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Deutsche Autobauer: Enorme Chancen durch TTIP

28.01.2015 17:23 Uhr
Deutsche Autobauer: Enorme Chancen durch TTIP
Die gesamte deutsche Automanagergilde macht sich für das Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) stark. Die Arbeitnehmervertreter sind weniger begeistert.
© Foto: picture alliance / dpa

Das Freihandelsabkommen mit den USA erhitzt die Gemüter. Für Deutschlands Autobosse überwiegen die Chancen. Doch ihre Betriebsräte mahnen: Die Arbeitnehmer-Rechte dürfen nicht auf der Strecke bleiben.

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Die Top-Manager der deutschen Autoindustrie setzen große Hoffnungen in das umstrittene Freihandelsabkommen TTIP - bei einem Scheitern drohe dagegen ein Dämpfer für neue Jobs und Exporte. "TTIP bietet Deutschland und Europa große Chancen: ein transatlantischer Markt ohne Grenzen, ohne Zölle, dafür mit gemeinsamen Standards und sicheren Investitionen", sagte Verbandspräsident Matthias Wissmann am Mittwoch in Berlin. Freier Handel zwischen der EU und den USA bringe beiden Seiten mehr Wohlstand und Jobs. Betriebsräte und die IG Metall warnten jedoch davor, allein wirtschaftliche Vorteile zulasten möglicher Abstriche bei den Arbeitnehmer- und Umweltstandards zu betonen.

"Wir wollen mit dem Ja zu TTIP auch ein Zeichen setzen für unsere Beschäftigten", sagte Wissmann. Die USA seien für die deutschen Autobauer mit 800.000 Stammarbeitsplätzen im Inland - gemessen am absoluten Wert der Ausfuhren - der wichtigste Exportmarkt. Eine Streichung der Zölle könnte den Firmen pro Jahr mindestens eine Milliarde Euro ersparen: "Die zu beseitigen, wäre ein erheblicher Gewinn." Bei Einschluss von anderen Hemmnissen wie unterschiedlichen Standards und Normen käme Schätzungen zufolge sogar das Fünffache dieser Kosten zusammen.

Auch mehrere Konzernchefs sprachen sich für TTIP aus. Nach Angaben von Daimler-Chef Dieter Zetsche gingen 2014 gut 14 Prozent aller deutschen Pkw-Ausfuhren in die Vereinigten Staaten, ihr Wert lag bei mehr als 20 Milliarden Euro. "Trotzdem haben wir mit zahlreichen Handelsschranken zu kämpfen." Verschiedene Regeln für Crashtests machten 70 Prozent der Zusatzausgaben aus. "Hier ist eine Verschwendung volkswirtschaftlicher Werte im Gange."

BMW-Chef Norbert Reithofer erklärte, von TTIP würden auch Werke in Nordamerika profitieren, weil von dort aus viele Fahrzeuge in andere Märkte geliefert werden. Sorgen über eine Gefährdung hoher Standards teilt er nicht: "Wir brauchen nicht voreinander geschützt zu werden." Zollkosten ließen sich anders investieren. "Wir könnten die hohe Zahl an Fabriken in Deutschland nicht halten, wenn wir uns nicht so stark für TTIP engagieren würden."

Skepsis beim VW-Betriebsratschef

Unterschiedliche Regeln für Produkte oder Tests passten "nicht mehr in die Zeit unseres weltweiten Handels", meinte Audi-Chef Rupert Stadler, der auch im Namen des VW-Managements sprach. Riskiere man TTIP, könnten sich die USA nach Asien orientieren, warnte Ford-Deutschland-Chef Bernhard Mattes. Aus Sicht von Porsche-Chef Matthias Müller zeigt die schleppende Entwicklung der Elektromobilität, dass die Vielzahl technischer Normen in der Autobranche reduziert werden muss: "Damit diese Technologie alltagstauglich wird, brauchen wir globale Standards."

Skeptischer äußerten sich Auto-Betriebsräte und Gewerkschafter: "Wir werden keine Aufweichungen der Standards beim Umwelt- und Verbraucherschutz sowie keine Aushöhlung von Arbeitnehmer- und Mitbestimmungsrechten akzeptieren", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung von Belegschaftsvertretern und der IG Metall. VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh sagte, es spreche nichts dagegen, Zölle zu senken oder Technik-Standards zu harmonisieren. Für die Befürchtung, TTIP weiche Umwelt- und Verbraucherschutz sowie Arbeitnehmerrechte auf und stärke die Rolle privater Schiedsgerichte, habe er jedoch Verständnis: "Bei diesem Vorstoß kann der Eindruck entstehen, dass die Automobilindustrie und ihre Vorstände bereit sind, für die eigenen Vorteile Nachteile für Verbraucher und Arbeitnehmer in Kauf zu nehmen. Hier geht es auch um Menschen, nicht nur um wirtschaftliche Interessen." (dpa)

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KOMMENTARE


Cosandey

30.01.2015 - 09:16 Uhr

Wer dies glaubt, glaubt auch an den Weihnachstmann!Die USA haben grosse strukturelle Probleme in ihrer Autobranche und brauchen dringend mehr Umsatz zu höheren Preisen. Wie jeder weiss, verdient ein Autobauer in Nordamerika nur etwa 2/3, in Südamerika etwa 1/2 im Vergleich zum Ertrag in Europa an seiner Produktleistung (siehe Bericht des OICA vom letzten Sommer). Die USA hat zuallererst zum Ziel, ihrer eigenen Industrie die Märkte Richtung Osteuropa zu erschliessen.Das Märchen vom Nutzen durch einheitliche Normen ist schnell enttarnt:Wenn hinter TTIP wirklich ernsthaft dieser Wille steht, dann hätte die USA bereits das ENDE DER MEILE, DER GALLONE, DES ZOLLS und viele, viele andere Normen verkündet. Nichts von alledem. Die allergrösste Hemmschwelle, nämlich die Übernahme ALLER ISO-Normen, werden sie nie akzeptieren. Das ist der Lackmustest des TTIP.Fazit: TTIP dient- wie schon alle Verträge mit USA aus historischer Betrachtung- der Stärkung und Bereicherung des nordamerikanischen "Partners", die Interessen an einer prosperierenden europäischen Industrie GIBT ES NICHT.


Rolf Achtzig

30.01.2015 - 09:41 Uhr

Ich habe zwar nicht die Detailkenntnisse bei dem Thema wie mein Vorredner, aber ich halte es auch für ein Ammenmärchen, dass Europa von dem Abkommen in der propagierten Weise profitieren kann. Ich halte er vor allem für ein absolutes no go, dass die normale Gerichtsbarkeit für Konzerne abgeschafft werden soll und Klagen vor völlig intransparenten Schiedsgerichten geführt werden sollen, deren Besetzung wahrscheinlich die Konzerne bestimmen. Ist der Grad an Korruption, Intransparenz und Verlogenheit in Industrie, Wirtschaft und Politik nicht ohne TTIP schon groß genug? Und was das Thema einheitliche Normen und Standards anbetrifft: Ich lach micht tot, ausgerechnet Herr Wissmann, der mit seinem Verband bewiesen hat, dass die deutsche Automobilindustrie nicht mal freiwillig in der Lage ist, sich auf einen Standard beim Klimakältemittel zu einigen, fordert mehr gemeinsame Standards mit den US-Herstellern? Wovon reden wir eigentlich? Chrysler gehört Fiat, Ford hat seit Jahrzehnten eine europäische Tochter und bei GM weiß man durch die Töchter Opel un Vauxhal auch, wie europäische Crash-Tests laufen. Wenn die Herrschaften in den Chefetagen dies- und jenseits des großen Teiches nicht permanent damit beschäftigt wären,ihre Jahresboni auszurechen, hätten sie längst eine Vereinheitlichung von Crash-Normen und anderen Standards herbeiführen können. Vernünftigen Vorschlägen hätte sich sicher keine Regierung verwehrt. Und das Rumgeeier und die Blockadehaltung der europäischen Automobilindustrie bei der Schaffung einheitlicher Standards für den Zugang zu technischen Informationen im Rahmen der Euro 5/6 Typgenehmigungsregelung sollte Anlass genug sein, nichts auf das Gejammer der Autobosse zu geben. Trotz vorhandener und gestzlicher definierter Standards schaffen die Herrschaften in Europa nämlich noch immer nicht, was sie in den USA seit Jahren liefern müssen, weil es Gesetz ist: Den freien Zugang zu allen technischen Daten.


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