Bei schweren Autounfällen wird Hilfe künftig mittels eines modernen Notrufsystems europaweit wesentlich schneller eintreffen können. Spätestens bis zum 1. Oktober 2017 sollen Rettungsleitstellen in Europa für den automatischen Auto-Notruf E-Call ausgerüstet sein. Das hat das EU-Parlament am Dienstag in Straßburg beschlossen. Das System soll bei einem Unfall den Standort des Wagens an den Rettungsdienst übermitteln und damit für schnelle Hilfe sorgen, auch falls der Fahrer bewusstlos ist.
Nach Angaben der EU-Kommission kann E-Call die Zeit bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes deutlich verkürzen. Bis zu 2.500 Menschenleben könnten so pro Jahr gerettet werden, schätzt die Brüsseler Behörde.
Genaue Vorgaben für die Funktionsweise von E-Call stehen noch aus: Darüber müssen sich die Abgeordneten noch mit den EU-Staaten einigen. Das Parlament möchte das System ab Oktober 2015 für neue Automodelle zur Pflicht machen. Dann müsste auch die Infrastruktur früher bereitstehen und zwar mindestens sechs Monate bevor die neuen Regeln gelten.
Kritiker befürchten, das Notrufsystem könne zur Überwachung der Autofahrer missbraucht werden. So warnte der Deutsche Anwalt Verein in der Vergangenheit vor dem "gläsernen Autofahrer". Daten zu Fahrweise, Tempo oder Bremsverhalten könnten am Ende gegen den Nutzer verwendet werden, lautet die Befürchtung. Der Gesamtverband Autoteile-Handel (GVA) hat wiederholt wettbewerbsrechtliche Bedenken bei einer Ausweitung des E-Calls zum "Business-Call" geltend gemacht (wir berichteten).
E-Call als "schlafendes System"
Das Parlament will diese Bedenken entkräften und E-Call als "schlafendes System" einführen, das nur bei einem Unfall Daten sendet, etwa zur Fahrtrichtung auf Autobahnen, Fahrzeugtyp oder Unfallzeitpunkt. Über all diese Details muss aber noch zwischen den EU-Staaten und den Volksvertretern verhandelt werden.
Einige Autohersteller - zum Beispiel Peugeot, General Motors, Ford und Mercedes Benz - bieten jetzt schon firmeneigene automatische Notrufe an. Allerdings decken diese Systeme nicht unbedingt alle EU-Länder ab. (dpa/ng)