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Interview: "Es ist noch ganz viel möglich"

22.06.2017 11:00 Uhr
Interview: "Es ist noch ganz viel möglich"

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Die erfolgreichen Kundenbindungsprogramme im Tankstellengeschäft mit Privatkunden könnten auch den Schmierstoffvertrieb in Autohäusern beflügeln. Wie das funktioniert, haben wir uns von Philipp Martini erklären lassen, der seit November vergangenen Jahres den Vertrieb von Schmierstoffen in Autohäusern und Werkstätten verantwortet.

asp: Sie kennen das Schmierstoffgeschäft aus früheren Stationen bei Shell sehr gut. Jetzt sind Sie aus dem Tankstellen- in den Schmierstoffbereich zurückgekehrt: Welche Erfahrungen bringen Sie mit?

P. Martini: Das Tankstellengeschäft ist ein komplett anderes Spielfeld. An rund 2.000 Tankstellen treten wir dort jeden Tag mit 1,2 Millionen Endkunden in Kontakt. Im Direktvertrieb, den ich jetzt für Deutschland betreue, verhandeln wir unter anderem mit Autohäusern und Werkstätten. Dennoch ergeben sich interessante Berührungspunkte zwischen beiden Welten.

asp: Die da wären?

P. Martini: Wir haben teilweise die gleichen Partner. Auf der Tankstellenseite haben wir eine Partnerschaft mit BMW M bei der Vermarktung von V-Power-Kraftstoffen. BMW ist gleichzeitig auf der Schmierstoffseite einer unserer wichtigsten Partner. Seit Anfang 2015 ist Shell der einzige empfohlene internationale Lieferant für Motorenöle des Aftersales-Geschäftes für die Marken BMW, MINI und BMW Motorrad. Wir beginnen jetzt, diese Synergien wirklich zu nutzen. Wie alle Autohersteller kämpft BMW damit, dass Kunden mit älteren Fahrzeugen teilweise in den freien Werkstattbereich abwandern. An unseren 2.000 Tankstellen könnten wir diese BMW-Kunden gezielt ansprechen. Erste Projekte setzen wir jetzt um. Im Berliner Raum verteilen beispielsweise unsere Tankwarte gezielt Flyer an BMW-Fahrer, die ihnen einen Rabatt beim Kauf von BMW Lifestyle-Produkten einräumen. Umgekehrt bekommen BMW-Servicekunden ein Angebot, um Kraftstoffe bei uns zu kaufen. Das ist erst der Anfang einer geschäftsübergreifenden Kooperation, die sicher nicht nur für BMW interessant ist. Denkbar sind auch lokale Partnerschaften zwischen Tankstellenpächtern und Autohändlern.

asp: Welche Wirkung könnten Kundenbindungsprogramme aus dem Tankstellenbereich im Aftersales haben?

P. Martini: Auf der Tankstellenseite erreichen wir mit Shell ClubSmart mehr als sechs Millionen Kunden. Es ist eines der größten und erfolgreichsten Kundenbindungsprogramme in Deutschland. Mit Blick auf Kundentreue im Servicegeschäft sind viele Dinge denkbar. Statt über Flyer und Kundenbindungsprogramme mit Karte könnte das künftig auch über eine App funktionieren. Die Shell Motorist App mit 300.000 Downloads allein in Deutschland ist ein gutes Beispiel dafür. In Großbritannien wird das britische Pendant zu Club-Smart bereits auf eine App umgestellt.

asp: Was bringt die App dem Nutzer?

P. Martini: Am meisten genutzt werden Tankstellenfinder und der Preischeck sowie Informationen zu Services der einzelnen Tankstellen. Zusätzlich bieten wir Gamification-Anwendungen. Man kann mit der App beispielsweise den eigenen Fahrstil verbessern. Hier steht aber eindeutig der Spaß im Vordergrund. Ein sehr großer Kundenvorteil ist das Mobile Payment, das in Großbritannien bereits läuft. Man muss damit zum Bezahlen nicht mehr in den Shop gehen. Wir gehen auf der Insel sogar noch einen Schritt weiter: Wenn man in GB einen Jaguar oder Landrover fährt, hat man die Anzeige bereits in der Armaturentafel des Fahrzeugs enthalten, man benötigt also gar kein Handy mehr. Ende 2017 werden wir auch in Deutschland erste Schritte in diese Richtung gehen und unseren Kunden Mobile Payment bieten können.

asp: Was bringt das alles für das Mineralölgeschäft im Kfz-Betrieb?

P. Martini: Das alles sind Dinge, die dem Kunden einen echten Mehrwert bieten. Wir sind die einzige Mineralölgesellschaft, die eine App mit solchen Funktionen besitzt und viel Erfahrung damit hat. Wir werden unsere Datenbasis und die gebundenen Kunden sehr stark vergrößern. Das wird sich im Autohaus- und Werkstattgeschäft zu einem Differenzierungsfaktor entwickeln. Eine belastbare Datenbasis ist die Voraussetzung dafür, Kunden Appbasiert an bestimmte Autohäuser zu kanalisieren. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis das kommt. Wir bereiten uns darauf vor.

asp: Wie läuft heute vertrieblich die Ansprache der markengebundenen Autohäuser?

P. Martini: Wir sind ein Premiumhersteller und differenzieren uns über die Top-Qualität unserer Shell-Produkte. Das zweite Differenzierungsmerkmal ist die Kundenbetreuung durch unsere Mannschaft. Wir wollen mit unseren Kunden eine Partnerschaft aufbauen und ihnen einen echten Mehrwert bieten. Dazu gehören nicht nur Trainingsprogramme, die wir unseren Kunden anbieten. Bei neuen B2B-Kunden machen wir eine Marktstudie zu ihrer lokalen Wettbewerbssituation und geben Hinweise zur optimalen Preispositionierung im Vergleich mit der Konkurrenz. Natürlich beraten wir in allen Fragen zum Schmierstoffgeschäft und helfen, den Ertrag im Schmierstoffgeschäft zu steigern.

asp: Über Verkaufstrainings der Service-Mitarbeiter?

P. Martini: Wir bieten unter anderem Programme, um den Absatz von Nachfüllflaschen zu steigern, was für das Autohaus oft ein brachliegendes Potenzial ist. Dort geht es vor allem um Schulung der Serviceberater. Manchmal versuchen wir auch einfach nur zu erreichen, dass sich Mitarbeiter daran gewöhnen, die Nachfüllflasche wirklich anzubieten.

asp: Was machen Autohäuser, wenn durch die Elektrifizierung ein Großteil des Ertragsbringers Motorenöl verloren geht?

P. Martini: Klar ist: Wenn die E-Mobilität in der Masse kommt, müsste die Aufteilung der Wertschöpfung zwischen Hersteller und Händler anders strukturiert werden. Das Schmierstoffgeschäft ist nun mal einer der wichtigsten Ertragsbringer im Service.

asp: Wo holen Sie Kunden bei Google ab?

P. Martini: Wir müssen dafür sorgen, dass die Kunden nach einer Suche im Internet zu unseren Partnern gelangen, die Shell Öl verkaufen. Langfristig wird es Angebote geben, die es in anderen Ländern bereits gibt. Dort kann man sein Öl wählen und sich für den Ölwechsel in der Wunschwerkstatt auch gleich einen Termin aussuchen. Daran arbeiten die Automobilhersteller, aber auch andere.

asp: Was ist heute auf der Website von Shell in dieser Richtung möglich?

P. Martini: Heute finden Endkunden auf der Shell Homepage z. B. eine Datenbank, mit der man herausfinden kann, an welchen Tankstellen sie unser Öl kaufen können. Ich kann mir vorstellen, dass man auf der Homepage irgendwann auch den Ölwechsel-Termin buchen kann sowie die passende Werkstatt. Langfristig sind auch Preisabfragen denkbar und auch sinnvoll. Wenn wir es nicht machen, wird es vielleicht ein unabhängiger Anbieter tun, wie es beim Reifenwechsel heute schon der Fall ist. Es gibt keinen Grund, warum das für den Ölwechsel nicht auch kommen sollte. Hier müssen wir uns positionieren.

asp: Hier könnte es aber Konflikte mit den Autohäusern geben?

P. Martini: Es wäre also nicht gut, online einen konkurrierenden Absatzkanal zu schaffen. Wir wollen daher unsere eigene Webpräsenz zum Vorteil unserer Autohauskunden aufbauen. Denkbar wäre, dass Kunden über unsere Website in die Autohäuser geroutet werden, die auch gleichzeitig Shell Partner sind.

asp: Welche Trends gibt es technisch gesehen bei Motorenölen?

P. Martini: Technologisch werden die Ölsorten noch spezifischer für die unterschiedlichen Motoren ausfallen. Vor einigen Jahren hatten wir ein Produkt, das im Autohaus die Anforderung von drei großen Marken abgedeckt hat. Der Trend zur Spezialisierung geht weiter.

asp: Wie erklärungsbedürftig ist Ihr Produkt für die Mitarbeiter in Kfz-Betrieben?

P. Martini: Motorenöl ist ein Hightech-Produkt und entsprechend erklärungsbedürftig. Wir bieten daher spezifische Schulungen an. Der Serviceberater im Autohaus benötigt eine gewisse Expertise, um kompetent Auskunft geben zu können. Der typische Kunde weiß gar nicht, welches Öl er benötigt, und vertraut daher auf die Expertise seines Autohauses. Ein Beispiel: Aktuell wird in vielen Motoren Öl mit der Viskosität 5W30 verwendet. Bei gleicher Spezifikation kann man auch 0W30 Öl einfüllen, was sich günstig auf den Verbrauch auswirkt.

asp: Wie groß ist der Vorteil im Verbrauch?

P. Martini: Je weniger Reibung zwischen den beweglichen Teilen des Motors entsteht, desto weniger Kraftstoff verbraucht das Fahrzeug. Dank seiner Formulation mit verbesserten Viskositätseigenschaften und für weniger Reibung kann Shell Helix Ultra mit PurePlus Technology zu einer Verbesserung der Kraftstoffeffizienz von bis zu 3 Prozent beitragen (Gemäß M111FE Test im Vergleich zum Referenzöl).

asp: Hat das Öl auch Einfluss auf NOx-Emissionen?

P. Martini: Ja, die Ölqualität spielt eine Rolle. Es ist eine Tatsache, dass ein 0W30-Öl bessere Kaltstarteigenschaften hat als ein 5W30-Öl. Aufgrund der komplexen thermodynamischen Vorgänge im Motor kann die Wahl des Öls auch die NOx-Emissionen beeinflussen.

Interview: Dietmar Winkler

Philipp Martini

Philipp Martini (38) ist seit 6 Jahren bei Shell tätig. Der Maschinenbauingenieur startete 2011 bei Shell Deutschland als Business Development Manager. Von Dezember 2013 bis Oktober 2016 war er als Fuels Marketing Manager DACH verantwortlich für Marketing und die Kommunikation des Retail Business. Unter anderem verantwortete er das Kundenbindungs-Projekt Shell Clubsmart Garantie und den V-Power SmartDeal.Seit November 2016 ist Martini als B2C Direct Sales Manager Lubricants Deutschland unter anderem für den Vertrieb im Autohaus- und Werkstattgeschäft zuständig.

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