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Interview: Die letzten Mohikaner

16.06.2016 11:00 Uhr
Interview: Die letzten Mohikaner

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Der französische Schmierstoffproduzent Total konnte zuletzt die Verlängerung der Partnerverträge mit Mazda und Kia verkünden. Für die Südkoreaner ist Total nun erstmals auch in Westeuropa der bevorzugte Ölpartner. Das ermuntert den neuen Vertriebschef Schmierstoffe für Deutschland.

asp: Herr Schnell, wie wichtig ist für Sie der deutsche Markt?

P. Schnell: Der Markt ist stark umkämpft. In Deutschland haben Sie europaweit den größten Wettbewerb im Schmierstoffgeschäft und es sind in den letzten zehn Jahren sogar noch einige neue Wettbewerber dazugekommen, denken Sie an Marken wie Petronas oder Lukoil. Neben den großen Playern Shell und Castrol treffen wir in Deutschland auch auf starke nationale Player wie Fuchs und Liqui Moly, die eine eigene erfolgreiche Strategie verfolgen.

asp: Sie kommen aus dem Hause Total - allerdings aus dem Tankstellengeschäft.

P. Schnell: Ja, ich habe bei Total schon einige Stationen durchlaufen. Zuletzt war ich seit 2010 für die Netzentwicklung in Deutschland verantwortlich mit dem Ziel, bis 2018 den Marktanteil auf 10 Prozent zu heben. Mittlerweile sind wir bei etwa 9 Prozent im Tankstellenbereich. Seit September letzten Jahres durfte ich aufgrund meiner guten Kontakte zu den Automobilherstellern den Vertrieb für Schmierstoffe in Deutschland übernehmen.

asp: Welchen Stellenwert hat das Motorenölgeschäft?

P. Schnell: Wir machen 75 Prozent des Umsatzes im Bereich Schmierstoffe mit Motorenöl. Das zeigt: Der Bereich ist sehr wichtig für uns. In den letzten Jahren haben wir uns sehr konzentriert um den Pkw-Bereich gekümmert. Mittlerweile haben wir einen Marktanteil von etwa acht Prozent, das liegt nicht zuletzt an den Partnerschaften mit einigen Autoherstellern, die wir im deutschen Markt gewinnen konnten.

asp: Mit welchen Marken arbeiten Sie zusammen?

P. Schnell: Wir pflegen eine sehr enge Kooperation mit französischen Herstellern und seit einigen Jahren auch mit japanischen und südkoreanischen Herstellern. Unser Ziel ist, die Zusammenarbeit mit deutschen Herstellern zu intensivieren. Als Schmierstoff-Partner im Aftersales-Bereich sind wir traditionell mit den französischen Marken verbunden. Für Renault sind wir in Deutschland seit 1968 Partner, genauso lange währt unsere Partnerschaft mit Citroen. Vor 21 Jahren ist Peugeot hinzugekommen. Seit 2003 sind wir als Schmierstoffpartner für Mazda tätig, den Vertrag haben wir gerade bis 2021 verlängert. Nissan ist 2010 dazugekommen, ebenso der koreanische Hersteller Hyundai. Ab Januar werden wir außerdem für Kia auch in Westeuropa Schmierstoffpartner. Ebenfalls ganz neu ist unsere Zusammenarbeit mit Ssangyong aus Südkorea in Deutschland.

asp: Wie sieht so eine Partnerschaft denn konkret aus?

P. Schnell: Das hängt ganz vom Vertrag ab. Im Wesentlichen beinhaltet die Partnerschaft neben dem Vertrieb der Schmierstoffe die gemeinsame Entwicklung von Ölen, beispielsweise für die Skyactiv-Motoren von Mazda. Häufig beinhaltet die Partnerschaft auch gemeinsame Aktivitäten im Motorsport.

asp: Ihr Öl steht dann in den Autohäusern dieser Marke?

P. Schnell: Das hoffen wir. Aber ein Hersteller kann seine Händler und Servicebetriebe nicht zwingen, ein bestimmtes Öl zu verkaufen. Der Rahmenvertrag des Herstellers empfiehlt Eckpunkte der Zusammenarbeit und enthält Empfehlungen für Autohäuser. Auf dieser Grundlage führen wir die Gespräche mit den Autohäusern. Erfahrungsgemäß liegt die Durchdringungsquote je nach Marke bei 50 bis 80 Prozent. Für Unternehmen, die unser Öl vermarkten, bieten wir Marketingunterstützung im Verkauf und bei Bedarf auch Investitionszuschüsse.

asp: Was heißt das konkret?

P. Schnell: Wir bieten die Möglichkeit, zusammen mit dem Schmierstoffvertrag einen finanziellen Bedarf ohne die Unterstützung einer Bank abzudecken. Das können die Investitionskosten für die Modernisierung der Verkaufsräume sein oder für die Anschaffung technischer Geräte. Daran gekoppelt sind dafür bestimmte Abnahmemengen von Schmierstoffen. Manche Hersteller nehmen den Ölverkauf in das eigene Prämiensystem mit auf. Das schafft einen zusätzlichen Anreiz für die Autohäuser, einen Vertrag mit uns zu machen.

asp: Wie sind Sie im Vertrieb bei Schmierstoffen aufgestellt?

P. Schnell: Wir haben sowohl einen umfangreichen Direktvertrieb als auch die Handelsschiene über zwölf Markenvertriebspartner bundesweit und um die 50 Händler insgesamt. Im Direktvertrieb ist Belieferung der Autohäuser unser Kerngeschäft. Dafür leisten wir uns 21 Außendienstmitarbeiter. Damit gehören wir gewissermaßen zu den letzten Mohikanern, die so eine große Mannschaft draußen haben.

asp: Warum leisten Sie sich so eine große Mannschaft im Außendienst und was haben Autohäuser und Werkstätten davon?

P. Schnell: Es ist eine strategische Entscheidung, unseren Markenpartnern und den freien Werkstätten diesen Kundenservice anzubieten. Es gehört zu unserer Philosophie der Partnerschaft, die wir mit einer Automarke eingehen. Wir möchten als Ansprechpartner präsent sein und gemeinsame Aktionen im Schmierstoffmarketing anstoßen. Damit wollen wir für alle Seiten das Maximale rausholen. Das bekommen Sie nur mit einem starken eigenen Vertrieb hin, das geht nicht über Dritte.

asp: Wie eng ist die Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Ölproduzent?

P. Schnell: In der Regel dauert eine First-Fill-Ausschreibung eines Herstellers für einen neuen Motor mehrere Jahre. Der OEM gibt die Spezifikationen für das Öl ziemlich genau vor. Am Ende muss das Gesamtpaket stimmen, also Rezeptur und Preis. Der Zeitvorsprung, den ein Ölproduzent durch solch einen Auftrag gewinnt, ist allerdings überschaubar, denn die Konkurrenz kann die Freigaben des Herstellers nach wenigen Monaten ebenfalls erhalten. Aufgrund der steigenden Ansprüche an den Schmierstoff im Motor wird es aber immer wichtiger werden, bereits möglichst frühzeitig in der Entwicklung mit dabei zu sein.

asp: Sie sprechen vom Downsizing der Motoren ...

P. Schnell: Richtig. Der Trend geht zu immer kleineren Motoren mit höheren Drücken in den Verbrennungskolben. Vermutlich wird das auch einen Einfluss auf Ölwechselintervalle haben, die künftig eher wieder kürzer werden. Für das Autohaus eigentlich eine gute Nachricht.

asp: Was sind im Autohaus und in Kfz-Betrieben die wichtigsten Erfolgsfaktoren für ein erfolgreiches Ölgeschäft?

P. Schnell: Ich bin überzeugt, dass das Thema Mitnahmeöl noch nicht ausreichend genutzt wird. In den Schulungen unseres technischen Teams versuchen wir, auf dieses ungenutzte Potenzial aufmerksam zu machen und die Aftersales-Leiter zu überzeugen, dass der Ölverkauf im Service entsprechend incentiviert werden sollte. Wir bieten dem Autohaus aber auch ganz konkrete Verkaufshilfen im Ölgeschäft. Es gibt Autohäuser, in denen die Verkaufsstrategien erfolgreich umgesetzt werden und die Ölverkäufe deutlich höher liegen. Der wichtigste Hebel für den Absatz sind lange Garantiezeiten des Autoherstellers.

asp: Ist es für den deutschen Markt eigentlich ein Nachteil, so eng an die französischen Autohersteller gebunden zu sein?

P. Schnell: Über die gemeinsamen Erfolge im Motorsport haben wir einen sehr guten Ruf. In Verhandlungen mit einem OEM über Rahmenverträge spielen ganz andere Faktoren eine Rolle. Es ist für uns aber ein erklärtes Ziel, mit deutschen Herstellern im Aftermarkt enger zusammenzuarbeiten als bisher. Ein Vertrag mit einem deutschen Hersteller wäre für uns ein Quantensprung.

Interview: Dietmar Winkler

Der französische Ölkonzern Total

Für die Total Gruppe sind 99.000 Mitarbeiter in mehr als 130 Ländern tätig. Das französische Unternehmen gehört weltweit zu den fünf bedeutendsten Erdölkonzernen. Im Schmierstoffgeschäft ist die Marke traditionell mit den französischen Automobilmarken eng verbunden. Allerdings hat Total auch erfolgreiche Partnerschaften mit japanischen und südkoreanischen Herstellern.

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