Neue App: Tanktaler: Der Deal mit Daten

Kunden, die sich derzeit bei Tank-Taler registrieren, werden vom Anbieter schon einmal vorgewarnt: Zurzeit komme es wegen allzu großer Nachfrage zu Lieferengpässen für die kostenlosen OBD-Stecker. Es ist ein echtes Luxusproblem, über das der Anbieter von TankTaler, das Münchner Start-up-Unternehmen ThinxNet, künftige Kunden vorsorglich informiert.

Erst wenn sie den Stecker für die OBD-II-Schnittstelle an ihrem Fahrzeug erhalten und sich die TankTaler-App auf das Smartphone geladen haben, kann es losgehen mit dem Sammeln der TankTaler - so heißen die Bonuspunkte, die Nutzer der App fortan erhalten. Das TankTaler-Konto füllt sich automatisch für gefahrene Kilometer, getankten Treibstoff, für das Werben neuer Nutzer oder durch die Teilnahme an Rabattaktionen. Alle TankTaler-Nutzer erhalten an jeder Tankstelle in Deutschland 2 Cent pro Liter in Form von TankTalern gutgeschrieben. Die eingesammelten TankTaler können gegen Prämien aus einem Prämienkatalog eingelöst werden - derzeit im Wesentlichen Gutscheine für Tankstellen und für Amazon. Ein Prämienshop direkt in der App ist noch im Aufbau.

Dass die TankTaler-App derzeit in Deutschland durch die Decke geht, liegt aber nicht nur am Rabattsystem. Die App bietet dem Nutzer über das Auslesen der OBD-Schnittstelle im Fahrzeug auch einiges an praktischem Nutzwert. Neben Statistiken zur Fahrzeugnutzung und zurückgelegten Strecken inkl. Informationen zu gefahrenen Geschwindigkeiten oder Ereignissen wie scharfe Abbremsungen zeigt die App die aktuelle Position des geparkten Fahrzeugs an und berechnet sogar die beste Route dorthin. Bei niedrigem Batteriestand erhält der Nutzer eine Warnung auf sein Smartphone und bei teilnehmenden Tankstellen kann er sogar mit der App den Sprit bezahlen, ohne sich in der Tankstelle anstellen zu müssen.

Den Stecker schließen Punktesammler selbst an den 16-poligen OBD-Stecker in ihrem Fahrzeug an ("Plug & Play"). Da die mitgelieferte Hardware selbst eine SIM-Karte enthält, funktioniert die Kommunikation mit der App über Mobilfunk, es ist keine Bluetooth-Verbindung zum Smartphone des Nutzers notwendig. Ein Anschluss an den Zigarettenanzünder entfällt zudem durch die eigene Stromversorgung mittels Batterie. Diese wird während des Betriebs geladen, so kann der Stecker dann auch bei ausgeschalteter oder unterbrochener Stromversorgung weiter die Position des Fahrzeugs senden, was vor allem für den Anwendungsfall eines "Emergency-Calls" im Falle eines Unfalls ein Vorteil ist.

Zielgenaue Plattform

Hinter dem virtuellen Taler-Sammeln steckt ein handfestes Geschäftsmodell, mit dem ThinxNet nicht nur Tankstellen ansprechen möchte, sondern alle möglichen Unternehmen mit Bezug zum Automobil, also insbesondere auch Autohäuser oder Werkstätten. Für diese Unternehmen wird TankTaler zu einer zielgenauen Plattform für die Kundenansprache.

"Drittunternehmen können auf zwei Wegen eingebunden werden", erklärt Regina Werner, Head of Marketing and Operations bei ThinxNet: "Über InApp-Kampagnen haben die teilnehmenden Partnerunternehmen die Möglichkeit, zeitlich und regional begrenzt sowie bei Bedarf ausgespielt an eine bestimmte Zielgruppe an Rabattaktionen teilzunehmen." Weil TankTaler so viel über seine Nutzer weiß, können Angebote sehr zielgenau und ohne Streuverluste an die Nutzer versandt werden, beispielsweise nur an Männer oder nur an Frauen oder an Fahrer bestimmter Automarken. Die Kundendaten selbst bleiben bei TankTaler und werden nicht an Dritte verkauft, wie Regina Werner betont. TankTaler steuert selbst die Kampagne und "verkauft" die Ansprechmöglichkeit an den Werbekunden. Ist der TankTaler-Nutzer am Angebot interessiert, obliegt es ihm selbst, den Kontakt zum Werbekunden aufzunehmen. So wird sichergestellt, dass der Nutzer die Hoheit über seine Daten besitzt und selbst aktiv entscheidet, was damit passiert.

Alternativ sei es denkbar, dass ein Autohändler oder eine Werkstattkette selbst Stecker und App an seine Kunden verteilt und sich als exklusiver TankTaler-Partner in einer Region für den Bereich Werkstatt und Service positioniert. Das Versprechen an den Kunden lautet in diesem Fall, dass er nur von seinem Autohaus/Werkstatt über die App angesprochen werden darf.

Exklusive Partnerschaft möglich

Die Werkstatt zahlt TankTaler im Gegenzug für diesen exklusiven Zugang zum Kunden einen festen jährlichen Betrag pro Stecker. Fällige Servicetermine automatisch per App initiieren, Fehlercodes und zurückgelegte Kilometer aus dem Fahrzeug direkt übermitteln, die Planung des nächsten Reifenwechsels oder direkter Ansprechpartner in der App im Falle einer Panne ("Break-Down Call") sind hier nur ein paar Beispiele, die für Autohäuser und Werkstätten von hoher Relevanz sein können. Derzeit führe man bereits Gespräche mit großen Autohändlern und Werkstattketten. Einen Schritt weiter ist ThinxNet im Versicherungsbereich, wo es schon entsprechende Verträge mit Versicherern gibt.

Das Potenzial hinter der TankTaler-Idee ist offensichtlich: Durch die Verbindung des Fahrzeugs mit dem Internet entsteht eine intelligente Fahrzeugflotte, die jede Menge wertvoller Daten liefert. Die Nutzung von Big Data ist daher ein weiterer Baustein der ThinxNet-Geschäftsidee. "Durch intelligente Analyse der übermittelten Daten erhalten wir anonymisierte Fahrzeug-Schwarmdaten, die für unterschiedliche Zwecke genutzt werden können, beispielsweise zur intelligenten Verkehrssteuerung in Echtzeit oder das Erkennen von Gefahrenstellen und Straßenschäden", erklärt Werner. Die Kommunikation zwischen TankTaler-Stecker, Smartphone und den Servern erfolgt verschlüsselt. Die Daten liegen in einem Sicherheitsrechenzentrum in Deutschland.

Derzeit nutzen rund 25.000 Autofahrer die App. Bis Jahresende peilt TankTaler 80.000 bis 100.000 Nutzer an. Im aktuellen 3-Jahres-Plan will TankTaler neben München und Köln zunächst weitere Metropolregionen in Deutschland erschließen, gefolgt von der DACH-Region. Geplant ist perspektivisch dann auch die Einführung in anderen europäischen Ländern. Der TankTaler funktioniert dank Roaming auch heute schon in ganz Europa.

• Ausgabe 09/2016 Seite 84 (341.6 KB, PDF)