitthema der Veranstaltung war die zunehmende Vermischung der Vertriebswege von Originalersatzteilen und IAM-Teilen im Kfz-Service. "Der Renditedruck veranlasst Autohersteller und Autohandelsgruppen verstärkt OE-Teile an IAM-Werkstätten zu verkaufen. Andererseits beginnen mehr und mehr freie Teilegroßhändler auch OE-Teile in ihr Lieferprogramm aufzunehmen", erklärte Helmut Wolk. Am Ende des Tages stand die klare Botschaft: Die Mauer, die bisher die beiden Bereiche Originalteilevertrieb und Vertrieb von IAM-Teilen strikt voneinander trennt, beginnt zu bröckeln.

In Markenwerkstätten liegt der Anteil an verbauten Originalteilen - kaum erstaunlich - heute bei 85 Prozent. In den freien Werkstätten liegt dieser Anteil durchschnittlich bei 32 Prozent - Tendenz steigend. Bei den reinen K&L-Betrieben werden zu 82 Prozent OE-Teile verbaut. Der hohe Anteil ist einfach erklärt: In der Schadenregulierung werden standardmäßig Originalteile verbaut. Zudem unterliegen viele Teile der Karosserie dem Designschutz.

Das könnte sich bald ändern. Thomas Geck vom Versicherer HUK Coburg machte deutlich, dass die im Vergleich zum Teile-Gesamtmarkt überproportionalen Preisanstiege bei OE-Crashparts nicht hinnehmbar seien. Während die Preise für Kfz-Teile über den Gesamtmarkt in vier Jahren um neun Prozent gestiegen sind, haben die OE-Crashteile um 17 Prozent zugelegt. "Wir sind über unsere HUK-Einkaufsplattform derzeit der größte Einkäufer von Crashteilen in Deutschland und beschäftigen uns mit dieser Thematik", erklärte Geck. Das könnte man auch als Drohung an die Adresse der OEM verstehen.

Geld verbrennt in den Prozessen

Björn Böttcher, Geschäftsführer der Autohandelsgruppe Dello und der Dürkop Teile & Logistik, erläuterte in seinem Vortrag, warum der Vertrieb von OE-Teilen an freie Werkstätten ein lukratives Geschäft sein kann - vorausgesetzt, es wird professionell aufgezogen. "Freie Werkstätten möchten einen All-inclusive-Service haben, möglichst mehrere Marken aus einer Hand", erklärte Böttcher. Effiziente Lieferprozesse und die schnelle Prozessabwicklung seien dabei wichtiger als der Preis des Ersatzteils. "Wer als Werkstatt immer nur das günstigste Teil kauft, spart zwar am Teil, verbrennt aber jede Menge Geld in ineffizienten Prozessen", sagte Böttcher an die Adresse der Schnäppchenjäger gerichtet. Kritik war an der Preispolitik der OEM zu hören: "Der Independent Aftermarket ist auch deshalb entstanden, weil die Autohersteller vor 20 Jahren die Preise für Ersatzteile bewusst hochgehalten haben." In der Markenwerkstatt stehe das OE-Teil an erster Stelle. Allerdings sei es gerade für ältere Fahrzeuge durchaus sinnvoll, nicht um jeden Preis das Originalteil zu verkaufen, sondern ein Produkt des IAM. Dieser Gedanke sei allerdings nur sehr schwer in die Köpfe der Serviceberater zu kriegen.

Dass die Autohersteller viel Energie darauf verwenden, auch am Service an älteren Autos zu verdienen, die nicht mehr in die Markenwerkstatt kommen, zeigen die zahlreichen Aktivitäten der OEM im Bereich Economy Service. Die Aftermarket-Strategie des PSA-Konzerns hat René Tchamendje, Projektleiter Euro Repar Car Service, skizziert. Mit der Servicemarke Euro Repar Car Service - derzeit gibt es 250 Stationen in Deutschland - hat PSA eine eigene Marke geschaffen, die Fahrzeuge aller Fabrikate repariert. Ziel ist es, bis Ende des Jahres 400 Werkstätten unter die Marke zu ziehen. Bis 2020 sollen es bis zu 900 Werkstätten in Deutschland sein. Das Angebot richte sich explizit auch an freie Kfz-Betriebe.

Angebot richtet sich an freie Betriebe

Anfangs sei das Konzept auf große Skepsis innerhalb des Konzerns gestoßen. Erst langsam habe sich der Gedanke durchgesetzt, das es besser ist, ein günstiges Teil zu verkaufen, als den Kunden ganz zu verlieren. Mittlerweile umfasst das Sortiment 40 Produktgruppen, davon stammt etwa ein Drittel von PSA, der Rest sind Fremdfabrikate. Die Marke Euro Repar Car Service ist aber nur ein Teil der IAM-Strategie von PSA. Eine Investition in die digitale Zukunft sieht Tchamendje in der Mehrheitsbeteiligung an dem Werkstattportal Autobutler. "Mit dem Werkstatt-Portal schaffen wir eine Plattform, die Kunden mehr Transparenz liefert, wenn sie im Internet Angebote vergleichen möchten." Ergänzt werde die Strategie durch den Kauf von Mister Auto, eine Online-Teileplattform, die sich mit günstigen Kfz-Teilen vor allem an Do-it-Yourself-Kunden wendet. In Frankreich hat sich PSA zudem an der Internet-Gebrauchtwagenbörse Aramisauto.com beteiligt.

Frank Achenbach, Geschäftsführer der freien Werkstatt ad Autodienst Achenbach in Bochum, ist davon überzeugt, dass die Onlinebestellung von Kfz-Teilen bald "rapide zunehmen" wird. "Die alte Einteilung, OE-Teile vom Markenhändler nebenan und IAM-Teile vom Großhändler gilt heute nicht mehr", so der Unternehmer.

Kurzfassung

Steigender Margendruck und der Kampf der Autohersteller um Kunden im Aftersales verändern die gewohnten Strukturen im Teilehandel. Am Ende dieser Entwicklung könnte die Mauer zwischen OE-Teilen und IAM ganz wegfallen.

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